Trump machts vor
9. November 2025
Kriminalisierung der antifaschistischen Bewegung international
Schon mehrfach war zu erleben, dass antifaschistische Aktivisten von staatlichen Organen ihrer jeweiligen Länder verfolgt und – teilweise – mit drakonischen Strafen belegt wurden. Mehrfach hat die antifa über die Verfolgungen der ungarischen Regierung wegen der Auseinandersetzungen zum »Tag der Ehre«, einem internationalen Aufmarsch von Neofaschisten in Budapest, bei dem auch einmal extreme Rechte verletzt wurden, berichtet. Als Vilmos Hanti, Präsident von MEASZ und FIR, wenige Jahre zuvor nach einer antifaschistischen Kundgebung von ungarischen Neofaschisten angegriffen wurde, zeigten sich Polizei und Justiz deutlich untätiger.
Wenn die politisch Herrschenden jedoch versuchen, Linke als »Feindbild« mit Gewalt in Verbindung zu bringen, dann wurde schon mehrfach »die Antifa«, was immer das sein soll, ins Spiel gebracht. Zum ersten Mal vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump, der im Frühjahr 2020 nach dem Tod von George Floyd bei einem Polizeieinsatz auf die weltweiten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt mit der Denunziation derjenigen reagierte, die für Freiheit und Demokratie eintraten.
Willkürliche Verfolgung
Nach dem tödlichen Anschlag auf den Propagandisten der »Make America Great Again«-Kampagne, Charlie Kirk, sah die Trump-Administration eine günstige Gelegenheit, dieses politische Projekt zu reaktivieren. Ohne dass es irgendwelche Hinweise auf die politischen Motive des Täters gibt, verkündete Trump, es handele sich um einen »linken Anschlag«, und kündigte gesetzliche Maßnahmen an. Am 23. September 2025 stufte er tatsächlich »die Antifa« in den USA als Terrororganisation ein. Das Weiße Haus veröffentlichte eine entsprechende Anordnung. Darin wurde »die Antifa« als »militaristische, anarchistische Organisation« bezeichnet, die zum Sturz der US-Regierung, der Strafverfolgungsbehörden und des US-Rechtssystems mit gewaltsamen Mitteln aufrufe. Somit handele es sich um eine »inländische terroristische Organisation«. Gleichzeitig wurde angekündigt, es werde Ermittlungen gegen »die Antifa« und ihre organisatorischen und finanziellen Unterstützer geben. Da auch in den USA allen politisch Verantwortlichen klar ist, dass es »die Antifa« als irgendwie greifbare organisatorische Einheit nicht gibt, meldeten sich bereits zahlreiche kritische Stimmen zu Wort, die befürchten, dass damit für die willkürliche Verfolgung aller Kritiker der Trumpschen Politik ein legales Instrument geschaffen worden sei.
Unmittelbar danach war zu erleben, wie diese Initiative des US-Präsidenten als Blaupause für rechtsgerichtete Regierungen und Politiker in verschiedenen europäischen Staaten diente.
Welle schwappt auf EU über
Der erste war Viktor Orbán, der ebenfalls ein Gesetz zum Verbot der »Antifa« ankündigte. Sein Außenminister Péter Szijjártó forderte die Europäische Union auf, die »Antifa«-Bewegung nach dem Vorbild der US-Regierung als »terroristisch« einzustufen. Dieses »gewalttätige linksextreme Netzwerk« habe »brutale Angriffe in ganz Europa verübt, darunter auch in Budapest«, schrieb Szijjártó in einem per Onlinedienst X veröffentlichten Brief an die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Noch scheiterte der Versuch der ungarischen Abgeordneten, die Immunität der italienischen EU-Abgeordneten Ilaria Salis aufzuheben, die selbst wegen antifaschistischer Aktivitäten in Budapest unter Anklage stand, aber auch dieser Vorstoß geht in die Richtung der Kriminalisierung.
Ende September beschloss das niederländische Parlament mit Mehrheit einen Antrag der PVV von Geert Wilders, die Regierung aufzufordern, dasselbe zu tun – zwei Tage bevor rassistische Gewalt im Zusammenhang mit einer rechten Demonstration in Den Haag über das Land hereinbrach.
In Österreich forderte der sogenannte Sicherheitspolitische Sprecher der FPÖ, der größten Fraktion im Parlament, Gernot Darmann, eine ähnliche Initiative. In Belgien forderte der Vorsitzende der Regierungspartei Mouvement Réformateur (MR), Georges-Louis Bouchez, staatliche Maßnahmen gegen antifaschistische Strukturen. Und auch die AfD nahm diesen Vorschlag dankbar auf. Hatte sie doch schon früher antifaschistische Initiativen oder Zentren für Demokratieförderung denunziert und die Streichung von deren Mitteln betrieben, so möchte sie nun ebenfalls »die Antifa« als »terroristisch« einstufen lassen. Soweit die ersten Reaktionen.
Die extrem rechten Medien und sozialen Netzwerke jubeln über den Vorstoß von Trump. Daher ist sicher, dass weitere rechte Regierungen und Parteien ähnliche Initiativen starten werden.
Tatsächlich handelt es sich um einen politischen Angriff auf alle antifaschistischen Strukturen und Gruppen, nicht nur gegen die sogenannte autonome Antifa. Aus dieser Überlegung entwickelt die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) eine Kampagne, bei der alle Mitgliedsverbände ihre Stimme gegen die Kriminalisierung des Antifaschismus erheben können.
Budapest 2026
Trotz der sich verschärfenden politischen Lage mobilisiert die VVN-BdA auch 2026 zu Protesten gegen den geschichtsrevisionistischen »Marsch der Ehre« am 14. und 15. Februar im ungarischen Budapest. Aufgrund der guten Erfahrungen 2025 wird es wieder eine gemeinsame Anreise mit dem österreichischen KZ-Verband geben. Die Busse starten von Wien aus.
Derweil konnte vor dem Verwaltungsgericht Berlin erstritten werden, dass ein 2023 gegen den Bundesvorsitzenden der VVN-BdA, Florian Gutsche, verhängtes Ausreiseverbot rechtswidrig war. Gutsche war in Berlin daran gehindert worden, in ein Flugzeug nach Budapest zu steigen, da er gegen den Marsch demonstrieren wollte.
Auf Anregung der FIR verabschiedete der außerordentliche Bundeskongress der VVN-BdA Anfang Oktober in Stuttgart einen Initiativantrag, die Kampagne der FIR mit dem Slogan »Antifa ist weder kriminell noch terroristisch – Antifaschismus steht für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Frieden« zu unterstützen.
Ulrich Schneider ist Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR)
























