Wieder mehr rassistische Brandanschläge

geschrieben von Nils Becker

7. Januar 2023

Die Zahl der Anschläge gegen Unterkünfte für geflüchtete Menschen nahm zuletzt wieder zu. Laut Bundesinnenministerium waren es bis zum 3. Quartal 2022 rund 65 nennenswerte Angriffe, genauso viele wie im gesamten Vorjahr. Im 4. Quartal haben die Brandanschläge auf Sammelunterkünfte in Groß Strömkendorf (Mecklenburg-Vorpommern), in Krumbach (Bayern) und Bautzen (Sachsen) sowie in Großzössen bei Leipzig und in Dresden für mediales Echo gesorgt. Das Spreehotel in Bautzen war mehrfach betroffen. Mittlerweile ist der Landkreis davon abgerückt, in dem Hotel Geflüchtete unterzubringen. Laut dem Städte- und Gemeindebund nehmen viele Kommunen keine Menschen mehr auf und berufen sich auf Kapazitätsgrenzen.

Das Hotel Schäfereck in Groß Strömkendorf ist im Oktober abgebrannt. Es sollte eine Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine werden.Foto: Kira Ayyadi

Das Hotel Schäfereck in Groß Strömkendorf ist im Oktober abgebrannt. Es sollte eine Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine werden.
Foto: Kira Ayyadi

Im November 2022 haben Opferberatungsstellen Alarm geschlagen. Die Menschen werden nicht genügend geschützt, und die Justiz ermutigt die Täter durch eine geringe Aufklärungsquote und überlange Verfahrensdauer. Ein Politikwechsel der Innenministerien wird nun gefordert, um auf die neue Welle rassistischer Gewalt zu reagieren. Die zentrale Forderung ist sicherlich die Änderung der Aufnahme- und Unterbringungspraxis. Eine Auflösung der Sammelunterkünfte und Verteilung in Wohnungen, gepaart mit der Aufhebung der Wohnsitzauflagen, damit Geflüchtete nicht gezwungen werden, in bestimmten Gemeinden zu leben. Ein zweiter Schwerpunkt ist die Beschränkung der Handlungsspielräume für rechte Akteure. Also beispielsweise das Verbot von Aufmärschen vor Unterkünften, gezielte Schulung von Polizist*innen und der Ausbau der Justiz, um auf solche Bedrohungslagen in den Kommunen schnell reagieren zu können (Bereitschaftsstaatsanwaltschaft, besondere Ermittlungsgruppen, Priorisierung der Verfahren auch bei den Gerichten). Aus Opferperspektive wird eine längst überfällige Erweiterung des Opferschutzes im Aufenthaltsgesetz durch ein humanitäres Bleiberecht für Opfer rassistischer und antisemitischer Gewalt auch für jene ohne festen Aufenthaltsstatus gefordert. Aktuell profitieren Täter*innen oft davon, dass abgeschobene Opfer nicht mehr als Zeug*innen in Strafverfahren aussagen können.

Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e. V. https://verband-brg.de