Diesmal gegen rechts?
8. November 2022
In Brandenburg soll eine verschärfte Form des Radikalenerlasses Gesetz werden
Die Landesregierung in Potsdam will mit einem neuen Gesetz die Wiedereinführung der Regelanfrage beim Verfassungsschutz bei allen BewerberInnen für den öffentlichen Dienst. SPD, Grüne und CDU betonen, Assoziationen zum berüchtigten sogenannten Radikalenerlass seien unangebracht. Tatsächlich handelt es sich um eine Verschärfung: War der Beschluss von 1972 eine bloße dienstliche Anweisung, wie mit den bestehenden Gesetzestexten umzugehen sei, wird die Regelanfrage nun sogar verpflichtend in Gesetzesform gegossen. Insofern erinnert der Vorgang eher an das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933.1
Das neue Gesetz, so ist von seinen InitiatorInnen zu hören, richte sich doch dieses Mal gegen rechts, es bestehe also kein Grund zur Sorge. Wem aber wird die Macht zur Umsetzung dieser Regelung, die sich in bester Hufeisen-Manier gegen »Extremisten jeder Richtung« wendet, gegeben? Der Justiz, die schon heute alle Möglichkeiten hätte, Nazis aus dem Staatsdienst zu entlassen, dies bislang aber allenfalls bei schweren Straftaten getan hat. Und wirklicher Herr des Verfahrens wird der Inlandsgeheimdienst, dessen Verstrickungen in die Nazi-szene bis heute weder geahndet noch aufgearbeitet sind. Ein solcher Machtzuwachs weckt Begehrlichkeiten. Schleswig-Holstein, Hessen, Sachsen, Thüringen und Bremen haben bereits angekündigt, ebenfalls ähnliche Gesetze auf den Weg bringen zu wollen.
Zur Begründung führt Potsdam ohne jeden Skrupel den einschlägigen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 1975 an: »Die Treuepflicht fordert mithin mehr als nur eine formal korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung.« Maßgeblich mitverfasst wurde dieser Beschluss damals vom ehemaligen SA-Rottenführer, NS-Juristen und späteren Verfassungsrichter Willi Geiger.
1 Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums richtete sich gegen »Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten« – gegen Linke sowie Jüdinnen und Juden. In der BRD wurde der »nationale Staat« durch die »freiheitlich-demokratische Grundordnung« ersetzt. Geblieben ist die durch den NS-Juristen Carl Schmitt inspirierte »Gewährbieteklausel« und mit ihr Beweislastumkehr und Gesinnungsprognose. Die fatalen Folgen, die dieses juristische NS-Erbe in der Zeit der Berufsverbote hatte, sind bekannt.