Unsere Meldungen
13. Mai 2022
Website über Polizeigewalt
Seit 1976 dokumentiert die Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP Hintergründe zu durch die Polizei verursachten Todesfällen. Dabei werden Informationen zur Beteiligung von Sondereinheiten, der Zahl jeweils abgegebener Schüsse und der Situation, in der sich die Schussabgabe zutrug, gesammelt. Jetzt gibt es eine Website (polizeischuesse.cilip.de) hierzu. Die Suche lässt sich durch Angaben zu Ort, Zeit und Umständen des Schusswaffengebrauchs sehr erleichtern.
Faschisten an der Macht
In Spaniens größter Region, Kastilien und Léon, wird die konservative Partido Popular (PP) mit der neofaschistischen Partei Vox eine Koalition eingehen. Der zukünftige Regionalpräsident Alfonso Fernández Mañueco (PP), der die Wahl im Februar gewann, hat sich mit der Vox darauf geeinigt, ihr drei Ministerposten, den Posten des Vizeregionalpräsidenten und des Parlamentspräsidenten der Region zu überlassen. Vox hatte bei den Wahlen 17,6 Prozent der Stimmen und
13 Mandate erhalten. Kritisch zu der Koalition äußerten sich der sozialdemokratische Ministerpräsident Spaniens Pedro Sánchez und der Chef der Europäischen Volkspartei Donald Tusk.
»Atomwaffen Division«
800 Beamte durchsuchten Anfang April 61 Immobilien in elf Bundesländern. In Eisenach sind dabei vier Neofaschisten festgenommen worden. Die Aktion richtete sich hauptsächlich gegen die »Atomwaffendivision Deutschland« (AWDD), doch gibt es auch Verfahren gegen Aktivisten der verbotenen Neonaziorganisation »Combat 18« und der Chatgruppe »SKD1418«. AWDD wird verantwortlich gemacht für Morddrohungen gegen die Grünen-Politiker_innen Claudia Roth und Cem Özdemir.
Disziplinarverfahren
Das Landgericht (LG) Dresden hat Mitte März ein Disziplinarverfahren gegen den ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier eingeleitet. Ziel des Verfahrens ist sein einstweiliger Ruhestand. Maier hatte seinen Richterposten beim Amtsgericht Dippoldiswalde gerade wieder angetreten. Nach Meinung des LG bestehe der Verdacht, dass Maier seine Dienstpflichten zur Verfassungstreue, zur politischen Mäßigung und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt habe. Das Dienstgericht des LG Leipzig hat Maier die Fortsetzung seiner Amtsgeschäfte bis zum rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens unter Fortzahlung seiner Bezüge untersagt. Die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann durfte dagegen auf ihren Posten als Richterin am LG Berlin zurückkehren. Die Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Die Linke) sah keine rechtliche Möglichkeit, dies zu verhindern.
Leon Schwarzbaum tot
Der jüdische Auschwitzüberlebende Leon Schwarzbaum ist in der Nacht vom 13. zum
14. März 2022 in Potsdam im Alter von 101 Jahren gestorben. Schwarzbaum überlebte als einziger Angehöriger seiner Familie die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald, ein Außenlager des KZ Sachsenhausen und zwei Todesmärsche. Nach dem Krieg arbeitete er als Kunst- und Antiquitätenhändler. In den letzten Jahrzehnten war Schwarzbaum einer der wichtigsten Zeitzeugen der Shoah. Er sollte noch im Verfahren gegen den früheren Wachmann von Sachsenhausen Josef Schütz aussagen, konnte aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr befragt werden.
»NSU 2.0«-Angeklagte
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu »NSU 2.0« sind Mitte April in Frankfurt am Main eine Polizistin und vier Polizisten angeklagt worden. Sie sollen in mehreren Chatgruppen faschistische, rassistische und sexistische Inhalte geteilt haben. Entsprechend werden ihnen Volksverhetzung, Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen, Gewaltdarstellung, Beschimpfung von religiösen bzw. weltanschaulichen Bekenntnissen sowie der Besitz pornografischer Schriften vorgeworfen. Alle sind von ihren Dienstgeschäften suspendiert. Die angeklagte Polizeibeamtin soll im Polizeicomputer des 1. Frankfurter Polizeireviers eingeloggt gewesen sein, als die Einwohnermeldedaten der Anwältin Seda Başay-Yıldız dort abgefragt wurden. Kurz danach erhielt diese ein Drohschreiben mit der Unterschrift »NSU 2.0«.
Chatgruppe aufgeflogen
Gegen die Telegram-Chatgruppe »Vereinte Patrioten« sind Mitte April in mehreren Bundesländern Razzien durchgeführt worden. Vier Verdächtige sind dabei festgenommen worden. Die Gruppe soll geplant haben, durch Sprengstoffanschläge gegen die Strominfrastruktur einen bundesweiten Stromausfall herbeizuführen und die daraus entstehenden Unruhen zu einem Umsturz zu nutzen. Außerdem sollen sie die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplant haben. Die Gruppe hat ca. 70 Mitglieder, die sich im Milieu der Reichsbürger und Corona-Protestler bewegen sollen. Den vier Inhaftierten wird eine schwere staatsgefährdende Gewalttat und ein Verstoß gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen.
U-Ausschuss Neukölln
Zur der faschistischen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln ist Anfang April ein Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses eingesetzt worden. Hauptgegenstand der Untersuchung wird die Rolle der Polizei und der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit der zehn Jahre andauernden Anschlagsserie sein. Anfang Mai soll der Ausschuss seine Arbeit aufnehmen.
Präsident bestätigt
Aleksandar Vučić ist bei den Wahlen Anfang April mit 59 Prozent der Stimmen als Präsident Serbiens bestätigt worden. Seine rechtskonservative Serbische Fortschrittspartei (SNS) wurde trotz zweistelliger Verluste mit 43 Prozent der abgegebenen Stimmen stärkste Partei. Mit 120 von 250 Sitzen dürfte sie die Regierung fortsetzen können. Auch zwei extrem rechte Parteien ziehen mit jeweils zehn Sitzen ins Parlament ein.
Brüderpaar verurteilt
Der Rechtsrapper »Mr. Bond« und der »Judas Watch«-Betreiber sind Anfang April durch das Landgericht Wien verurteilt worden. Der Rapper Philip Hassler wurde zu mindestens zehn Jahren, sein Bruder Benjamin zu vier Jahren Haft verurteilt. Der Rapper verbreitete jahrelang unerkannt faschistische Liedtexte. Bei einer Hausdurchsuchung im Januar vorigen Jahres sind nicht nur NS-Devotionalien, Waffen und Datenträger sichergestellt worden, auch die Identität des »Judas Watch«-Betreibers flog auf, da die Brüder zusammen wohnten. »Judas Watch« betrieb nicht nur antisemitische Hetze, sondern beinhaltete auch eine »Feindesliste« mit den Namen von 1.787 Personen und Organisationen, die allerdings vorab nicht über das Verfahren aufgeklärt worden sind. Die Angeklagten waren geständig. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Zusammengestellt von Ulrich Stuwe
(in memoriam P. C. Walther)