Deutliches Gegensignal
13. September 2023
Die FIR auf dem Weg zum XIX. Kongress in Barcelona
Nicht nur zu Zeiten von Wahlen zum Europaparlament ist für die VVN-BdA die Arbeit der FIR als Dachorganisation der antifaschistischen und der Veteranenverbände von Bedeutung. Als der letzte reguläre Kongress Ende 2019 in Reggio Emilia in Italien mit guter Resonanz stattfand, hatte man große Pläne – unter anderem ein internationales Jugendtreffen in Auschwitz und weitere gemeinsame Projekte. Alles das wurde durch die Corona-Pandemie gestoppt, die so wichtigen Begegnungen und gemeinsamen Veranstaltungen in den jeweiligen Ländern unmöglich gemacht. Selbst die Arbeit des gewählten Leitungsgremiums war nur noch virtuell, per Zoom-Konferenzen und auf ähnlichen Wegen, möglich. Die inhaltliche Debatte erfolgte vor allem über die elektronischen Medien, was aber den persönlichen Austausch nur schwer ersetzen konnte.
Nachdem die Reisebeschränkungen aus Pandemiegründen endlich überwunden waren, griff der russisch-ukrainische Krieg seit Februar 2022 massiv in das Leben der Dachorganisation ein. Nicht allein die Tatsache, dass aufgrund der europäischen Sanktionen Vertreter des russischen Kriegsveteranenverbandes nicht mehr an gemeinsamen Tagungen teilnehmen können, auch die Kontakte zu den ukrainischen Mitgliedsverbänden sind seit dieser Zeit faktisch zum Erliegen gekommen. Dessen ungeachtet gelang es der FIR mit großer Unterstützung des serbischen Mitgliedsverbandes SUBNOR im Oktober 2022, eine internationale Tagung über die Gefahr des Neofaschismus in Belgrad durchzuführen, nachdem im Sommer 2022 bereits in einer Kurzkonferenz in Budapest ein thematischer Aufschlag gemacht worden war.
So vorbereitet entschied der Exekutivausschuss der FIR, dass im Oktober 2023, also ein Jahr später als nach der Satzung vorgesehen, der nächste reguläre Kongress der FIR stattfinden soll, und zwar in Barcelona. Unterstützt von den Kameradinnen und Kameraden der dortigen Mitgliedsverbände findet die Konferenz vom 27. bis 29. Oktober 2023 statt. Eröffnet wird die Tagung mit der Verleihung des Michel-Vanderborght-Preises. Auf Einladung des neuen Stadtoberhauptes findet die Zeremonie voraussichtlich im Repräsentationssaal im Alten Rathaus statt. Preisträger aus acht Ländern, darunter auch das deutsche »Solidaritätsnetzwerk von Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt« sollen für ihre Arbeit im Sinne des antifaschistischen Anliegens der FIR geehrt werden.
Der Kongress selbst wird am Samstag stattfinden. Als »Gastgeber« fungiert die spanische Gewerkschaft CCOO, in deren Versammlungsraum die Tagung stattfindet. Vor den Delegierten stehen herausfordernde Debatten. Natürlich wird es um die Frage Krieg und Frieden gehen, wie es der FIR gelingen kann, als »Botschafter des Friedens« der UN noch deutlicher Einfluss auf die Beendigung der Kämpfe in der Ukraine und für eine Verhandlungslösung zu nehmen.
Erschreckend ist in verschiedenen europäischen Ländern der Aufstieg extrem rechter Kräfte. Gerade in Vorbereitung auf die Wahlen zum EU-Parlament müssen gemeinsame öffentliche Initiativen der antifaschistischen Verbände auf den Weg gebracht werden. Natürlich wird die FIR keine Wahlempfehlung abgeben. Sie wirkt für ein Netzwerk der zivilgesellschaftlichen Kräfte der Gewerkschaften, der ökologischen und sozialen Bewegungen, der Jugend und migrantischen Organisationen, das seine demokratischen und auf alle Menschen in Europa bezogenen Forderungen zu Gehör bringt. Die FIR tritt ein für ein antifaschistisches Europa, das sich der antifaschistischen Wurzeln bewusst ist, ein Europa, das gemeinsam Verantwortung für Flüchtlinge, die vor Kriegen, Hunger und anderen Katastrophen fliehend zu uns kommen, übernimmt, das sich für Frieden, europäische Entspannungspolitik und gegen die Militarisierung der EU einsetzt. Das ist ein deutliches Gegensignal zum »Europa-Programm« der extremen Rechten, wie der AfD und ihres völkischen Spitzenkandidaten Maximilian Krah.
Von Bedeutung für die FIR und ihre Mitgliedsverbände sind die schlimmen Formen von Geschichtsrevisionismus in verschiedenen europäischen Ländern. Denkmäler für die Befreiung vom Faschismus und die Befreier werden zerstört, faschistische Kollaborateure als »Freiheitskämpfer« gewürdigt. Andererseits besteht die Herausforderung, wie es gelingt, jungen Menschen heutiger Generationen Zugänge zum und historisches Wissen über den antifaschistischen Kampf in den jeweiligen Ländern zu vermitteln. Auf der Grundlage gemeinsamer Erfahrungen gilt es, die Geschichts- und Erinnerungsarbeit zu stärken. Schon jetzt plant die FIR für 2025 erneut ein internationales Jugendtreffen mit 1.000 Teilnehmenden, diesmal in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald.
Zum Abschluss des Kongresses werden die Delegierten am Sonntag an den feierlichen Veranstaltungen zur »Despedita«, dem Abschied der Internationalen Brigaden aus Spanien 1938, teilnehmen. Die deutsche Delegation auf diesem Kongress wird recht groß sein. Neben den drei Delegierten der VVN-BdA haben weitere Mitgliedsverbände ihre Teilnahme angekündigt. Schon in der Vorbereitung sollte darüber nachgedacht werden, wie es anschließend gemeinsam gelingen kann, die Ergebnisse dieses Kongresses für die politische Arbeit in unserem Land nutzbar zu machen.
Der Autor ist Generalsekretär der Federation of Resistance Fighters – Association of antifascists (FIR), der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten.