Tragende Säulen
6. Juli 2025
Lokale Organisierung am Beispiel Hessen: AgR und VVN-BdA Frankfurt am Main
»Aufstehen gegen Rassismus« hat sich zu einem eigenständigen Organisierungsangebot für Menschen entwickelt, die vor allem der AfD etwas entgegensetzen wollen. In über 70 regionalen und lokalen Gruppen und Bündnissen werden Bildungsveranstaltungen, Kundgebungen, Demonstrationen, Konzerte, Flyer- und Plakataktionen durchgeführt. Im Büro in Berlin arbeiten mehrere Hauptamtliche. Sie organisieren die praktische Arbeit, verbinden die lokalen Gruppen miteinander und koordinieren die Stammtischkämpfer*innen-Seminare bundesweit. Richtung und Schwerpunktsetzung der Aktivitäten werden in verschiedenen Arbeitsgruppen und Ausschüssen bestimmt, die sich regelmäßig treffen und absprechen.
Einzelpersonen sind bestimmender Faktor
Die Gruppe AgR RheinMain in Frankfurt besteht seit der großen bundesweiten Gründungsveranstaltung im Frankfurter Gewerkschaftshaus im Frühjahr 2016. Anfangs war die Gruppe dominiert von den lokalen Ablegern der Gründungsorganisationen, und es gab kaum eigenständige Initiativen. Doch als die Aktivitäten der Gründer*innen nachließen, wurden Einzelpersonen zum bestimmenden Faktor der lokalen Arbeit. Man traf sich einmal im Monat, häufig mit mehr als 20 Personen. Eine kleine repräsentative Gruppe strukturierte die monatlichen Sitzungen des großen RheinMain-Treffens vor.
Solange die AfD noch öffentliche Saalveranstaltungen während ihrer Wahlkämpfe in Frankfurt durchführte, organisierte AgR zusammen mit der VVN-BdA Proteste vor den Bürgerhäusern. In den letzten Jahren trat die AfD im Raum Frankfurt nur noch mit unangekündigten Infoständen auf – auch ein Erfolg von uns.
Voriges Jahr waren wir eine der tragenden Säulen für einen antifaschistischen Strategiekongress in der Region. Seit 2024 organisieren wir zudem zum Internationalen Tag gegen Rassismus am 21. März eine Demo mit anschließender Kundgebung vor dem Rathaus. Während wir bis vor drei Jahren auch eigene inhaltliche Saalveranstaltungen zu bestimmten Themen durchführten, konzentrieren wir uns nun auf Gegenproteste und Infostände der AfD. Der letzte AgR-Infostand war ein sehr erfolgreicher dreitägiger Auftritt unserer Organisation beim Mainzer OPEN OHR Festival über Pfingsten, bei dem uns Menschen und Gruppen aus anderen Städten (Mainz, Wiesbaden, Ingelheim) unterstützten.
AgR-Stammtischkämpfer*innen-Seminare finden ständig statt, auch an der Volkshochschule. Ebenfalls einmal im Jahr gibt es Weiterbildungen für Teamer*innen. Für AgR RheinMain ist das aktuelle Problem, wie es im Spannungsfeld zwischen den jüngst entstandenen Initiativen »Widersetzen« und »AfD Verbot Jetzt« einen eigenen Platz finden kann, zumal es noch weitere Gruppen wie Schülis gegen Rechts, Studis gegen Rechts, Antifaschistisches Aktionsbündnis, OAT und Omas gegen Rechts gibt. In Zukunft wird es wichtig, sich wieder den Bündnischarakter von AgR zu vergegenwärtigen und mehr zusammenzuarbeiten.
VVN-BdA als wichtige Bündnisorganisation
Eine wichtige Organisation dafür ist die VVN-BdA Frankfurt. Wir sind aktuell über 250 Mitglieder mit einer gemischten Altersstruktur. Mehr als die Hälfte von ihnen ist nach der versuchten Aberkennung der Gemeinnützigkeit der VVN-BdA hauptsächlich aus Solidarität eingetreten. In der Struktur der aktiven Mitgliedschaft hat sich dies jedoch kaum ausgewirkt.
Wir führen aktuell zwei Veranstaltungsreihen für die Öffentlichkeit in Frankfurt durch: die Erzählcafés und eine antifaschistische Filmreihe. Bei ersteren werden hauptsächlich historische Themen behandelt, die vor allem von älteren Menschen besucht werden. Die Filmreihe wird gemeinsam mit ANPI, dem Dritte-Welt-Haus sowie wechselnden Kooperationspartner*innen durchgeführt. Bei Aufmärschen oder Veranstaltungen der extremen Rechten melden wir Plätze für Kundgebungen an und arbeiten im Antifaschistischen Aktionsbündnis Ffm mit. Drei von vier der »Gemeinsam für Deutschland«-Aufzüge konnten durch das Bündnis gestoppt werden.
Hinzu kommen die Gedenkveranstaltungen, wie das Erinnern anlässlich des 5. Jahrestags des Attentats von Hanau am 19. Februar, an die Befreiung Frankfurts im März 1945, an den 8. Mai und an die Bücherverbrennung sowie an die Novemberpogrome. Jüngere Mitglieder sollen zukünftig über eigene Bildungsveranstaltungen angesprochen werden.
Einmal im Quartal treffen wir uns zu Mitgliederversammlungen. Den Vorstand der Frankfurter VVN-BdA bildet der Sprecherkreis, der sich ein- bis zweimal monatlich trifft. Dazu kommt ein zweimonatliches Aktiventreffen, bei dem wir Aktionen oder Veranstaltungen planen. Eine große Hilfe war die Einrichtung einer hauptamtlichen Geschäftsstelle. Die Mitglieder informieren wir regelmäßig über den Versand eines Newsletters und die Homepage der Kreisvereinigung. Über soziale Medien erreichen wir zunehmend mehr Menschen.
»Aufstehen gegen Rassismus« wurde 2016 gegründet. Unter dem Gründungsaufruf stehen mehr als 50 Organisationen wie Die Linke, Jusos, NaturFreunde, DIDF, Attac oder der Chaos Computer Club. Genannt sind auch 180 Persönlichkeiten aus fast allen Parteien, Zivilgesellschaft und Wissenschaft.
Der Autor ist in Frankfurt am Main aktiv bei »Aufstehen gegen Rassismus« und in der dortigen VVN-BdA.