Kann sein, dass es dauert
22. Januar 2015
Nach 32 Jahren: Neuaufnahme der Oktoberfestanschlag-Ermittlungen
»Neue ‚tragfähige Anlässe‘?« fragten wir hier vor einigen Monaten, bezogen auf ein Schreiben des Generalbundesanwalts an die VVN-BdA zu deren Bundeskongress-Forderung nach Wiederaufnahme der Oktoberfestanschlag-Ermittlungen. Noch Ende Juli schien diesem ein solcher Anlass nicht gegeben. Allerdings werde Karlsruhe »auch weiterhin alle Erfolg versprechenden Erkenntnisquellen ausschöpfen und mögliche neue Ansatzpunkte sorgfältig prüfen.«
Da scheint nun doch, schneller als von den meisten in dieser Sache Engagierten erwartet, etwas vorangekommen zu sein. »Der Generalbundesanwalt«, meldeten die Medien Mitte Dezember, »nimmt 34 Jahre nach dem Anschlag auf das Münchner Oktoberfest die Ermittlungen offiziell wieder auf.«
Vor 32 Jahren waren diese eingestellt worden. Der als Bombenleger ermittelte, beim Attentat selbst getötete Student Gundolf Köhler war, trotz nachgewiesener Verbindungen zu extrem rechten Szenen, von Ermittlern und Behörden zum »Einzeltäter« ernannt worden. Auslöser für den Bombenanschlag, der 13 Menschen den Tod brachte und über 200 Verletzte forderte, seien persönliche Frustrationen Köhlers gewesen.
Von Anfang an gab es berechtigte Zweifel: Parallelen etwa zu ähnlichen Massenmord-Anschlägen von Neofaschisten in Italien (inklusive Versuchen, für solche Attentate »linke« Urheber zu erfinden). Oder Aussagen von Augenzeugen, die kurz vor dem Anschlag Köhler mit anderen Männern im Gespräch am Rande des Oktoberfestes gesehen haben wollten, Statements von Bekannten, die dem offiziellen Bild vom lebensmüden Selbstmordattentäter heftig widersprachen und manches mehr.
Je widersprüchlicher solche Erkenntnisse, so schien es, desto rigoroser wurde am »Einzeltäter« festgehalten. Bis hin zur rapiden Einstellung der Ermittlungen. In den darauf folgenden Jahrzehnten verstarben wichtige Zeugen, deren Aussagen ignoriert worden waren, wurden in großer Zahl Asservate vernichtet, die zur weiteren Aufklärung hätten beitragen können, ließ man beim Anschlag Verletzte, Hinterbliebene, ihren Anwalt und publizistisch Recherchierende ins Leere laufen (antifa hat darüber oft berichtet).
Es waren unter anderem bisher geheime Akten des Bayerischen Landeskriminalamtes die Opferanwalt Werner Dietrich in Sachen Wiederaufnahme erneut aktiv werden ließen. Eben dieses Amt soll nun, so will es Karlsruhe, Weiteres in die Hand nehmen. Die Süddeutsche Zeitung erwähnte bereits einen Sprecher des Amtes, der »überzeugt« sei, »dass die Ermittlungen seiner Behörde zum Oktoberfestattentat Jahre in Anspruch nehmen werden«. Auf ein Neues also?