»Es war mein Leben«

geschrieben von Sabine Kebir

5. September 2013

Zum hundertsten Geburtstag von Elfriede Brüning

Nov.-Dez. 2010

Für die Fertigstellung des noch in Arbeit befindlichen Dokumentarfilms über Elfriede Brüning von Wolfgang Herzberg und Sabine Kebir sind Spenden willkommen

Die am 8. 11. 1910 in Berlin als Tochter eines Tischlers und einer Näherin geborene Elfriede Brüning ist die z. Z. wohl älteste aktive Schriftstellerin Deutschlands. Sechzehnjährig setzte sie die erste Publikation einer Reportage durch, indem sie an einem Schönheitswettbewerb teilnahm und aus der Position der Mädchen berichtete, über die eine glatzköpfige Männerhorde zu richten sich erdreistete.

Als sie 1932 in den Bund Proletarisch-Revolutionärer Schriftsteller eintrat, passten ihre Texte nicht mehr ins bürgerliche Feuilleton, sie schrieb nun für die Münzenberg-Presse. Ihr damals entstandener Debütroman »Kleine Leute« konnte unter Hitler nicht mehr erscheinen, wurde erst 1970 publiziert. Brüning fehlten Verbindungen ins Ausland, um zu emigrieren. Ihre Autorenlaufbahn wurde in der NS-Zeit durch mehrmonatige Haft und den Zwang zur inneren Emigration stark behindert. Zunächst konnte sie noch scheinbar unpolitische Unterhaltungsliteratur publizieren, die jedoch das Frauenbild der Nazis konterkarierte: Die Protagonistinnen kämpften darum, auch in der Ehe berufstätig zu bleiben. »Auf schmalem Land« wurde 2009 wieder publiziert.

Mit den Romanen »Damit du weiterlebst« über die hingerichteten Antifaschisten Hans und Hilde Coppi, deren Sohn im Gefängnis geboren wurde und »Ein Kind für mich allein«, das den Kinderwunsch von Frauen im Nachkriegsdeutschland behandelte, die keinen Ehemann finden konnten, schuf sich Brüning ein großes Lesepublikum. Ein Longseller wurde auch der Roman »Regine Haberkorn«, mit dem sie 1955 dem prüden Menschenbild der frühen DDR widersprach. Es folgten noch zwei Dutzend Bucherfolge, in deren Mittelpunkt stets die Probleme der arbeitenden Frauen mit Lebenspartnern oder Kindern standen. Deutlich übte sie Kritik an patriarchalischen Verhältnissen auch in der DDR. Deshalb wurde sie trotz ihrer Popularität von der Kulturbürokratie nicht besonders herausgestellt. Weil sie sich auch in ihren fiktionalen Werken von ihrer Reporterhaltung und eigenem Erleben leiten ließ, waren sie weniger ideologisch geprägt als andere.

Seit 1989 hat Elfriede Brüning elf Bücher publiziert, darunter auch Nachauflagen. 1994 erschien ihre Autobiographie »Und außerdem war es mein Leben«, die 1998 auch bei dtv herauskam. Das Dortmunder Fritz-Hüser-Institut hat ihren Vorlass erworben. Sie absolviert noch immer gerne Lesungen.