Meldungen

11. Januar 2024

Besonders diskriminiert

Schwarze Menschen sind nach der Studie »Being Black in the EU« in der BRD besonders stark von Rassismus betroffen. Wie die Europäische Agentur für Grundrechte Ende Oktober mitteilte, gaben mehr als drei Viertel der Befragten an, im Alltag mit Rassismus und Diskriminierung konfrontiert zu sein, die Hälfte wurde rassistisch belästigt, rund zehn Prozent tätlich angegriffen. Im europäischen Durchschnitt sind etwa die Hälfte der jeweiligen Personen Rassismus und Diskriminierung ausgesetzt.

Gegen Burschis

Gegen den 8. Burschentag der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft in Jena haben Ende Oktober etwa 150 Menschen protestiert. In den Räumen der Jenaer Burschenschaft Arminia im Burgkeller trafen sich Vertreter von rund 30 Burschenschaften zu einer viertägigen Tagung. Die Versammelten der Gegenkundgebung taten ihren Unmut hierüber mit Reden und lauter Musik kund. Die Teilnehmer forderten von der Stadt Jena und ihrem Oberbürgermeister, eine klare Position gegen die rechten Männerbünde einzunehmen.

Razzien gegen Rechte

Ende Oktober wurden hauptsächlich in Niedersachsen Razzien gegen eine Gruppe durchgeführt, die volksverhetzende und faschistische Musik produziert und verbreitet haben soll. Auch in Hamburg, Berlin, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und auf Mallorca wurden Gebäude durchsucht. Gegen die Gruppe wird wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt.

Nur entschuldigt

Bei seiner Afrikareise hat sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) bei den Nachfahren der Opfer der deutschen Kolonialherrschaft entschuldigt. Im tansanischen Songea traf sich Steinmeier mit den Nachfahren von Chief Songea Mbano, der 1906 zusammen mit 66 weiteren Aufständischen hingerichtet worden ist. Bei dem gegen die Kolonialherrschaft gerichteten Maji-Maji-Krieg starben nach tansanischen Schätzungen etwa 300.000 Menschen. Entschädigungen versprach der Bundespräsident nicht.

Endlich rechtskräftig

Fünf Jahre nach einer Neonazidemo in Dortmund ist das Volksverhetzungsurteil gegen vier Neofaschisten Anfang November vom Bundesgerichtshof bestätigt worden. Die Täter hatten auf einer Kundgebung der Partei »Die Rechte« 2018 laut und rhythmisch antisemitische Parolen skandiert. Das Landgericht Dortmund verurteilte sie 2022 zu Geldstrafen.

Gedenkstätten geschändet

In Bayern kam es im Oktober zu einer Serie von Sachbeschädigungen mit neofaschistischen Symbolen. So kam es in Nürnberg zu faschistischen »Schmierereien« an der Zeppelintribüne auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände, an einem Supermarkt wurde ein eineinhalb Meter großes Hakenkreuz angebracht. In Würzburg wurde der »DenkOrt Deportationen 1941–1944« beschädigt. Das Mahnmal am Hauptbahnhof ist den 2.069 Jüdinnen und Juden gewidmet, die aus Unterfranken über Würzburg deportiert worden sind.

Umbenennung verhindert

In Tangerhütte (Sachsen-Anhalt) wurde Anfang November über die Umbenennung der Kita »Anne Frank« diskutiert, auch mit erheblichen bundesweiten und internationalen Reaktionen. Die neue Kitaleitung hatte ein neues pädagogisches Konzept vorgestellt und dabei angeregt, die Einrichtung nicht mehr nach der 15jährig im KZ Bergen-Belsen ermordeten deutschen Jüdin zu benennen. Angeblich seien der Name und die Geschichte von Anne Frank kleinen Kindern schwer vermittelbar. Der parteilose Bürgermeister Andreas Brohm verteidigte die Überlegungen in einer ersten Stellungnahme damit, dass Eltern- und Mitarbeiterwille wichtiger seien als die weltpolitische Lage. Der Stadtrat beschloss fraktionsübergreifend die Ablehnung der Pläne, Anfang Dezember wurde auch über eine Abwahl von Brohm diskutiert.

Haft für Putschpläne

Am 30. November sind Mitglieder der terroristischen »Gruppe S.« zu Haftstrafen verurteilt worden. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart verurteilte den namensgebenen Rädelsführer Werner Somogyi aus Mickhausen bei Augsburg zu sechs Jahren Haft. Die Gruppe wollte terroristische Anschläge auf Moscheen sowie Attentate auf antifaschistische und linke Menschen durchführen, um so einen Bürgerkrieg auszulösen. Im Februar 2022 wurden elf Gruppenmitglieder festgenommen. Neben dem Rädelsführer wurden neun weitere Terroristen zu Haftstrafen zum Teil auf Bewährung verurteilt. Einer wurde freigesprochen. Ein weiterer verstarb während des Verfahrens.

Einsprüche abgelehnt

Das Wahlprüfungsgericht in Bremen hat inzwischen alle Einsprüche der zerrstrittenden Landes-AfD gegen die Landtagswahlen in Bremen zurückgewiesen. Die AfD war wegen Einreichung zweier Wahlvorschläge nicht zur Wahl zugelassen worden. Quasi stellvertretend vervierfachte (von 2,4 auf 9,4 Prozent) der direkte Kontrahent, die Vereinigung »Bürger in Wut« (BIW), sein Ergebnis im Vergleich zur Landtagswahl 2019 und konnte so fast alle AfD-Wähler*innen für sich gewinnen.

Prozess zu Mouhamed

Am 19. Dezember – anderthalb Jahre nach der Tat – hat vor dem Landgericht Dortmund der Prozess gegen fünf Polizeibeamte begonnen, die am 8. August 2022 den 16jährigen senegalesischen Geflüchteten Mouhamed Dramé erschossen haben. Die Polizisten wurden in eine Jugendeinrichtung in Dortmund-Nordstadt gerufen, weil der Jugendliche gedroht haben soll, sich mit einem Messer zu töten. Da er auf Ansprachen nicht entsprechend reagierte, wurde er mit Pfefferspray und Tasern angegriffen und schließlich von einem Polizisten mit einer Maschinenpistole erschossen. Die Verschleierungsversuche der Polizeibeamten flogen auf. Der Schütze wird wegen Totschlags, zwei Polizistinnen und ein Polizist wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt angeklagt.

Vor dem Gerichtssaal protestierten antirassistische Gruppen während der Verhandlung gegen rassistische Polizeigewalt. Am ersten der insgesamt elf geplanten Prozesstage wurde die Anklageschrift verlesen. Die Staatsanwaltschaft wertet darin sowohl den Einsatz des Tasers als auch von Pfefferspray als unverhältnismäßig, eine Notwehrsituation habe nicht bestanden. Die Nebenklageanwältin Lisa Grüter, die die Familie von Mouhamed Dramé vertritt, erklärte vor dem Prozess: Die Angehörigen »wollen wissen, warum die Polizei ein Kind in einer Notsituation tötet«. Informationen unter anderem zu Spendenmöglichkeiten sind unter justice4mouhamed.org zu finden.

»Brandmauer« ignoriert

Die Fraktionen von FDP, CDU und AfD haben im Thüringer Landtag Anfang Dezember erneut gegen den Willen der Minderheitsregierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) ein Gesetz geändert. Die beschlossene Änderung des Waldgesetzes wird den Bau von Windkraftanlagen in Forsten erschweren. Bereits im September gab es einen ähnlichen Vorfall.

Zusammengestellt von Ulrich Stuwe

(in memoriam P. C. Walther)