Der unsichtbare Unterbau
4. Januar 2025
Gastbeitrag der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken
Als politischer Kinder- und Jugendverband sind wir Falken immer wieder Ziel von Angriffen unserer politischen Gegner. Das ist zunächst wenig verwunderlich, stehen wir doch offen für unsere Positionen ein und tragen unsere Vision einer sozialistischen Gesellschaft sogar im Namen. Gleichzeitig greift die AfD jedoch den gesamten Bereich der öffentlich geförderten Zivilgesellschaft an. Wir Falken und einige andere, bspw. Integrationsprojekte, mögen da besonders exponiert sein, eigentlich gerät aber die gesamte strukturelle Förderung für Kinder- und Jugendverbände ins Visier der AfD, wie sich am Beispiel des Brandenburger Jugendrings zeigte, dem die AfD gleich die Gemeinnützigkeit aberkennen wollte.
Die Zivilgesellschaft im Visier der AfD
Dies liegt darin begründet, dass die AfD ein grundsätzliches Problem mit der Struktur der öffentlich geförderten Zivilgesellschaft hat: Jugendverbände, Jugendklubs und Bildungsprojekte sind Orte, die gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und demokratische Werte vermitteln. Sie schaffen nicht nur Räume für politische Bildung, sondern stärken soziale Bindungen und Gemeinschaften. Auf dieser Basis können demokratische Werte wachsen. Es entstehen lebendige und oft ressourcenstarke Netzwerke, die der AfD ihre Arbeit erschweren. Insbesondere dort, wo es eine Verankerung in die breite Gesellschaft hinein gibt und nicht nur Einzelpersonen, die meist ohnehin schon die eigene Meinung teilen, mit Projekten angesprochen werden, kommt dies zum Tragen.
Sparpolitik als Verbündeter der Rechten
Doch das unmittelbarere Problem liegt anderswo: Diese Orte werden zu großen Teilen von Ehrenamtlichen aufgebaut und mit Leben erfüllt. Die ehrenamtliche Arbeit in Verband oder Jugendklub ist zwar sehr erfüllend, aber auch überaus verantwortungsvoll und anstrengend. Und sie findet unter zunehmend prekären Bedingungen statt: Neoliberale Sparpolitik bedroht Strukturen mit Kürzungen, auf kommunaler Ebene werden Fördergelder gestrichen, die Räume für Jugend- und Demokratiearbeit werden immer kleiner. Wenn dazu noch die Angst vor politischen Angriffen kommt, droht der Burn-out und somit gewissermaßen ein »vorauseilendes« Absterben zivilgesellschaftlicher Strukturen. Gleichzeitig braucht es gar keine Angriffe der AfD mehr, wenn Jugendzentren oder Projekte schließen müssen, weil die Mittel gestrichen werden.
Die Forderungen der AfD nach Aberkennung der Gemeinnützigkeit klingen schrill, aber sie greifen häufig an Stellen an, die bereits durch eine finanzielle Unsicherheit geschwächt sind. Ehrenamtliche, die ohnehin am Rande ihrer Kapazitäten arbeiten und zwischen Verantwortung und Überlastung jonglieren, werden durch politische Angriffe zusätzlich zermürbt. Diese Art der Bedrohung ist weitaus subtiler als physische Angriffe und Einschüchterungsversuche.
Selbstbewusste Zivilgesellschaft
Was es also braucht, ist eine selbstbewusste Zivilgesellschaft, die sich ihren Raum nimmt, und eine Politik, die ihr auch selbstbewusst Raum gibt. Apokalypsevorstellungen helfen nicht weiter, sondern schüren Angststarre und Burn-out-Erscheinungen. Stattdessen muss die »Politik der Mitte« Verantwortung übernehmen, und wir müssen sie daran erinnern. Es reicht nicht, die Zivilgesellschaft rhetorisch zu loben, während im Hintergrund die Fördermittel gekürzt werden. Politische Entscheidungsträger*innen müssen verstehen, dass sie es sind, die den gesellschaftlichen und oft unsichtbaren Unterbau finanziell absichern müssen, der Demokratie am Leben hält.
Die AfD mag sich als radikaler Angreifer präsentieren, aber die Verteidigung der Demokratie beginnt nicht erst mit dem Kampf gegen die extreme Rechte. Sie beginnt dort, wo sich die Gesellschaft entscheidet, in ihre demokratischen Strukturen zu investieren – sei es im Jugendverband, im Kulturverein oder im Bildungsprojekt.
Infos: wir-falken.de