Nanuk ist einer von vielen

6. Mai 2025

Antifaschist seit einem halben Jahr in U-Haft. Ein Gespräch mit Kim Leez

antifa: Bei Fertigstellung dieser Ausgabe saß der Antifaschist Nanuk ein halbes Jahr ohne Anklage in Untersuchungshaft in der JVA Berlin-Moabit. Er wurde am 21. Oktober 2024 von Zielfahndern des BKA sowie des LKA Sachsen festgenommen. Was wird ihm vorgeworfen?

Kim Leez: Nanuk wird beschuldigt, Unterstützer der Beschuldigten im »Antifa-Ost-Verfahren« um Lina E. zu sein, denen man die Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach Paragraf 129 Strafgesetzbuch infolge zahlreicher Angriffe auf Neonazis vorwirft. Man behauptet über Nanuk unter anderem, dass er Kampftrainer dieser Beschuldigten gewesen sei. Zudem soll er bei einem Angriff auf eine Burschenschaft und an einem Brandanschlag auf die Außenstelle des Bundesgerichtshofs in Leipzig beteiligt gewesen sein. Alle diese Vorwürfe stützen sich ausschließlich auf die Angaben des Vergewaltigers, Verräters, Kronzeugen im ersten »Antifa-Ost-Verfahren« Johannes Domhöver.

antifa: Wie sind die Haftbedingungen für Nanuk?

K. L.: Nanuk hat immer noch lediglich zwei Stunden Hofgang und 22 Stunden Einschluss. Er hat mittlerweile unregelmäßig Zugang zu einem Sport-raum, kann an einigen AGs und an der Sportzeit eine Stunde in der Woche teilnehmen. Die ersten 48 Stunden nach seiner Festnahme war er in Hand- und Fußfesseln. Die erste Zeit unterlag er strengen Sicherheitsverfügungen, die nach und nach gelockert wurden. Das größte Problem ist immer noch die Post. So hat Nanuk die ersten drei Monate gar keine Post erhalten, weiterhin verläuft das alles sehr unregelmäßig. Bücher, die er beantragt hatte, wurden erst drei Monate später bewilligt, die JVA lässt sich also mit allem sehr viel Zeit.

antifa: Unlängst fand eine Haftprüfung statt, die für Nanuk negativ beschieden wurde. Wie bewertet ihr diese Entscheidung?

Kim Leez ist aktiv in der »Soligruppe Nanuk«. Siehe auch freenanuk.noblogs.org

Kim Leez ist aktiv in der »Soligruppe Nanuk«. Siehe auch freenanuk.noblogs.org

K. L.: Das hat uns nicht überrascht, Nanuk wird ja Fluchtgefahr unterstellt. Staat und Justiz agieren so, dass alles mögliche gegen Antifaschist:innen in Stellung gebracht wird, wie auch dieser Fall bisher in sämtlichen Facetten gezeigt hat.

antifa: Ihr organisiert die Solidaritätsarbeit für Nanuk. Was ist bisher gelaufen, und was plant ihr für die nahe Zukunft?

K. L.: Wir sind eine von zwei Gruppen, die sich um Unterstützung für Nanuk kümmern. Die Arbeit, die wir direkt für Nanuk organisieren, sind Erledigungen, wie ihm Wäsche zu bringen, sich um die Post zu kümmern oder darum, dass seine Wohnung nicht verlorengeht. Zudem geht es um die Unterstützung seines Umfelds, das ebenso von Repression betroffen war und ist. Es wurden mindestens fünf Leute ausspioniert. Es gab also gezielte Observationen nicht nur mittels Telekommunikationsüberwachung – auch vonseiten des Bundesverfassungsschutzes.

Weiterhin sind wir aktiv dabei, die Informationen zu sammeln, Update-Texte beispielsweise für die Website und Social Media zu veröffentlichen oder kleinere Infoevents in verschiedenen Städten zu organisieren.

Enorm wichtig ist uns auch, eine politische Perspektive zu bilden. Für uns ist es als Soligruppe total elementar, neben der unterstützenden Arbeit für Nanuk auch den politischen Aspekt darin zu sehen und über den eigenen Tellerrand zu schauen.

Uns ist also wichtig, mit unserem Engagement zu verbreiten: Nanuk ist einer von vielen! Aktuell sitzen viele Genoss:innen aus politischen Gründen in Haft. Wir finden es auch falsch, dass es immer nur um eine Person geht, sondern die Repression betrifft ja nicht nur deutsche Antifas, sie betrifft viele kurdische Leute, die wegen der staatlichen Verfolgung der PKK kriminalisiert werden. Man kann von den jeweiligen Kämpfen lernen und sich unterstützen. Das wird unser Fokus in den nächsten Monaten sein.

antifa: Welche Unterstützung wünscht ihr euch?

K. L.: Bedeutend erscheint uns insbesondere, dass der öffentliche Diskurs über Menschen in Haft lauter wird. Es geht auch darum, nicht unter den Tisch fallen zu lassen, dass sich auch militant gegen Faschismus engagiert und gewehrt wird. Notwendig erscheint uns auch, Gefangene zu unterstützen, beispielsweise indem man Briefe an sie schreibt. Mit das Wichtigste für Menschen in Haft ist die Kommunikation nach außen und die Solidarität von dort zu spüren. Und natürlich sehen wir es auch gern, wenn Soliaktionen gemacht werden wie Kundgebungen und Veranstaltungen oder unsere Arbeit mittels Spenden unterstützt wird.

Spenden an:

Rote Hilfe e.V., GLS-Bank, IBAN: DE55 4306 0967 4007 2383 17

BIC: GENODEM1GLS, Verwendungszweck/Stichwort: Eisbaer

Das Gespräch führte Andreas Siegmund-Schultze