Desaster in Hessen

geschrieben von Dieter Bahndorf und Ulrich Schneider

5. November 2023

Verheerendes Abschneiden der AfD. Rassistische Kampagne zeigte Wirkung

Alle Prognosen vor der Landtagswahl in Hessen sprachen davon, dass die bestehende Koalition aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen bestätigt würde. Das Ergebnis ist jedoch ein noch größeres Desaster:

1. Die Wahlbeteiligung ist weiter zurückgegangen.

2. Die mitregierenden Grünen haben massive Einbrüche zu verzeichnen.

3. Katastrophal ist das Ergebnis für die SPD, die noch hinter ihr bislang schlechtestes Ergebnis zurückfiel, obwohl die Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin angetreten war. Dass die SPD in Hessen alle Direktmandate verlor, zeigt, dass diese einstige Traditionspartei der Arbeiterbewegung über keine stabile regionale Verankerung mehr verfügt. Selbst in der VW-Stadt Baunatal wurde die SPD nur noch zweitstärkste Kraft, direkt gefolgt von der AfD.

4. Die Linkspartei war in diesem Großtrend nicht in der Lage, ihre Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit zum Wahlkampfthema zu machen. In einzelnen Hochburgen konnte sie zweistellige Ergebnisse erzielen, in der Fläche reichte es nicht, sodass es keine Fraktion mehr im Hessischen Landtag gibt.

5. Verheerend ist jedoch das Abschneiden der AfD. Obwohl die Partei im öffentlichen Raum weniger präsent war als 2018 und ihr selbst im ländlichen Raum politischer Protest entgegenschlug, wurde sie mit 18 Prozent zweitstärkste Kraft. Die medial aufgeladenen Themen Flucht und Migration reichten aus, um rassistische Ressentiments zu mobilisieren.

Dabei war der Widerstand gegen die AfD politisch breit aufgestellt. Es gab eigentlich keinen öffentlich angekündigten Auftritt der AfD, der nicht durch antifaschistische Bündnisse beantwortet wurde. In ganz Hessen wurden 25.000 Flyer »Wer AfD wählt, wählt Nazis« in Schwerpunktstadtteilen und bei Aktionen verteilt. Im Bürgerfernsehen, auf Homepages, in den sozialen Medien wurden die soziale Demagogie, die Frauenfeindlichkeit und der Rassismus der AfD  entlarvt. Offenbar erreichte solche Aufklärungsarbeit jedoch nicht die AfD-Wähler*innen.

So bleibt den Antifaschist*innen nichts anderes, als noch intensiver auf eine zivilgesellschaftliche Vernetzung und außerparlamentarisches Handeln hinzuarbeiten.

In mehreren Wahlkreisen Hessens wählte jeder vierte die AfD. In fünf Gemeinden wurde sie stärkste Partei. In zwölf Lokalen, mehrere davon in Großstädten, stimmten mehr als 50 Prozent für die AfD. Erneut widerlegt wurde das Vorurteil, dass es in erster Linie sozial Deklassierte sind, die sie wählten. Erschreckend, dass selbst bei den Jüngeren die AfD vor den Grünen lag.