Maaßen als Prinzip
24. Februar 2019
Sein Abgang ändert nichts am Wesen des Geheimdienstes
Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen war von seinem Innenminister nicht mehr zu halten, oder in eine andere Führungsposition zu transportieren, nachdem er zusätzlich zu seiner Leugnung und Verharmlosung neonazischer Gewalttaten noch die Regierung angriff und »linksradikale Kräfte in der SPD« verortete, die hinter den Vorstößen auf seine Person und Funktion stünden.
Doch Maaßen war mit seinen Ansichten und seinem Verhalten, zu dem auch seine Kontakte zu AfD-Führungspersonen gehören, nicht nur der Chef des Verfassungsschutzes auf Bundesebene, sondern vielmehr dessen Abbild und Ausdruck. Er war kein Fremdkörper, keine Ausnahme-Erscheinung, sondern durchaus repräsentativ für den Inlandsgeheimdienst. Maaßens Verhalten entsprach voll und ganz dem Denken und Handeln seiner Institution.
Das beginnt bereits mit der Herkunft und dem Charakter des Inlandsgeheimdienstes. An der Wiege und in der Führung des Bundesamtes für Verfassungsschutz standen alte Kräfte aus dem Nazi-Apparat aus SS und Gestapo. Das beschreibt Peter Carstens in der FAZ bereits im Juli 2011 treffend mit der Feststellung: »Für viele SS-Offiziere und Gestapo-Leute war die Gründung der Bundesrepublik eine glückliche Phase des Wiedereinstiegs in alte Berufe«. Und »…auch beim Bundesamt für Verfassungsschutz prägten alte Kameraden von Wehrmacht und SS in den ersten 20 Jahren den Arbeitsstil, bestimmten die Ausbildung, hielten ungerührt Elemente der NS-Ideologie in Ehren.«
Ideologie und Strategie des Amtes wurden beherrscht vom Antikommunismus, der bereits eine wesentliche Grundlage der Naziherrschaft war. Selbstverständlich also, dass von Anfang an alles Linke im Fokus dieses Geheimdienstes stand. Der Feind stand und steht links. Für rechte Ideologie und rechtes Handeln bestand und besteht dagegen ein gewisses Verständnis, wenn nicht sogar eine Affinität. Diese Einstellung spiegelte das Verhalten von Maaßen.
Nach Maaßens Abgang stellte Jörg Köpke in der »Frankfurter Rundschau« mit Recht fest: »Er geht – seine Thesen bleiben«. Maaßen habe schließlich »starke Verbündete in den deutschen Geheimdiensten«. Der Autor verweist dabei auf BND-Chef Gerhard Schindler und dessen Nachfolger Bruno Kahl sowie auf den Präsidenten der Bundespolizei, Dieter Romann. Neben der »Unterstützung für Maaßens Thesen«, registriert die FR schließlich, »dass Sympathien für rechtes Gedankengut tief verwurzelt sind im deutschen Sicherheitsapparat« (FR 6.11.18).
Bestätigt wird das aktuell nicht nur von den kürzlich bekanntgewordenen neonazistischen Affinitäten in hessischen Polizeikreisen. Dazu gehört auch die Tatsache, dass AfD-Funktionäre mitten im Verfassungsschutz tätig sind.
Wenn der ehemalige Stellvertreter Maaßens und heutige Präsident des Verfassungsschutz-Bundesamtes, Thomas Haldenwang, nunmehr verkündet, dass dem Rechtsextremismus mehr Gewicht beizumessen sei und die Zahl der Mitarbeiter der entsprechenden Abteilung deshalb um 50 Prozent aufgestockt werde, dann ist das auch das Eingeständnis, dass dem Rechtsextremismus – trotz dessen Zunahme seit Jahren – wenig Bedeutung beigemessen wurde. Dafür gibt es reichlich Belege, nicht nur im Fall des NSU.
Und schließlich sind Ankündigungen und Absichtserklärungen längst noch keine realen Maßnahmen. Noch viel wichtiger: Verändert werden müsste nicht die personelle Ausstattung, sondern grundlegend die inhaltliche Ausrichtung des Dienstes. Doch das ist aufgrund der Geschichte und der Praxis eben dieses Geheimdienstes nicht zu erwarten.
Im Gegenteil. Da gibt es zum Beispiel den nord-rhein-westfälischen Innenminister Herbert Beul (CDU), der nunmehr lauthals verkündet, dass jetzt »gegen den Linksextremismus verstärkt vorgegangen« werden müsse. Und der mit dem Verfassungsschutz liierte »Extremismusforscher« Hans-Gerd Jaschke zieht sogar Parallelen zur RAF, die es bei der »Bekämpfung des Linksextremismus« zu beachten gelte. Höchste Gefahr von links also. Die alte Leier. Keine Änderung.
Antifaschismus ist eine Grundlage der Demokratie, die Grundvoraussetzung demokratischer Verhältnisse und deren Sicherung. Wenn jedoch Antifaschismus, wie das durch den Verfassungsschutz geschieht, als »Extremismus« deklariert und behandelt wird, dann wird damit die Demokratie gefährdet und schließlich auch das Grundgesetz in Frage gestellt. Diese Praktiken machen den Verfassungsschutz selbst zum Verfassungsfeind.
Der sicherste Beitrag zum Schutz der Verfassung und der darin verankerten Rechte und Freiheiten ist eine demokratisch aktive Zivilgesellschaft – und auf staatlicher Ebene ein konsequentes Vorgehen gegen jede Art von Rechtsextremismus, wie auch gegen dessen Quellen und Förderer. Dazu bedarf es keines fragwürdigen Geheimdienstes, sondern eher einer demokratisch strukturierten und transparent arbeitenden Einrichtung etwa in der Art eines wissenschaftlichen Instituts zur Erforschung und Auswertung der entsprechenden Vorgänge, Erscheinungen und Entwicklungen. Das wäre angebracht.