Trumps Angriff auf Unis
6. Juli 2025
Die Schwächung der Hochschulen ist seit langem erklärtes Ziel der US-Rechten
Mitte Mai erreichte die Auseinandersetzung zwischen der Trump-Administration und den US-Elite-universitäten einen vorläufigen Höhepunkt: Das für die Vergabe von Visa zuständige Department of Homeland Security (DHS) entzog der Harvard-Uni (Cambridge, Massachusetts) die Zulassung für das Student and Exchange Visitor Program. Damit ist es rund 7.000 ausländischen Studierenden (immerhin 27 Prozent der Immatrikulierten) nicht mehr möglich, sich im kommenden Semester in Havard einzuschreiben. Inzwischen hat die US-Regierung alle Botschaften angewiesen, keine Visa mehr für Studierende, Austauschschüler*innen, Au-pairs und junge Erwachsene, die in den USA ein Praktikum machen wollen, zu vergeben. Damit ist nahezu allen jungen Menschen der Aufenthalt zur Weiterbildung und zum Studium im gesamten Land verwehrt (zum antifa-Redaktionsschluss verlängerte die US-Bundesrichterin Allison Burroughs die Blockade von Einreiseverboten für Harvard-Studenten, die bereits zuvor zweimal vorübergehend außer Kraft gesetzt wurden).
Einschüchterungen gingen weiter
Dem Schritt gegen Harvard folgten weitere Forderungen des DHS nach Herausgabe von Dokumenten wie Video- und Audioaufnahmen von jeglichen Protesten auf dem Campus in den letzten fünf Jahren. Begründet wird das Vorgehen mit einer massiven Zunahme von Antisemitismus an den Unis. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hatte tatsächlich die Zahl von Anfeindungen gegen jüdische Studierende und terrorverherrlichenden Protesten, unter anderem an der Columbia in New York, zugenommen. Dennoch sind die Vorwürfe fadenscheinig, nehmen sie nur linken und israelbezogenen Antisemitismus in den Blick. Das eigentliche Ziel ist es, die vermeintlichen Zentren der Linken in den USA zu schwächen und unter Kontrolle der autoritären Agenda Trumps zu bringen.
Schon am 20. Januar 2025, dem Tag der Amtseinführung Trumps, wurde der Druck aus Washington gegen die renommierten Bildungsinstitutionen erhöht. So verbot Trump per Executive Order alle DEI-Programme (Diversity, Equity, Inclusion). Staatliche Fördergelder können nicht mehr beantragt werden, wenn sie bestimmte Begriffe enthalten, die auf einer »Black List« stehen – darunter Diversity, Critical Race Theory oder Frauen. Bereits bewilligte Forschungsprojekte werden überprüft. Wer diese Wörter verwendet, riskiert den Entzug von Fördergeldern oder ein Arbeitsverbot. Das Bildungsministerium wird aufgelöst, und weitere Forschungsinstitute stehen auf der Streichliste. Einige Wissenschaftler*innen haben bereits das Land verlassen, weil sie ihre Forschungen nicht fortsetzen können. Angriffe auf Bildungs- und Forschungseinrichtungen durch die extreme Rechte haben eine lange Tradition in den USA (siehe Spalte).
Auch die außerparlamentarische Rechte griff immer wieder die US-amerikanischen Hochschulen als linke Hochburgen an, die es zu zerschlagen gelte. In den Jahren 2015 bis 2017 versuchten der damalige Alt-Right-Anführer Richard Spencer und der Breitbart-Redakteur Milo Yiannopoulos unabhängig voneinander gezielt Veranstaltungen an Universitäten durchzuführen. Begleitet wurden diese Vortragstouren jeweils von großen antifaschistischen Protesten, unter anderem in Berkeley verbunden mit massiven Ausschreitungen, die die erste Trump-Regierung zum Anlass nahm, in Universitätsstädten gewalttätige Polizeiaktionen durchzuführen.
Insbesondere aus Sicht vieler Republikaner wirken die Attacken gegen die Eliteunis verlogen, haben doch zahlreiche von ihnen selbst dort studiert. Auch Vizepräsident JD Vance ließ sich an der Yale Law School zum Juristen ausbilden. Dennoch gehört er zu denjenigen, die schon weit vor der jetzigen Präsidentschaft Trumps die Hochschulen als Feind ausgemacht haben, den es zu unterwerfen und zu schwächen gelte.
»Feindliche Institutionen«
Im Juni 2021 sagte er dem rechten Portal Breitbart News, dass er die Unis zerstören wolle. Für ihn sind sie »feindliche Institutionen«, die durch eine konservative Revolution verändert werden müssen. Im November desselben Jahres teilte er auf der National Conservatism Conference in einer Rede mit dem Titel »Die Universitäten sind der Feind« seine Ansichten mit einem größeren Publikum.
Ein Ende der Angriffe auf die Hochschulen in den USA durch die derzeitige Regierung scheint nicht absehbar. Dass die Aussetzung der Visavergabe und die Mittelstreichung jetzt insbesondere Havard trifft, liegt vor allem an dem Umstand, dass sich die Uni nicht den Forderungen aus Washington beugen will. Andere Unis sind ohne größere Gegenwehr bereits eingeknickt oder zensieren sich selbst, da sie Angriffe auf ihre Einrichtungen befürchten. Allerdings zeigt Widerstand hier Wirkung. Eine erste Klage von Havard war bereits erfolgreich. Eine US-Bundesrichterin hat das Verbot zur Aufnahme ausländischer Studierender per einstweiliger Verfügung aufgehoben. Ob sich Trump damit zufrieden gibt, ist eher zu bezweifeln. Die immer mehr faschistisch agierende US-Regierung wird weiter Mittel und Wege suchen, demokratische und progressive Institutionen zu schädigen.
Progressive Lernorte
Nach der Aufhebung der Segregation an Schulen und Hochschulen durch den Supreme Court 1954 verwandelten sich vor allem die Unis im Norden des Landes zu progressiven Lernzentren. Der Protest gegen den Vietnamkrieg wurde vornehmlich von den Studierenden getragen, aus denen die Hippie-Kultur hervorging. Gleichzeitig kam es immer wieder zu Angriffen rechter Studierender auf Linke. Der Campus wurde zum Trainingsfeld politischer Kämpfe, wie die Historikerin Lauren Lassabe Shepard 2023 schreibt.
Die religiöse Rechte fand die Entwicklung von Columbia, Havard und Co. abstoßend, weil sie US-Werte bedroht sah. Verantwortlich dafür gemacht wurden deutsch-jüdische Immigrant*innen, die als kritische Theoretiker*innen vermeintlich Kapitalismus, das Christentum und andere westliche Institutionen in Frage stellten. Als Antwort darauf wurden eigene Lernzentren gegründet, weiße christliche Privatschulen und Lernorte wie die Liberty University, wo bis heute die neue rechte Elite des Landes ausgebildet wird. Republikaner nutzen deren Bühne immer wieder, um gegen die in ihren Augen verkommenden linken Ivy-League-Unis an den Küsten zu wettern und dort auf Stimmenfang für Wahlen zu gehen. So auch die späteren US-Präsidenten Reagan 1980 und Bush im Februar 2000, die im Wahlkampf an der evangelikalen Bob Jones University in South Carolina sprachen, die für ihre Verbreitung von rassistischen und homofeindlichen Ansichten berüchtigt ist.