Widersetzen auf der Straße
6. Juli 2025
Aktionen des zivilen Ungehorsams als gemeinsamer Nenner
»widersetzen« ist ein Bündnis aus neuen und alten Antifagruppen, der Klimagerechtigkeitsbewegung, Bündnissen gegen Rechts, Gewerkschaften, antirassistischen, queerfeministischen und anti-ableistischen Initiativen und vielen mehr. Mit massenhaften Aktionen des zivilen Ungehorsams stellen wir uns dem Faschismus entgegen und entwickeln Alternativen für ein solidarisches Miteinander. Die AfD und andere rechte Kräfte machen Migrant*innen zu Sündenböcken für gesellschaftliche Missstände, sie spalten und hetzen Menschen gegeneinander auf. Bei widersetzen wollen wir genau das Gegenteil tun, nämlich einen gemeinsamen Kampf gegen Rassismus und Faschismus führen. Unser Anspruch an unsere Aktionen und an unsere Strukturen ist es, dass sie diese Gemeinsamkeit ermöglichen und fördern.
Widersetzen steht für konsequenten und kreativen Widerstand gegen rechte Ideologien. Unser zentrales Mittel ist der zivile Ungehorsam. In Riesa und Essen haben wir gezeigt, dass es möglich ist, mit tausenden Menschen einen Parteitag der AfD praktisch, wirksam und solidarisch zu blockieren. Wir haben die Bekämpfung der AfD in den Mittelpunkt unserer Aktivitäten gestellt, weil die Partei ein zentraler Antreiber der Rechtsentwicklung ist. Die AfD leugnet den Klimawandel, redet dem Sozialabbau das Wort und vertritt ein reaktionär-patriarchales Familienbild. Damit ist sie eine Gefahr für uns alle. Wir müssen und dürfen sie nicht aushalten. Es ist daher notwendig und legitim, sich den Parteitagen und dem öffentlichen Auftreten der AfD auch mit den Mitteln des zivilen Ungehorsams entgegenzustellen. Wir verstehen antifaschistische Praxis als kollektive Verantwortung und gesellschaftliche Notwendigkeit. Neben Aktionen im öffentlichen Raum unterstützen wir auch lokale Initiativen im Aufbau nachhaltiger Strukturen gegen rechte Netzwerke. Unser Protest richtet sich nicht nur gegen die AfD als Partei, sondern gegen das gesellschaftliche Klima, das Rassismus, Antifeminismus, Antisemitismus und soziale Ausgrenzung fördert.
Wie werden wir mehr?
Wir sind Einzelpersonen und Gruppen mit vielfältigen politischen Hintergründen, organisiert in Bündnissen, NGOs, Gewerkschaften, Bewegungen und Basisinitiativen. Neue Gruppen stoßen durch persönliche Kontakte, gemeinsame Aktionen oder gezielte Mobilisierung zu uns. Wichtig ist dabei ein niedrigschwelliger Einstieg: Interessierte können zunächst als Unterstützer*innen mitwirken, sich an AGs beteiligen oder lokale Strukturen aufbauen. Über regionale Vernetzungstreffen, Plena und digitale Plattformen halten wir Kontakt und ermöglichen Mitwirkung. Entscheidend für unser Wachstum ist Sichtbarkeit. Menschen, die zu uns kommen, erleben, dass Widerstand nicht nur notwendig, sondern auch machbar ist.
Wie arbeiten wir zusammen?
widersetzen organisiert sich nach basisdemokratischen Prinzipien. Wir versuchen also, Entscheidungen gemeinsam zu treffen, oft im Konsens oder mit qualifizierter Mehrheit. Wir arbeiten in thematischen Arbeitsgruppen und Koordinierungskreisen, die regelmäßig im Plenum zusammenkommen. Diese Strukturen gibt es sowohl bundesweit als auch auf lokaler Ebene. Die AGs und der Ko-Kreis bereiten inhaltliche und praktische Fragen vor, die das Plenum dann entscheidet. Unser gemeinsames Strategiepapier regelt grundlegende Prinzipien wie Konsensorientierung, Gewaltfreiheit und Antidiskriminierung.
Was können wir – und wen erreichen wir?
widersetzen bündelt eine Vielzahl an Ressourcen: Menschen mit organisatorischer, politischer und kreativer Erfahrung; Fachwissen in Recht, Pressearbeit, Aktionstraining und Kampagnenführung; Zugang zu Medien, Räumen, Infrastruktur. Viele von uns haben jahrelange Erfahrung in Bewegungen wie Ende Gelände, Fridays for Future, Seebrücke, Aufstehen gegen Rassismus, Gewerkschaften oder lokalen Initiativen. Wir können breite Kreise mobilisieren, über soziale Netzwerke, Mailinglisten, persönliche Netzwerke, Veranstaltungen, aber auch durch Präsenz auf der Straße. Wichtig ist uns, verschiedene gesellschaftliche Gruppen anzusprechen: junge Menschen ebenso wie Gewerkschafter*innen, migrantische Communities genauso wie Künstler*innen. Dabei setzen wir auf eine klare antifaschistische Haltung, gepaart mit Offenheit und Dialogfähigkeit.
Wie entscheiden wir, was wir tun?
Unsere Entscheidungen entstehen aus kollektiver Reflexion. Wir werten Aktionen aus, diskutieren politische Entwicklungen und passen unsere Strategien an. Um aus unseren Aktionen zu lernen, müssen wir insbesondere den lokalen Initiativen vor Ort, den Betroffenen rechter Gewalt und den Stimmen, die zu oft überhört werden, zuhören. Wir beobachten aufmerksam gesellschaftliche Verschiebungen, analysieren Wahlbewegungen, rechte Diskurse und Gesetzesvorhaben. Gleichzeitig lernen wir aus unseren eigenen Erfolgen und Fehlern: Was war mobilisierend? Was war anschlussfähig? Wo brauchen wir andere Mittel, neue Allianzen oder mehr Geduld?
Unser Ziel ist ein handlungsfähiges, solidarisches Miteinander, das kollektive Stärke entfaltet.
Zum Spezial
Das Spezial beschäftigt sich diesmal mit Organisierungsformen gegen Rechts. Einerseits wollen wir auf einige der vielseitigen Angebote hinweisen. Um von den Demonstrationen und kurzfristigen Momenten politischer Wirkmächtigkeit zu einer alltagstauglichen Arbeit gegen das zu kommen, was als Rechtsruck oder »autoritäre Formierung« bezeichnet wird. Andererseits wollen wir aber auch auf Leerstellen in den bestehenden Organisierungen hinweisen.
Viele Antifaschist:innen haben in den letzten Monaten festgestellt, dass es eine Lücke gibt zwischen Politisierung auf Massenprotesten und tatsächlichen gesellschaftlichen Veränderungen. Den immer wiederkehrenden Schlaufen der Empörung, Großdemonstrationen und Enttäuschung kann nur durch Organisierung und auf Dauer angelegte Bearbeitung der Themen entkommen werden. In diesem Spezial richten wir unseren Blick auf »widersetzen« als Aktionsbündnis, auf einen Zusammenschluss aus autonomer Organisierung, gewerkschaftliche Kämpfe und auf »Aufstehen gegen Rassismus«, also eine Kampagne, die auch durch viele VVN-BdA-Mitglieder getragen wird. (red)