Zurück zum Heldengedenken
15. Dezember 2016
Zum Streit im Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge (VDK)
Im September 2016 wäre es im VDK beinahe zu dem öffentlichen Eklat gekommen, dass der 2013 gewählte Präsident Markus Meckel, damals von der Bundesregierung als »Vorzeige-Ossi« für diese Position vorgeschlagen, von der Bundesversammlung vorzeitig aus dem Amt entlassen worden wäre.
Um diesen Konflikt zu verstehen, ist ein Blick in die Historie dieses Verbandes sinnvoll. Gegründet im Dezember 1919 wollte die Organisation – im Sinne der »Dolchstoß«-Ideologie – die Gräber der deutschen Helden im Ausland betreuen, da man von der »Weimarer Koalition« solche Initiativen nicht erwartete. Folgerichtig verstand sich der Verband als Teil der militaristischen Traditionspflege und ordnete sich 1933 problemlos in das faschistische System ein. Zwar wurde die Betreuung der Soldatenfriedhöfe nun dem »Gräberdienst der Wehrmacht« übertragen, aber die ehemaligen Funktionäre des »Volksbundes« fanden sich im System wieder.
Als vorgeblich »humanitäre Organisation« übernahm der VDK ab 1954 im Auftrag der Bundesregierung die Sicherung und Betreuung der deutschen Soldatengräber. Mitte der 60er Jahre begannen die ersten Einsätze mit Jugendlichen, die in Workcamps bei der Pflege von Grabstätten halfen. Formuliertes Ziel war die »Versöhnung über den Gräbern«, was zuerst in den westeuropäischen Ländern praktiziert wurde und – seit den 80er Jahren – zunehmend auch gegenüber den osteuropäischen Staaten.
Die gesellschaftliche Akzeptanz und die Finanzierung der Arbeit basierten auf zwei Säulen. Zum einen waren es Spenden von »Freunden« der Arbeit, in der Regel Angehörige der Kriegsgeneration, die eine würdevolle Grabstätte für die eigenen Familienmitglieder wünschen, zum anderen sind es öffentliche Gelder für die Betreuung der Kriegsgräberanlagen, da diese Toten ein dauerhaftes Liegerecht haben. Mit dem biologischen Verschwinden von großen Teilen der Kriegsgeneration geriet auch der Volksbund in einen zunehmenden Legitimationsdruck und – ganz unmittelbar – eine finanzielle Schieflage. Solange man sich noch mit Umbettungen und der Sicherung von Grabanlagen beschäftigen konnte, gab es genügend finanzielle Mittel und keinen »Handlungsdruck«. Man beging den »Volkstrauertag« zusammen mit der Bundeswehr und anderen Honoratioren, man führte einige – medial gut präsentierte – Jugendcamps durch und glaubte sich damit gut aufgestellt.
Im Herbst 2013 wurde Markus Meckel von der Bundesversammlung mit überwältigender Mehrheit zum Präsidenten gewählt und man erwartete von dieser Personalie eine erhöhte Akzeptanz auch in den östlichen Bundesländern, wo zwar große Friedhofsanlagen bestanden, der VDK selbst aber als äußerst reaktionär angesehen wurde. Und Markus Meckel versuchte tatsächlich, diesem Anspruch zu genügen, indem er einerseits den politischen »Grüß-August« gab, andererseits aber auch versuchte, einen internen Reformkurs auf den Weg zu bringen, der den VDK für neue Aufgaben »zukunftsfähig« machen sollte.
Dazu gehörte beispielsweise, dass er dem VDK ein neues »Leitbild« verpassen wollte, bei dem der Zweite Weltkrieg von deutscher Seite als »Angriffs- und Vernichtungskrieg« bezeichnet wurde und in dem Appell »Völkermord verjährt nicht« selbst die Übernahme einer »historischen Verantwortung für den Völkermord im damaligen ›Deutsch-Südwestafrika‹« formuliert wurde. Zudem versuchte Meckel, sich in aktuelle militärische Konflikte mit einem Statement des VDK einzubringen.
Mit solchen politischen Zeichensetzungen ging Meckel der reaktionären Mehrheit in den Landesverbänden eindeutig zu weit. Statt sich mit seinen Thesen inhaltlich auseinanderzusetzen, wurde – wie selbst die »Junge Freiheit« eingestehen musste – mit Intrigen und politischen Behinderungen der Arbeit des Präsidenten eine Stimmung geschaffen, vor deren Hintergrund Meckel im September 2016, noch vor Beginn der Bundesversammlung, seinen Rücktritt erklärte. In wie weit sein in den Medien thematisierter autoritärer Führungsstil diesen Konflikt verstärkt hatte, ist dabei unerheblich.
Ersetzt wurde Meckel auf der Göttinger Bundesversammlung durch den ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhan, der dazu aufrief, »die aufgetretenen Gegensätze innerhalb des Volksbundes wieder zu vereinen«. Konsequenterweise wird nun auf der Homepage auch wieder für den »21. Ostpreußentag« in Neubrandenburg geworben. Und die Generalsekretärin Daniela Schily, die selber gegen Meckel intrigiert hatte, zeigte schon im August 2016, welche politische Richtung ihr vorschwebt. Sie besuchte mit Kriegsministerin Ursula von der Leyen den Soldatenfriedhof in Halbe. Dort erklärte die Ministerin: »Halbe sei angesichts der aktuellen Kriege in der Welt ein wichtiger Ort der Ermahnung.« Was in ihrer der Ansprache und der Pressemitteilung des VDK völlig fehlt, ist jeglicher Hinweis auf das verbrecherische faschistische Regime, das auch an dieser Stelle den »Endsieg« erkämpfen wollte.