Der Plan steht

geschrieben von Thomas Willms

4. Januar 2025

Die AfD im Bundestagswahlkampf

Alle politischen Parteien wurden vom Platzen der »Ampel«-Regierung am 6. November und der daraus folgenden Vorverlegung der Bundestagswahl in hektische Betriebsamkeit gestürzt. Betont gelassen gibt sich die AfD, und sie hat durchaus gute Gründe dafür. Mit Alice Weidel konnte sie am 7. Dezember problemlos eine Spitzenkandidatin – diesmal gar als Kanzlerkandidatin – nominieren. Die Wahlkampfkasse ist mit sechs Millionen Euro gut gefüllt, der Vermögensstand von etwa 20 Millionen Euro lässt auch noch Luft nach oben. Die Mitgliederzahl ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, wobei die Partei verschiedene Zahlen von knapp 48.000 bis »über 50.000« angibt, womit sie nur noch knapp hinter der Partei Die Linke liegt. Die für gewöhnlich gut über die AfD informierte FAZ berichtet, dass der Schwerpunkt auf Großplakaten, Großveranstaltungen und insbesondere den sozialen Medien liegen solle. Als Wermutstropfen wird vermutlich empfunden, dass der nächste Bundesparteitag nur als »sichere Lösung« im sächsischen Riesa stattfinden kann und nicht an einem prestigeträchtigeren Ort.

Vor allem aber verfügt die Partei über ein auf »strategischer Geduld« basierendes Grundkonzept: Björn Höcke erläuterte es schon vor eine Weile in der Jungen Freiheit (Nr. 36/24). Demnach ginge es in erster Linie darum, bei den Menschen den »psychologischen Impuls« zu setzen, erst dann komme die »politische Prägung« mit der daraus folgenden Wahlentscheidung. Zunächst wieder in der -Opposition zu landen sei gar nicht schlimm, da sich dadurch »die Probleme dann nur weiter zuspitzen und die politische Krise verschärfen. Die Frage ist auch, wie lange etwa eine CDU-BSW-SPD-Koalition durchhält und wie die Beteiligten danach dastehen.« Aus vorgezogenen Neuwahlen könne sehr wohl »eine absolute AfD-Mehrheit« entstehen.

Diese auf Thüringen bezogenen Überlegungen treffen sinngemäß auch auf die Bundesebene zu. Zu dieser hat die AfD-Parteispitze zwei Dokumente produziert; den nach außen gerichteten »Leitantrag« zur Bundestagswahl und die nach innen gerichteten »Strategiebausteine zur Bundestagswahlkampagne 25«. Die Papiere haben unterschiedliche taktische Funktionen. Das Strategiepapier definiert die AfD eingangs als »die einzige Partei Deutschlands, die sich konsequent dem Eigenen verschreibt«. Dieses essentialistische Geraune ist angelehnt an den nationalistisch-völkischen Ton der »Konservativen Revolution« der 1920er-Jahre oder an die »befreiungsnationalistischen« Gruppierungen der 1970er- sowie 1980er-Jahre. Die Volksgemeinschaft ist nicht weit, wenn es weiter heißt: »Im Interesse einer starken und geeinten Nation bemüht sich die AfD, bestehende gesellschaftliche Spaltungen zu überwinden und die Bürger unseres Landes zusammenzuführen.«

Nun besteht der Arbeitsplan in allem anderen als darin, »Spaltungen zu überwinden«. Diese sollen vielmehr betont, verstärkt, wenn nicht gleich ganz erfunden werden. Festgestellt wird, dass »unsere Wähler vor allem mit dem Hauptthema illegale Migration« mobilisiert würden. Nicht ungeschickt wird danach die Ansprache der Zielgruppen »Frauen«, »Jugendliche und Erwachsene« usw. durchdekliniert.

Lassen die Strategiebausteine an Klarheit wenig zu wünschen übrig, dient der Entwurf des Leitantrags (noch in Riesa zu beschließen) zwei anderen Zwecken. Einerseits ist er ein durch sorgfältige Text-hygiene konstruierter und selbst ausgestellter Persilschein der eigenen Unbedenklichkeit gegenüber der sich langsam verbreitenden Verbotsforderung. Andererseits richtet er sich direkt an die in dieser Wahl zu knackende Wählerbastion – die CDU, bzw. ihre Teile, die in den letzten 20 Jahren nicht mehr so mitgekommen sind. Eingangs stimmt der 85-Seiten-Text in das allgemeine Gejammere um die Schwächen des Standorts Deutschland ein und positioniert die AfD als klar marktradikale Partei. Die guten alten Zeiten werden beschworen, in denen noch nicht unnatürliche »staatliche Eingriffe in den Markt« das natürliche Funktionieren des Systems gestört hätten. Nur »ideologieorientierte« Kräfte würden die Bürger um billige Energie aus Kohle, (russischem) Gas sowie Kernkraft bringen und ihnen die unwirtschaftlichen erneuerbaren Energien aufzwingen. Einzig die AfD als »Partei der Vernunft« halte dem noch entgegen. An zwei wesentlichen Punkten wird allerdings deutlich, wie ideologiegetrieben der Text in Wirklichkeit ist. Entgegen aller Wissenschaftlichkeit leugnet er konsequent den menschengemachten Klimawandel und die daraus abgeleiteten Schlüsse. Das Problem existiere einfach gar nicht! Zum anderen wird schlicht der Austritt aus dem Euro, die Wiedereinführung einer nationalen Währung und zwar gar in einer goldgedeckten Form gefordert. Dass die EU damit aufhören würde zu existieren, wird quasi gleich mitgedacht. An diesen zwei Punkten kann die Partei nun gar nicht an die heimischen ökonomischen Eliten anknüpfen. Kein Energiekonzern denkt auch nur im Entferntesten an die Wiedereinführung der Kernkraft, und der Verlust des europäischen Währungsraumes würde nichts anderes als den wirtschaftlichen Zusammenbruch bedeuten.

Tausende werden am 11. Januar im sächsischen Riesa bei den Protesten gegen den AfD-Bundesparteitag erwartet. Unter anderem sollen mehr als 130 Busse zur Gegenkundgebung und zu anderen Aktionen in die Kleinstadt fahren.
Infos: widersetzen.com