Nazi-Bauschrott aufgehübscht
15. November 2016
Einstige Mörderschule ist nun ein Touristenzentrum
In der Eifel oberhalb der Urfttalsperre sind die Umbauarbeiten der ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang abgeschlossen. Am 11.September hat die Betreibergesellschaft »Vogelsang IP«(Internationaler Platz) damit die lange angekündigte Ausstellung über die ehemalige »NS-Ordensburg Vogelsang« in der Eifel eröffnet. Unter der Überschrift »Bestimmung: Herrenmensch. NS-Ordensburgen zwischen Faszination und Verbrechen« wollen sich die Betreiber auf 750 Quadratmetern an den unterschiedlichsten Aspekten der NS-Ordensburgen abgearbeitet haben. Untersucht wurden Anspruch und Wirklichkeit des elitären NS-Schulsystems und was aus den Schülern geworden ist, von denen viele später in den Verwaltungen der von den Nazis besetzten Länder eingesetzt wurden und z.B. als Gebietskommissare für die Ermordung zigtausender Menschen verantwortlich waren.
Der Umbau kostete ca. 45 Millionen Euro, ein Großteil dieses Geldes entstammt Fördertöpfen der EU. Mit dem Argument, Arbeitsplätze zu schaffen, wurde die unterentwickelte Eifelregion gekauft, dem Projekt Vogelsang zuzustimmen. Entstanden ist das »Forum Vogelsang IP«, von dem die Betreiber erhoffen, einen »touristischen und bildungspolitischen Leuchtturm der Region« erschaffen zu haben.
Neben »Bestimmung: Herrenmensch« wurde eine weitere Dauerausstellung eröffnet: »Wildnis(t)räume« für die Natur des Nationalpark Eifel. Daneben wurde in den letzten Jahren bereits eine »Akademie Vogelsang IP« gegründet, die Geländeführungen und ein breites Bildungsprogramm für Jugendliche und Erwachsene bereithalt.
Auf der offiziellen Eröffnungsfeier am 11. September 2016 sprach die NRW-Familienministerin Christina Kampmann vom größten Konversionsprojekt seit 25 Jahren, weil die Anlage zuvor sechs Jahrzehnte militärisch genutzt worden war. An die Konversion durch die Nazis wurde nicht erinnert, denn das Gelände gehörte bis 1933 den freien Gewerkschaften. Das Ministerium wolle ausreichend Mittel im Rahmen der Grundförderung für NS-Erinnerungsorte bereitstellen, um Vogelsang als Lernort für Demokratie und Verantwortung zu etablieren und Menschenfeindlichkeit zu begegnen. Für den Bundesbeauftragten für Kultur und Medien ergriff Dr. Günter Winands das Wort. Im Rahmen der neuen Gedenkstättenkonzeption der Bundesregierung wurde und wird Vogelsang als Erinnerungsort von Tätern gefördert, um anhand von Täterbiographien aufzeigen zu können, wie Menschen Teil der Tötungsmaschinerie der Nazis wurden. Er sprach von einem Spannungsverhältnis »Faszination und Verbrechen«, das in Vogelsang thematisch und aufklärerisch aufgegriffen werde.
Ausstellung »Bestimmung: Herrenmensch«
Die zentrale Ausstellung »Bestimmung: Herrenmensch. NS-Ordensburgen zwischen Faszination und Verbrechen« stellt die Geschichte Vogelsangs und das Leben der NSDAP-Ordensjunker in hunderten Dokumenten dar. Eindrucksvoll vermittelt wird der Versuch der NSDAP, Führer für den Führerstaat heranzubilden und diese vollends rassistischer Ideologie, dem Führerprinzip und dem Anspruch des arischen Herrenmenschen zu unterwerfen. Die Ausstellung wirft in gelungener Weise einen Blick auf die Täter von Vogelsang, die Ordensburgschüler inbegriffen. Insoweit kann die Ausstellung auch als Lernort einen Beitrag gegen Menschenfeindlichkeit leisten. Abzuwarten ist, ob auch Nazis sich dort angezogen fühlen.
Ausstellung »Wildnis(t)räume«
Die Nationalpark-Ausstellung »Wildnis(t)räume« ist ebenfalls in dem Besucherzentrum untergebracht, das über den alten »Adlerhof« betreten wird und in die unteren Geschosse der Burganlage führt. In einer großartigen Ausstellung wird den Besuchern die Natur (nicht nur) des Nationalparks Eifel nahe gebracht. Es ist ein emotionales Erlebnis, in den Ausstellungsräumen die reiche Vielfalt der Natur sehen, hören und sogar riechen zu können. Besonders jene, die den Nationalpark Nordeifel als Erholungsgebiet mit wunderbaren Wanderwegen zu genießen wissen, werden diese Ausstellung schätzen. Aber einen Grund, diese Ausstellung in NS-Gemäuer unterzubringen, wussten die Ausstellungsmacher nicht zu nennen. Außer einem – Geld. Die Fördermittel, die diese Ausstellung ermöglicht hatten, waren gebunden an die NS-Ordensburg.
Ist der Nazicharakter gebrochen?
Es gab bei einigen Verantwortlichen das Ziel, der Anlage mit dem Umbau eine »neue Identität« zu geben. Die Ausstellung »Bestimmung: Herrenmensch« leistet tatsächlich einen Beitrag zur Mahnung zu Demokratie und Toleranz. Die Frage ist dennoch, ist das Ziel, den Nazi-Charakter der Burg und seiner Bestandteil zu brechen, erreicht? Die Zweifel sind stark, denn der Umbau der NS-Ordensburg hat die alte Anlage vollends erhalten, ihre architektonische Anlage wurde nicht gebrochen, im Gegenteil, der neue Eingang ins Besucherzentrum ist eine optische Aufwertung der im Kern unberührten, im Detail aber aufwendig sanierten NS-Anlage.