Meldungen

4. Januar 2025

NS-Täter vor Gericht?

Das Landgericht (LG) Hanau könnte ein Verfahren gegen einen inzwischen 100-jährigen mutmaßlichen Wachmann des KZ Sachsenhausen führen. Ihm wird in 3.300 Fällen zwischen 1943 und 1945 Beihilfe zum Mord vorgeworfen. Im Mai hatte das LG die Verfahrenseröffnung wegen angeblicher Verhandlungs-, Vernehmungs- und Reiseunfähigkeit abgelehnt. Wegen Mängeln an dem Sachverständigengutachten hat das Oberlandesgericht diese Entscheidung Anfang November aufgehoben.

Einschlägige »Forschung«

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat Mitte November entschieden, dass der VS im Freistaat die »Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt« wieder unter dem Bereich »Rechtsextremismus« und Geschichtsrevisionismus erwähnen darf. Eine entsprechende Erwähnung im Bericht des Inlandsgeheimdienstes von 2019 war ein Jahr später vom Verwaltungsgericht München einkassiert worden.

Nationale Bedeutung

Mitte Oktober beschloss der NRW-Landtag die Förderung der Gedenkstätte Stalag 326. Das Land, die Kreise und Städte der Region sowie der Landschaftsverband Westfalen-Lippe einigten sich bereits im Frühjahr auf einen Kompromiss über die Betriebskosten der Gedenkstätte in Stukenbrock-Senne. Der Kreistag in Gütersloh hatte bis dahin die Zustimmung zur Übernahme eines Teils der Kosten verweigert. Mit der Entscheidung ist der Weg frei, das ehemalige Lager für sowjetische Kriegsgefangene in eine Gedenkstätte von nationaler Bedeutung umzuwandeln.

Rotes Dreieck verboten

Ende Oktober wies das Innenministerium die Bundesländer in einem Schreiben darauf hin, dass das rote Dreieck der Hamas als verbotenes Kennzeichen einzustufen ist. Gegen die Hamas wurde 2023 eine Betätigungsverbot erlassen, in dem auch das Zeigen ihrer Kennzeichen verboten wurde. Das rote Dreieck als Zeichen der VVN und anderer wird dadurch nicht verboten. Mörder abgeschoben

Janusz Waluś hatte 1993 einen der führenden Kämpfer gegen die Apartheid, Chris Hani, ermordet. Jetzt wurde er auf Anweisung des südafrikanischen Verfassungsgerichts auf Bewährung entlassen und nach Polen abgeschoben. Seit 2011 hat die südafrikanische Regierung seiner Entlassung immer wieder widersprochen. Unter anderen fordert der regierende Afrikanische Nationalkongress eine weitere umfassende Untersuchung der Ermordung Hanis, da seine Angehörigen und Unterstützer vermuten, dass Waluś nicht alle Beteiligten und alle Hintergründe des Mordes preisgegeben hatte (siehe antifa-Januar-/Februarausgabe 2023).

Strafbefehl gegen CDUler

Gegen Detlef Gürth (CDU) wurde Anfang November ein Strafbefehl über 18.000 Euro erlassen. Der frühere Präsident und jetzige Abgeordnete des Landtags in Sachsen-Anhalt hatte nach einem tödlichen Messerangriff eines Afghanen Mitte Juni in Wolmirstedt (bei Magdeburg) per X gehetzt: »Das Pack muss raus aus Deutschland«. Trotz der späteren Löschung des Beitrags, bewertete das Amtsgericht Aschersleben dies als Volksverhetzung.

AfD-Antrag gescheitert

Im Vorfeld der Landtagswahl in Thüringen, hatte die Stiftung der KZ Gedenkstätte Buchenwald 350.000 Exemplare eines Briefs verschickt. Hiergegen hat die AfD geklagt. Das Verwaltungsgericht Weimar hat Anfang November einem zusätzlichen Antrag auf einstweilige Unterlassung nur in einem Punkt – nämlich in der Aufforderung, die AfD nicht zu wählen – recht gegeben. Es ist Gedenkstätten erlaubt, im Rahmen ihres Tätigkeitsfeldes sich politisch auch im Zuge von Wahlen zu äußern. Ein Urteil in der Hauptsache steht noch aus.

Preis vergeben

Mitte November wurde bekannt, dass der Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis 2025 an die israelisch-palästinensische Initiative »Parents Circle – Families Forum« vergeben wird. Die Initiative bringt israelische und palästinensische Familien zusammen, die im Nahostkonflikt Familienmitglieder verloren haben, führt Trauerarbeit und Bildungsprogramme durch. Sie setzt sich für eine gewaltfreie Konfliktlösung und Versöhnung ein. Die Preisvergabe wird im September in Nürnberg erfolgen.

