Dem Frieden zugewandt?

geschrieben von Ulrich Peters

9. März 2023

Wie »dieBasis« versucht neue Themen zu besetzen

Nicht zuletzt aufgrund einer anhaltenden Mobilisierungsschwäche versuchen Teile der verschwörungsideologischen Pandemieleugner*innenszene sich neuen Inhalten zu widmen. Insbesondere die rechtsesoterische Partei »dieBasis« hat sich zuletzt intensiv dem Thema »Frieden« zugewandt.

Verschwörungsideologisches Sammelbecken

Hervorgegangen ist »dieBasis« aus den im März 2020 begonnenen »Corona-Protesten«. Eingebunden war sie dabei in einen Kreis von Impfgegner*innen, Pandemieleugner*innen und Verschwörungsgläubigen. Initiiert wurde die Gründung von ehemaligen Aktivist*innen der Partei »Widerstand 2020«. Aktuelle Vorsitzende ist Viviane Fischer aus Berlin, die besonders mit dem sogenannten Corona-Ausschuss seit Juli 2020 zur Verbreitung von Falschmeldungen und Verschwörungserzählungen beiträgt. Die Sozialpsychologin Claudia Barth ordnet das Parteiprogramm von »dieBasis« als »durchweg entlang anthroposophischer Grundzüge aufgebaut« ein.

Als Ausgangspunkt dient das gesellschaftspolitische Konzept der »sozialen Dreigliederung« von Rudolf Steiner. Steiner war darin bestrebt, aufbauend auf seiner spirituellen Lehre, »einen dritten Weg zwischen kapitalistischer und sozialistischer Gesellschaftsordnung zu finden«, wie Barth betont. Blieben die erhofften Wahlerfolge in der Vergangenheit zwar aus, ist es dennoch gelungen, zu einem Sammelbecken der verschwörungsideologischen Szene zu werden. Größere mediale Aufmerksamkeit erfuhr die Partei zuletzt im Zuge der Ermittlungen gegen die extrem rechte »Patriotische Union«. So gab es neben der Festnahme des ehemaligen Polizisten und Spitzenkandidaten für die niedersächsische Landesliste zur Bundestagswahl 2021 Michael Fritsch auch eine Durchsuchung bei Johanna Findeisen aus dem Landesvorstand Baden-Württemberg.

Frieden schaffen

Im Kern geht es Verschwörungsgläubigen darum, eine mit dem System assoziierte »herrschende Elite« als unfähig darzustellen, aktuellen Krisenerscheinungen zu begegnen, und gleichsam den eigenen Machterhalt mit autoritären Maßnahmen durchzusetzen. Diese scheinbar systemimmanenten Krisen können durch einen Virus, Krieg oder gestiegene Lebensmittel- und Energiepreise ausgelöst werden. Die darin auftauchenden Narrative sind austauschbar und werden oft in bekannte Verschwörungserzählungen integriert. Insofern scheint es nur folgerichtig, dass sich auch »dieBasis« mit dem Wegfall pandemiebedingter Einschränkungen im Alltag neue Themenfelder erschließt. Die inhaltlichen Positionen mit Blick auf den Krieg gegen die Ukraine liefert die im Mai 2022 gegründete parteieigene »Arbeitsgruppe Frieden«. In dieser AG finden langjährige Aktivist*innen eines Teils der Friedensbewegung zusammen, die schon länger eine Abgrenzung nach rechts vermissen lassen und sich selbst verschwörungsideologischer Argumentationen bedienen. Im September 2022 traf sich die AG in Hamburg zu einer »Friedenskonferenz«. Als Referent*innen anwesend waren u. a. die beiden Herausgeber*innen des Blogs Neue Rheinische Zeitung Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann. Beide sind in »dieBasis« (KV Köln) aktiv und bedienten sich während ihres Vortrags einer verschwörungsideologischen Argumentationsstruktur, um die ausbleibenden Mobilisierungserfolge der »Friedensbewegung« zu erklären: »So ein ungemein wirkungsvolles Mittel wie die Kündigung des Truppenstationierungsvertrags müsste doch längst begierig von der Friedensbewegung aufgegriffen sein. Und das P(l)andemie-Geschehen müsste doch längst kritisch hinterfragt sein. Die Antwort ist ganz einfach. Das Imperium hat daran kein Interesse«. Weiter spricht die Neue Rheinische Zeitung linken Medien ab, eine herrschaftskritische Perspektive einnehmen zu können, weil sie schon längst unterwandert sind: »Wenn dann Medien mit typisch linken Attributen das Geschäft der Herrschenden betreiben – wie bei den Attacken gegen die ›Neue Friedensbewegung‹ von 2014 oder jetzt aktuell gegen die Grundrechte-Bewegung –, dann ist das besonders heimtückisch und damit leider zu wirkungsvoll.« Und weiter heißt es: »Die Wächter des Imperiums – oft auch als Tiefer Staat bezeichnet – sind uns sehr nah. Sie durchsetzen fast das gesamte öffentliche Leben. Wir finden sie in Parteien, Medien, NGOs und anderen Organisationen.« Die »Unterwanderung« von Medien und weiter Teile der Gesellschaft ist ein gängiges Motiv Verschwörungsgläubiger und Antrieb, alles zu hinterfragen. Umso wichtiger scheint da die Etablierung eigener Medienformate. Eine wichtige Rolle spielt hier die rechtsoffene und verschwörungsideologische Zeitschrift Demokratischer Widerstand, die auf der Konferenz von Hermann Ploppa vertreten wurde.

Innerhalb der Corona-Proteste und Teilen der Friedensbewegung finden sich verschwörungsideo-logisch motivierte Narrative, die als Schnittmenge fungieren. Das im Zuge der Pandemie sichtbar gewordene Potenzial von Verschwörungsgläubigen hat sich in vergangenen Krisen kontinuierlich aufgebaut und ist in der Lage, sich immer wieder neu zusammenzusetzen. Besonders zum Thema »Frieden« kann es dabei auch auf alte Netzwerke zurückgreifen.

Ulrich Peters ist freier Journalist aus Berlin und gehört zum Redaktionskollektiv des Antifaschistischen Infoblatts.

Im März erscheint ein längerer Beitrag des Autors zum Thema in einer Handreichung von »Hamburg vernetzt gegen Rechts«. Online abrufbar unter: https://vernetztgegenrechts.hamburg/