Den Humanismus verteidigen
13. September 2016
Was die Erinnerung an die Internationalen Brigaden in Polen heute bedeutet
Die Initiative »Hände weg von der Dąbrow-szczaków Straße« wurde im Juni 2015 gegründet, als Antwort auf Medien-Berichterstattung über die Pläne, eine Straße in Warschau umzubenennen, welche die polnischen Freiwillige der Internationalen Brigaden ehrt. Das Auslöschen der Erinnerung an die polnischen Freiheitsfreiwilligen aus dem öffentlichen Raum gehört zu einem umfassenderen Prozess, der sogenannten Entkommunisierung, welche theoretisch darauf zielt, Namen, die aus der Volksrepublik Polen und dem »realen Sozialismus« stammen, zu entfernen. Doch in der Praxis geht es darum, alle Namen, die mit der ganzen Geschichte der Linken seit dem 19. Jahrhundert verbunden sind, zu liquidieren. Die Politik der Entkommunisierung ist also ein Werkzeug der rechten polnischen Politiker zur revisionistischen Verfälschung der Geschichte. Die polnische Linke hat es bisher vermieden, sich für eine Politik der Erinnerung zu engagieren – und hat damit den Rechten den Weg geöffnet. Als Resultat entstehen zurzeit bei einem riesigen Teil der polnischen Jugend Ansichten über die Gesellschaft, die stark rechtsgerichtet und radikal vereinfacht sind und auf Ressentiments basieren. Unserer Meinung nach dient eine solche Sicht auf die Vergangenheit der weiteren Verstärkung von ausländerfeindlichen, rassistischen und faschistischen Ansichten unter der jüngeren Generation in Polen.
Konfrontiert mit dieser Realität kamen wir zu dem festen Entschluss, die Erinnerung an die polnischen Interbrigaden zu verteidigen. Wir wussten, wenn wir uns nicht organisieren, würden die Reaktionen auf die Entfernung der Straßennamen zu kaum mehr führen als einigen bösen Worten im Internet oder vielleicht in der Presse. Wenige Tage nachdem das Thema in den Medien erschien, bildeten wir also die informelle Initiativgruppe »Hands off…«. Unsere erste Aktion war die Formulierung einer Petition, die dann von mehreren Tausend Menschen unterschrieben wurde. Dann fanden wir Kontakt mit ausländischen Organisationen, welche die Inter-brigaden weiterhin ehren. Wir sprachen vor bei Sitzungen des Warschauer Komitees zur städtischen Namensgebung, das verantwortlich dafür ist, ob der Name Dąbrowszczaków Straße bleibt oder entfernt wird. Es ist uns auch gelungen, in den Medien eine breitere Aufmerksamkeit zu erreichen. Unsere Aktionen wurden der spanischen Organisation »Asociación de Amigos de las Brigadas Internacionales« (AABI) bekannt, und so wurden wir zur Feier am Jahrestag der Jarama-Schlacht eingeladen, einer Feier, die dem Dąbrowski Bataillon gewidmet wurde. Das war für uns ein außerordentliches Erlebnis. Als wir erfuhren, wie viele Menschen in und außerhalb Spaniens in die Bewahrung dieser Traditionen involviert sind und die Gelegenheit bekamen, etliche Aktivisten kennenzulernen, beschlossen wir, zum ersten Mal seit Jahrzehnten in Warschau eine Reihe von Events zu organisieren, um an die Männer und Frauen zu erinnern, die vor 80 Jahren nach Spanien zogen, um den Faschismus zu bekämpfen. Am 16. und 17. Juli führten wir eine Erinnerungsfeier dort durch, wo das Denkmal für die polnischen Freiwilligen liegt, daran schloss sich eine künstlerische Veranstaltung an, die Schicksale der Dąbrowski Brigade vorstellte, verbunden mit Liedern und Gedichten über sie. Am zweiten Tag folgte eine Debatte über die Entkommunisierungspolitik und die Politik der Erinnerung. Beide Events wurden von mehreren Dutzend Menschen besucht, eine beträchtliche Zahl angesichts der heutigen Umstände. Es kamen Familien von Freiwilligen der XIII. Internationalen Brigade, Vertreter von spanischen und deutschen Organisationen, welche die Erinnerung an die Freiheitkämpfer pflegen, und Mitglieder verschiedener linker polnischer Organisationen. Die Ereignisse waren auch ein Zeichen des Protests gegen die anhaltende Drohung, den Namen der Dąbrowszczaków Straße zu entfernen. Um effizienter bei der Verteidigung des Gedenkens an die polnischen Antifaschisten in Spanien zu werden, und um das Wissen über sie zu vermehren, planen wir jetzt, eine Gesellschaft zu bilden, die jenen ähnelt, die in verschiedenen europäischen Ländern bestehen. Wir können gar nicht genug betonen, dass unser Gedenken an die Internationalen Brigaden nicht nur wegen der Geschichte des Antifaschismus und der Linken wichtig ist, sondern weil es auch ein lebendiges Zeugnis der internationalen Solidarität liefert, die in der Lage ist, Rassismus, Xenophobie und wirtschaftlicher Gewalt zu widerstehen; alles Tendenzen, mit denen wir in ganz Europa zunehmend konfrontiert werden. Der Plan, den Namen der Straße zu entfernen, die an die polnischen Freiheits-Freiwilligen erinnert, stellt mehr als einen Angriff auf deren Erinnerung dar; er ist ein Angriff auf die Werte und Ideen, welche sie vor 80 Jahren motivierten. Werte, die uns teuer sind und die wir auch heute noch für äußerst relevant halten. Durch die Erinnerung an die Vergangenheit kämpfen wir um die Zukunft! Aus dem Englischen übersetzt von Victor Grossmann