Kampf auf allen Ebenen
2. März 2024
Die AfD muss verboten werden – bevor es zu spät ist
Es kommen jetzt Monate, vielleicht Jahre, in denen es immer wieder um das »Pro« und das »Contra« zum AfD-Verbot gehen wird. Wer bei uns lange genug dabei ist, wird sich an die Jahre 2007 bis 2010 erinnern, als die VVN-BdA ihre Kampagne »No NPD – NPD-Verbot jetzt!« führte. Damals wie heute ist diese Fragestellung irreführend – für unseren Verband allemal, denn wir haben einen eigenen Blick auf das Thema, den uns die Verfolgten des NS-Regimes mitgegeben haben. Praktische, pragmatische und taktische Überlegungen gibt es und darf es auch geben – sie ändern aber nichts daran, dass für uns Neonazis, in welcher Verpackung auch immer sie auftreten, von vornherein keinen Anspruch auf Legitimität haben. Die Fragestellung ist aber auch deshalb irreführend, weil sie ein Entweder-Oder behauptet, das nicht -existiert. Gerade der VVN-BdA liegt nichts ferner, als die Ausschaltung des organisierten Neofaschismus an eine Behörde oder ein Gericht delegieren zu wollen. Jahrzehntelange Erfahrung mit dem Staat Bundesrepublik Deutschland und seinem Verhältnis gegenüber organisierten Neonazis stehen dem entgegen.
Die Frage ist vielmehr: Welche Bedeutung hat ein mögliches AfD-Verbotsverfahren im Rahmen des Kampfes gegen die Partei? Bekanntlich können wir oder andere gesellschaftliche Gruppen nicht selbst ein Verbot nach Artikel 21, Absatz 2 beantragen, sondern nur Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat. Wenn wir dafür eintreten, dann also in Form der vielbeschworenen »politischen Auseinandersetzung« und des Einwirkens auf die genannten Entscheidungsträger. Dies kann – was bereits geschieht – direkt durch entsprechende Gespräche erfolgen oder indirekt dadurch, eine gesellschaftliche Mehrheit zu organisieren, die wiederum eine Mehrheit der Wählerschaft darstellt.
Klassische politische Antifaarbeit: den Nazis die Räume und die Straße zu nehmen; mit Informationsmaterial darauf hinzuwirken, dass sie von weniger Menschen gewählt werden, bzw. ihre Gegner zu motivieren, selber zur Wahl zu gehen; juristische Ausein-andersetzungen zu führen und ihren Lügen im »Diskursraum« entgegenzuwirken, ist und bleibt zentral und unumgänglich.
Aber das reicht nicht. Wer Teil einer rassistischen Dominanzkultur sein will – grob gesagt 20 Prozent der Bevölkerung – ist durch kein Argument vom Gegenteil zu überzeugen. Die Mühe kann man sich in der Regel sparen. Die 20 Prozent Nazigegner müssen vielmehr die 60 Prozent der gesellschaftlichen Mitte halten oder überzeugen, die danach schielen, »was denn so normal ist«.
Die Anti-rechts-Demonstrationen der vergangenen Wochen beweisen, dass das möglich ist. Auf 1.000 von allen möglichen Personen und Gruppen organisierten Demonstrationen und Kundgebungen im ganzen Land haben sich etwa 3,2 Millionen Menschen – davon viele zum ersten Mal – eindeutig positioniert. Schlagartig ist Allgemeinwissen geworden: Die AfD will Millionen von Menschen deportieren – »das ist ein Versprechen«, wie der AfD-MdB René Springer postete.
Diese Mobilisierung – schlicht die größte, die es je in Deutschland zu irgendeinem Thema gab – gibt Mut und Kraft für den Rest dieses Jahres, das man wohl eines Tages als entscheidend werten wird. Sie hat die Nazis überrascht und verunsichert, und sie hat alle, die seit jeher solche Dinge organisieren, auf positive Weise überrollt. So viel positiven Stress gab es noch nie – das eigene Erleben bestand in mehreren tausend Bestellungen des Kampagnenmaterials von »Aufstehen gegen Rassismus« und VVN-BdA in kürzester Zeit. Aber auch diese größte aller Wellen wird vorbeigehen, und man wird wieder in den Betrieben, in den Familien und in anderen sozialen Nahräumen mit lauter Leuten dasitzen, die in unterschiedlichem Ausmaß rassistischem Hass, antisemitischen und anderen Verschwörungsfantasien verfallen sind. Wir sind damit in der Welt »unterhalb« der normalen Antifa-arbeit, für die wir bei »Aufstehen gegen Rassismus« das Modul der Stammtischkämpfer*innen entwickelt haben und massenhaft einsetzen – jeden Kalendertag ein Seminar.
Aber auch das reicht noch nicht, denn wir haben es nicht mehr mit einer nervenden Nazikleinpartei zu tun, sondern mit einer echten Massenbewegung von der die AfD der parteiförmige Kern ist. Hier kommt nun das Verbotsthema ins Spiel – »oberhalb« dessen, was wir sonst so tun. Macht und Einfluss der AfD sind nicht nur rasch ansteigend, sondern auch ihre Radikalisierung setzt sich fort. Wie in den 1920er- bis 1940er-Jahren ist es wiederum die deutsche Variante des Faschismus, die das größte Unheil anzurichten bereit ist. In dieser Situation eine Kampagne für das Verbot dieser Partei zu organisieren – gemeinsam mit Partnern – ist, was wir zusätzlich zu allem, was wir sowieso schon tun, begonnen haben. Die AfD muss verboten werden – bevor es zu spät ist.
Das Wochenende 28. bis 30. Juni wird für antifaschistische Gegenwehr größten Anlass bieten. Die AfD hat sich aufgemacht, in den Westen »einzubrechen« und hält sich für stark genug, ihren Bundesparteitag mit 600 Delegierten in der Ruhrgebietsstadt Essen durchführen zu können. Lasst uns alle dafür sorgen, dass dieses Vorhaben zum Fiasko wird. »Bundesparteitag behindern – verhindern – dicht-machen!« sollte die Parole sein.
Im Shop unter shop.vvn-bda.de finden sich zahlreiche Flyer, Sticker, Plakate und Transparente zur Forderung nach einem AfD-Verbot.