Nicht einzelne »Fehltritte«
6. September 2025
Saskia Ludwig: Schnittstelle zwischen Konservatismus und extremer Rechter
Die Abgeordnete der CDU-Bundestagsfraktion Saskia Ludwig steht seit einigen Wochen in der Kritik wegen ihrer aktiven Beteiligung an der Kampagne gegen die Berufung der von der SPD vorgeschlagenen Juristin Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin (siehe Seite 7) sowie der Teilnahme an einer Veranstaltung der rechten ungarischen Denkfabrik »Mathias Corvinus Collegium« (MCC) Anfang August. Ein Blick auf das politische Wirken von Ludwig verdeutlicht, dass es sich hierbei nicht um einzelne »Fehltritte« handelt, sondern Ergebnis einer seit Jahren gewachsenen Nähe zur rechten und verschwörungsideologischen Szene ist (siehe Spalte).
Suche nach Nähe zur AfD und anderen Rechten
Wenig überraschend zeigte sie sich vor der diesjährigen Bundestagswahl offen für eine mögliche Koalition von CDU und AfD. 2016 diskutierte die damalige Brandenburger Landtagsabgeordnete bereits öffentlich mit dem ehemaligen AfD-Politiker und JF-Redakteur Steffen Königer über die Unterbringung von Geflüchteten. Wenige Monate später geriet sie nach einem Doppelinterview mit Alexander Gauland (AfD) in der JF erneut in die Kritik. Dass Ludwig im Rahmen der Veranstaltung des MCC Anfang August 2025 in Budapest auch die Nähe zur aktuellen AfD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Alice Weidel, suchte, erscheint folgerichtig und den Zielen der Denkfabrik angemessen.
Nach Recherchen der Journalistin Annika Brockschmidt war Ludwig Teil eines Panels mit Maximilian Tichy, Autor der rechten Medienplattform Tichys Einblick, sowie Bence Bauer, Direktor des dem MCC angegliederten »Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit«. Zu den Partnerorganisationen des MCC zählen neben der Bibliothek des Konservatismus aus Berlin auch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung.
Bedeutende Schnittstelle
Als Schnittstelle zwischen Konservatismus und extremer Rechter geht es unter anderem darum, die Annäherung von CDU und AfD weiter zu forcieren. An diesem Ziel arbeiten auch diverse andere rechte und verschwörungsideologische Medienportale, denen Ludwig seit Jahren bereitwillig Rede und Antwort steht. Neben der JF war sie Gesprächspartnerin unter anderem bei Tichys Einblick, Nius, AUF1 sowie dem YouTube-Kanal der ehemaligen RT DE-Mitarbeiterin Jasmin Dantas Kosubek.
Ein weiteres Betätigungsfeld von Ludwig ist seit einigen Jahren die Kritik an den staatlichen Coronaschutzmaßnahmen, die sie zwischenzeitlich zu einer gern gesehenen Bündnispartnerin der verschwörungs-ideologischen Szene gemacht hat. Unter dem Titel »Waren die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie angemessen?« organisierte Ludwig im November 2023 eine Podiumsdiskussion im Landhaus Adlon in Potsdam. Eingeladen war neben Klaus-Rüdiger Mai – Autor von Tichys Einblick – unter anderem Silke Schröder. Sie war zu diesem Zeitpunkt noch im Vorstand des Vereins Deutsche Sprache, Kolumnistin des AfD-nahen Blogs Deutschland-Kurier und Moderatorin des Gesprächsformats »Politicum« in dem rechtsoffenen Lokalsender tv.berlin. Das Landhaus selbst erfuhr nur zwei Wochen nach dieser Veranstaltung bundesweite Aufmerksamkeit durch eine Recherche des Netzwerks Correctiv zu einem dort stattgefundenen geheim organisierten Treffen von Neonazis, extrem Rechten und Konservativen. Erneut anwesend war auch Silke Schröder.
Fortschreitende Normalisierung
Weniger geräuschlos verlief eine andere von Ludwig geplante Veranstaltung, die im September 2024 in Beelitz stattfinden sollte. Eingeladen zu dieser war unter anderem der verschwörungs-ideologische Aktivist Ricardo Leppe. Leppe ist selbsternannter »Bildungsexperte«, Anhänger der völkischen und rechtsesoterischen Anastasia-Bewegung und warb wiederholt für die antisemitische Germanische Neue Medizin. Nach anhaltender Kritik wurde Leppe zwar ausgeladen, doch die Nähe zur verschwörungsideologischen Szene sucht Ludwig weiterhin. Im März 2025 war sie Gesprächspartnerin im Radio Berliner Morgenröte von Oliver Schindler.
Im Kino Babylon in Berlin-Mitte nahm Ludwig im Juli dieses Jahres neben mehreren verschwörungsideologischen Aktivist*innen an einer Podiumsdiskussion zur »Aufarbeitung« der Coronapandemie teil. Und auch im Bundestag fällt die eigentlich für den Bereich Wirtschaft und Energie zuständige Politikerin bisher vornehmlich durch die Suche nach Impfnebenwirkungen auf.
Deutlich macht sie damit jedoch vor allem, dass die verschwörungsideologische Szene mit ihren selbsternannten »alternativen Medien« seit der letzten Bundestagswahl nicht nur innerhalb der AfD, sondern auch bei der CDU-Fraktion mindestens ein offenes Ohr findet. Dass Ludwig mit ihren Positionen immer offensiver in die Öffentlichkeit tritt, ist auch als Ergebnis einer fortschreitenden Normalisierung rechter Positionen zu deuten.
Gegen Kritik immunisieren
Bereits 2012 musste Ludwig vom Vorsitz der Brandenburger CDU-Landtagsfraktion zurücktreten, nachdem mehrere Artikel und Interviews von und mit ihr in der extrem rechten Wochenzeitschrift Junge Freiheit (JF) sowie der Preußischen Allgemeinen Zeitung erschienen sind. Schon damals fabulierte sie von »gelenkten Medien« und sieht sich bis heute als Verfechterin der Meinungsfreiheit, die ihrer Ansicht nach eingeschränkt werde. Diese in den letzten Jahren immer wieder verwendete rechte Kommunikationsstrategie dient in erster Linie dazu, sich gegen Kritik zu immunisieren und den Raum des Sagbaren immer weiter zu öffnen. Für Ludwig geht diese Öffnung nur in eine Richtung: nach rechts.