Kirchenasyl verteidigt

Am 8. Dezember haben in Bremen über 2.000 Menschen gegen den versuchten Bruch eines Kirchenasyls demonstriert. In der Nacht zum 3. Dezember wollten Polizeikräfte einen 25-jährigen Somalier abschieben, der in einer Bremer Gemeinde Kirchenasyl erhielt. Etwa 100 Menschen hatten sich dem friedlich entgegenstellt. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) soll erwägen, die zwischen Stadt und Evangelischer Kirche geschlossenen Verträge über das Kirchenasyl zu kippen. In der Bremischen Bürgerschaft haben sich die beiden Koalitionspartner Grüne und Linke gegen die von Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) unterstützten Pläne Mäurers gestellt.

Freispruch für Schützen

Im Verfahren um die Tötung des senegalesischen Geflüchteten Mouhamed Dramé wurden die drei angeklagten Polizeikräfte freigesprochen. Während des Einsatzes wurde Dramé mit Pfefferspray beschossen und schließlich, als er mit einem Messer auf die Polizeibeamten zuging, mit einer Maschinenpistole erschossen. Das LG Dortmund sah eine Notwehrsituation als gegeben. Für den Einsatzleiter wollte die Staatsanwaltschaft eine zehnmonatige Bewährungsstrafe. Die Nebenkläger haben eine Revision angekündigt. Am 14. Dezember protestierten 1.200 Menschen in Dortmund gegen die Freisprüche (siehe auch Länderseiten NRW).

Urteil Neukölln-Prozess

Das LG Berlin verurteilte Mitte Dezember Thilo Paulenz und Sebastian Thom zu Haftstrafen. Thom erhielt unter anderem wegen zweifacher Brandstiftung und Betrugs eine Strafe von dreieinhalb Jahren. Die Strafe von Paulenz – ein ehemaliger AfD-Politiker – wegen zweifacher Brandstiftung lautet auf zwei Jahre und zehn Monate Haft. In der Nacht zum 1. Februar 2018 haben die Neonazis die Autos von Antifaschisten angezündet. 2017 haben sie auf Aufklebern und Plakaten verbotene neofaschistische Parolen verbreitet. Die Brandanschläge gelten als Höhepunkt einer Serie von rechten Straftaten in Neukölln. Mindestens 72 Straftaten insbesondere weitere Brandanschläge, Morddrohungen und Einschüchterungsversuche werden dazugerechnet. In den Ursprungsverfahren wurden die Angeklagten nur wegen Sachbeschädigung und Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole verurteilt und ansonsten freigesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Neuer »Heimat«-Chef

Die frühere NPD – jetzt »Die Heimat« – hat seit Anfang Dezember einen neuen Vorsitzenden. Der Chefredakteur der Deutschen Stimme, Peter Schreiber, wurde auf dem Parteitag mit 88,4 Prozent zum Vorsitzenden gewählt und Udo Voigt, Thorsten Heise sowie erstmals Philipp Neumann zu stellvertretenden Vorsitzenden.

 Razzien bei Nazis

Mit Durchsuchungen ist die Polizei Ende Oktober in Berlin und Brandenburg gegen neun Neonazis vorgegangen. Den Männer zwischen 16 und 23 Jahren werden räuberische Erpressung, gefährliche Körperverletzung, Diebstahl und Verstöße gegen das Waffengesetz vorgeworfen. Beschlagnahmt wurden hauptsächlich Schlag- und Schusswaffen. Die Männer sollen in Verbindung zu den Gruppen »Jung und Stark« und »Deutsche Jugend Voran« stehen.

Restitution verweigert

Ende Oktober wurde bekannt, dass Bayerns Kultusminister Markus Blume (CSU) die Rückgabe einer Picasso-Bronze aus dem Besitz des jüdischen Kunsthändlers Flechtheim gegen den Rat seiner Fachleute ablehnt. Über die Rückgabe an den hochbetagten Erben solle nach dem Willen Blumes ein Schiedsgericht entscheiden, das sich frühestens 2025 konstituiert.

Erfolglose Anfechtung

Zwei FDP-Mitglieder scheiterten vor dem niedersächsischen Verfassungsgericht, die Landtagswahl 2022 wegen Wahlfehler bei der AfD wiederholen zu lassen. Weder in Einzahlungen auf das Privatkonto des AfD-Landesvorsitzenden Ansgar Schledde durch sechs spätere erfolgreiche Listenkandidaten der AfD noch darin, dass die Aufstellung der Kandidaten bei einer Delegierten- und nicht bei einer Mitgliederversammlung stattfand, sah das Gericht Mitte Dezember als Gründe für eine Wiederholung.

Anschlag auf Linken

In der Nacht vom 3. zum 4. November wurde das Wohnhaus eines Linken-Politikers in Calw erneut Ziel eines Anschlags. Die Fassade seines Hauses sowie die vor dem Gebäude parkenden Autos wurden mit Nazisymbolen beschmiert und zerkratzt. In der Vergangenheit wurde schon durch das Fenster seiner Wohnung geschossen.

Zusammengestellt von Ulrich Stuwe

(in memoriam P. C. Walther)