Rechte Medienoffensive
5. November 2023
Mit AUF1 und Nius verbreitert sich auch das publizistische Umfeld der AfD
Gleich zwei immer mehr Verbreitung findende Medienprojekte versuchen Konservative, die von der CDU enttäuscht sind, an die AfD heranzuführen. Zum einen das neue Medienprojekt Nius (siehe Spezial der antifa-September-/Oktoberausgabe), in dem Julian Reichelt, ehemaliger Chefredakteur der Bild, veröffentlicht, und das in Österreich ansässige Unternehmen AUF1. Das Kürzel steht nach eigenen Angaben für »Alternatives, unabhängiges Fernsehen«.
AUF1 wurde während der Corona-Pandemie gegründet, um, laut Eigenbeschreibung, den »Menschen eine verlässliche Quelle zu sein und die Gutgesinnten zu verbinden«. Die Themen ergeben sich da fast schon von selbst. Weiter ist dort eine Aufzählung zu finden, was der Sender so alles auf die Agenda nimmt: »Von der Maskenpflicht über den Impfzwang, Transhumanismus, Genderterror, Klimahysterie bis hin zum Great Reset.« Damit ist ziemlich alles an Themen vereinigt, was Sympathisanten von Verschwörungserzählungen gerne lesen. Der »Great Reset« steht für den sogenannten Großen Neustart, also die Vorstellung, dass durch Corona eine neue Weltordnung errichtet werden soll.
Für AUF1 ist klar, wer hinter dem angeblichen »Neustart« steht. Immer wieder wird über die sogenannten Globalisten berichtet, nichts anderes als eine moderne Chiffre für Juden. Mit dieser Erzählung werden die antisemitischen »Protokolle der Weisen von Zion« ins Heute weitergeschrieben. Chefredakteur von AUF1 ist Stefan Magnet. Nach Angaben des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands (DÖW) ist Magnet kein Unbekannter. Er war Führungskader des »Bundes freier Jugend«, der Jugendorganisation der »Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik«. Diese hat nach Beobachtung des DÖW enge Kontakte zur NPD. Nahe Verbindungen bestanden auch zur »Identitären Bewegung« in Österreich. Deren Gründer, Martin Sellner, bescheinigte Magnet nach Angaben des österreichischen Politikmagazins profil, ein »Medienmultitalent« zu sein. Neben seiner Tätigkeit als AUF1-Chefredakteur betreibt Magnet eine Werbeagentur.
Nach Medienanalysen gehört AUF1 zu den erfolgreichsten Medien der neuen rechten Bewegungen im deutschsprachigen Raum. So hat der Sender allein beim Messengerdienst Telegram über 250.000 Abonnent:innen (Stand 26.10.2023), viele davon aus Deutschland. Während der Demonstrationen gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen war der Sender oft mit einem eigenen Bus vor Ort, um Werbung zu machen. Zum Ausbau seiner Berichterstattung aus Deutschland hat AUF1 im Herbst 2022 ein Landesstudio aufgebaut, mit Sitz in Berlin. Als Leiter des Büros wurde Martin Müller-Mertens engagiert. Bevor er zu dem Sender wechselte, war er beim extrem rechten Compact-Magazin zuständig für die Videoproduktionen. Auffällig ist nicht nur die Nähe zu Compact, sondern auch, dass der Sender immer wieder Lob aus Kreisen der AfD erhält, die auch Werbung bei AUF1 schaltet. Seit September 2023 sendet man täglich ein sechsstündiges Programm über einen Astra-Satelliten und erreicht damit weit mehr Zuschauer:innen als zuvor. Möglich wurde das durch einen Übernahmevertrag mit dem Kleinsender SchwarzRotGold TV aus Stuttgart. Die zuständige Landesanstalt für Kommunikation prüft aktuell die Rechtmäßigkeit des Vertrags. Eine Unterschriftenkampagne zur Abschaltung des Senders wurde bereits von mehr als 200.000 Menschen unterzeichnet.
Das andere rechte Medienprojekt Nius ist ein wenig anders aufgestellt. Julian Reichelt hat nach seiner Trennung von Bild daran gearbeitet, ein eigenes Medienunternehmen aufzubauen. Unterstützt wird er dabei vom Milliardär Frank Gotthardt. Dieser steht politisch der CDU nahe und machte sein Vermögen mit Software für Arztpraxen. Vorbild für Reichelt und seinen Gönner Gotthardt sind Medien-unternehmen wie Fox News aus den USA. Bei der Auswahl der Berichte steht gerade in letzter Zeit im Vordergrund, ob sich das Thema eignet, um gegen die besonders verhassten Grünen zu agitieren. Die taz beschrieb im Juli 2023 in einem Artikel die Geschäftspraxis von Nius folgendermaßen: »Die Luft, in der sich Nius bewegt, riecht (…) nach Rassismus, nach Hetze gegen Minderheiten, nach Leugnung der Klimakrise (…). Dabei wird überspitzt, verkürzt, aus dem Zusammenhang gerissen und manchmal auch schlicht gelogen«.
Reichelt ist es gelungen, eine außergewöhnlich große Zahl konservativer Journalisten und Publizisten an Nius zu binden. Ob die Milliarden von Gotthardt und Reichelts scharfe Zunge genügen, um auf Dauer ein neues rechtskonservatives Medienhaus zu etablieren, bleibt abzuwarten.
Der Appell »Stoppt AUF 1 – -rechten TV-Sender abschalten« hatte Ende Oktober gut 200.000 Unterzeichner:innen. Unterstützen auf campact.de/rechtsextremismus/auf1