Latte hoch gelegt

geschrieben von Axel Holz

6. Mai 2025

Sich gegen Nazis zu stellen, erforderte Mut: Zum Film »Bonhoeffer«

Die US-Kinoproduktion »Bonhoeffer« unter der Regie von Todd Komarnicki läuft seit Mitte März in den deutschen Kinos und sorgte für einige Diskussionen. Das liegt auch daran, dass es der Regisseur mit der historischen Wahrheit nicht ganz so genau nimmt und diese Abweichungen als künstlerische Freiheit verkauft. So weit, so schlecht. Wenn aber dabei herauskommt, dass Dietrich Bonhoeffer angeblich mit Churchill in Verbindung stand und an Attentatsplänen auf Hitler direkt beteiligt war, sorgt dies für mehr als Stirnenrunzeln.

Bonhoeffer kannte über Hans von Dohnanyi solche Attentatspläne, war aber nicht an deren Umsetzung beteiligt. Im Film wird Bonhoeffer zum Kriegsende von den Nazis hinter einer Scheune auf einem Feld erhängt. Tatsächlich fand die Hinrichtung am 9. April 1945 nackt im Konzentrationslager Flossenbürg statt, wie dies in der Verfilmung des Stoffs mit Ulrich Tukur aus dem Jahr 2000 gezeigt wird, ohne dabei die Würde des Opfers zu verletzen. Der aktuelle Film hat aber auch Stärken darin, wie das Ringen Bonhoeffers mit seinen Entscheidungen und seinem Glauben dargestellt und seine Zweifel und Schwächen vermittelt werden.

Auch wenn einige Details von Bonhoeffers Aufenthalt in den USA erfunden sind, macht der Streifen seine tiefe Betroffenheit über den dort herrschenden Rassismus deutlich. Ein afroamerikanischer Freund hatte ihn nach Harlem in die Kirche mitgenommen und auch später eine gemeinsame Reise in den besonders rassistischen Süden der USA der 1930er-Jahre organisiert. Dass Bonhoeffer in einem Jazzclub gleich am Klavier mit exzellenter Begleitung brilliert, sei dahingestellt. Entscheidend ist für die filmische Verarbeitung, dass Bonhoeffer durch seine Berührung mit dem amerikanischen Rassismus auch gegen die Diskriminierung und Entrechtung der Juden in Deutschland besonders gewappnet war.

Vereinnahmung durch Evangelikale

»Bonhoeffer«, seit 10. März im Kino, Biografie, Drama (Irland, Belgien, 2024), Regie: Todd Komarnicki, mit Jonas Dassler, August Diehl, Moritz Bleibtreu, Nadine Heidenreich, Patrick Mölleken, bonhoefferfilm.de

»Bonhoeffer«, seit 10. März im Kino, Biografie, Drama (Irland, Belgien, 2024), Regie: Todd Komarnicki, mit Jonas Dassler, August Diehl, Moritz Bleibtreu, Nadine Heidenreich, Patrick Mölleken, bonhoefferfilm.de

Der Film »Bonhoeffer« wurde durch christlich-nationalistische Kreise in den USA vereinnahmt. Das war der entstellenden Vermarktung durch die rechtsevangelikale Firma Angel Studios geschuldet. In den USA erschien der Film unter dem Titel »Priester, Spion und Attentäter« mit einem Porträt von Bonhoeffer auf dem Plakat, das ihn mit einer Waffe zeigte. Diese Gewaltinszenierung habe mit dem pazifistischen Denken Bonhoeffers nicht das Geringste zu tun, kritisierten die Nachfahren seiner sieben Geschwister in einem Brief. Auch die Produktionsfirma, Regisseur Komarnicki und die Schauspieler des Films schlossen sich dieser Kritik an. Die Produzenten betonen inzwischen auch auf ihrer Homepage, dass der Film keinerlei Verbindung mit der umstrittenen Bonhoeffer-Biografie von Eric Metaxas habe, die Bonhoeffer mit rechtem und nationalistischem Gedankengut in Zusammenhang bringt. Bonhoeffer stand genau für das Gegenteil – für Freiheit, für Liberalität und gegen Ausgrenzung. Aus seiner christlichen Prägung heraus war er überzeugt, dass alle Menschen gleich sind und wandte sich gegen jeglichen Missbrauch von Macht. Nationalistische Sprüche wie »America first« wären nie über seine Lippen gekommen, wie der Trump-Anhänger Metaxas in seiner Bonhoeffer-Biografie den Theologen verzerrend umdeutet.

Bessere Alternative

Es stellt sich die Frage, warum der Stoff um Bonhoeffer neu verfilmt wurde, zumal die amerikanisch-deutsch-kanadische Verfilmung »Dietrich Bonhoeffer – die letzte Stufe« aus dem Jahr 2000 mit Ulrich Tukur als Bonhoeffer die Latte für eine qualifizierte Verfilmung hoch gelegt hatte. Auf dem Monte-Carlo-TV-Festival gewann dieser Film wie auch auf dem Filmfest München einen Preis. Er war unter intensiver Einbeziehung von Bonhoeffer-Experten entstanden und bringt das Denken, die Theologie und den Glauben Bonhoeffers viel klarer auf die Leinwand als die Neuverfilmung. Die Verfilmung unter der Regie von Eric Till in Kooperation mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg stellt auch deutlicher dar, wie es zum Faschismus gekommen war und wie die ganze Gesellschaft von den Nazis vergiftet wurde.

Bonhoeffer hatte sich in der Bekennenden Kirche mit anderen Pfarrern gegen den Missbrauch des Glaubens durch die deutschen Kirchen gewandt, die sich weitgehend an die Nazis angepasst hatten. Die deutsche Kirche müsse sich auf Gottes Wort allein berufen, nicht auf eines Mannes Wort und insbesondere nicht auf das Wort des Führers, wird von Bonhoeffer im Film mutig von der Kanzel gerufen. Sich gegen die Nazis zu stellen, erforderte Mut. Dabei wird Bonhoeffer aber in der Neuverfilmung mit zu viel Pathos versehen und zu einer Art Heiligenfigur stilisiert. Das ist dem Film durchaus abträglich. Zu Recht hat der Regisseur hingegen seinen Film »eindeutig als antifaschistisch und antinationalistisch« bezeichnet.