Vorstoß zur Querfront
29. April 2023
Berlin: »Ostdeutsches Kuratorium von Verbänden« konferierte mit extrem Rechten
Das Gebäude des ehemaligen SED-Zentralorgans Neues Deutschland (ND) am Berliner Franz-Mehring-Platz in Friedrichshain heißt heute »FMP 1« und wird von vielen linken und antifaschistischen Organisationen für Büroarbeit und Veranstaltungen genutzt, auch von der Berliner VVN-BdA. Viele im Haus sind schockiert über die nicht-öffentliche Veranstaltung des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden e.V. (OKV) am 27. März unter dem Motto »Dialog statt Waffen – überparteilich gegen den Krieg«. Vor einer unbekannten Anzahl persönlich eingeladener Gäste referierten vorwiegend Ex-militärs aus DDR und BRD sowie der frühere MfS-Auslandsagent Rainer Rupp (bis 2016 auch Autor für junge Welt und ND, seither in vermeintlichen »Alternativmedien« präsent) über die Notwendigkeit eines Bündnisses von Linken und Rechten.
Laut einem auf der Website der Veranstalter:innen OKV verlinkten Veranstaltungsbericht wurden Grußworte unter anderem vom AfD-Bundestagsabgeordneten Rainer Rothfuß, dem rechten Kabarettisten Uwe Steimle und dem letzten DDR-Staatschef Egon Krenz verlesen. Auftritte hatten auch Helga Zepp-LaRouche, Vorsitzende der als antisemitische, extrem rechte Politsekte eingestuften Kleinpartei BüSo, Sänger Tino Eisbrenner und Gerhard Fuchs-Kittowski (Deutscher Friedensrat).
Anwesend waren die Medienunternehmen -Apolut des Verschwörungsideologen Kayvan Soufi-Siavash (Ken Jebsen) und Compact des extrem rechten Jürgen Elsässer. Beide Medien berichteten im Nachhinein. Elsässer, sichtlich zufrieden ob des Tabubruchs, filmte sich am Eingang des Veranstaltungsorts (Münzenberg-Saal) und ließ einen NVA-General a. D. den Aufruf zum Bündnis mit der AfD ins Compact-Mikrofon sprechen.
Während in Friedensbewegung und VVN-BdA noch über die Abgrenzung zu rechten und verschwörungsideologischen Formationen wie der Partei »Die Basis« diskutiert wird, predigen und praktizieren andere nebenan bereits das Bündnis mit der eindeutigen extremen Rechten. Eine willkommene Schützenhilfe für die AfD im Vorfeld der 2024 und 2025 anstehenden Landtagswahlen in ganz Ostdeutschland! Die skandalöse Veranstaltung des OKV mag insofern ein Menetekel sein: Wer sich abends mit Ken Jebsen und Die Basis ins Bett legt, wacht darin morgens mit Jürgen Elsässer und der AfD auf.
Für die Hausverwaltung des FMP1 erklärte, angesprochen auf die OKV-Veranstaltung, Jenny Schindler im ND vom 21. April 2023, dass man keine Bühne für extrem Rechte bieten und die Regeln für Veranstaltungen im Haus präzisieren wolle. Siehe auch kurzelinks.de/fmp1-okv
Ein Mitschnitt einer VVN-BdA-Onlineveranstaltung zum Thema »Rechte Vereinnahmungsversuche in der Friedensbewegung«: youtube.com/watch?v=OnXShRyPEiE
Im März erklärte »Heideruh e.V. – Antifaschistische Erholungs- und Begegnungsstätte« seinen Austritt aus dem OKV. Zu den Hintergründen dokumentiert antifa an dieser Stelle einen weiterführenden Beschluss der Heideruh-Mitgliederversammlung am 22. April 2023.
Dokumentiert: Erklärungen von Heideruh zu OKV und rechtsoffenen Kräften
Wohn- und Ferienheim Heideruh e.V., 22. April 2022
Die Mitgliederversammlung 2023 des Wohn- und Ferienheim Heideruh e. V. hat einstimmig beschlossen:
Die politische Ausrichtung von Heideruh ist eindeutig antifaschistisch.
Das beinhaltet eine klare Abgrenzung von der Zusammenarbeit mit Organisationen und Personen, die eine nationalsozialistische, faschistische Position haben und vertreten oder sie tolerieren. Auch wenn es möglicherweise in Detailfragen Übereinstimmungen gibt.
Ausgeschlossen von den Veranstaltungen sind gemäß § 6 Absatz 1 des Versammlungsgesetzes Personen, die rechtsextremen Parteien, den „Freien Kameradschaften“ oder sonstigen rechtsextremen Vereinigungen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind. Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen.
Wohn- und Ferienheim Heideruh e.V., Ende März 2023
Sehr geehrtes Präsidiumsmitglied Matthias Werner, sehr geehrte Mitglieder des Präsidiums,
nach reiflicher Überlegung haben wir uns entschieden, dass der Verein Wohn- und Ferienheim Heideruh e. V. zum 21.4.2023 aus dem OKV austritt.
Die politische Ausrichtung von Heideruh ist eindeutig antifaschistisch. Das beinhaltet eine klare Abgrenzung von der Zusammenarbeit mit Organisationen und Personen, die eine nationalsozialistische, faschistische Position haben und vertreten oder sie tolerieren. Auch wenn es möglicherweise in Detailfragen Übereinstimmungen gibt.
Spätestens seit den Auseinandersetzungen um die Corona-Verordnungen gibt es Mitgliedsorganisationen, die diese Grenze nicht einhalten, bzw. überschreiten. Zugespitzt hat sich diese Einschätzung durch die Positionierung in der Russland/Ukraine-Krise durch Kooperationen mit tw. faschistischen Kräften.
Der Austritt beinhaltet ebenfalls, dass Matthias Werner Heideruh nicht vertritt und dieses öffentlich so dargestellt wird. Heideruh wird gegenüber unseren BündnispartnerInnen im Hinblick auf unsere antifaschistische Grundhaltung unglaubwürdig. Beispiel hierfür wurde Matthias Werner mit der Bitte um Stellungnahme zugesendet. Leider erfolgte diese nicht.
Es grüßt der Vorstand
Im Namen des Vorstandes Bea Trampenau