Vielen ein Überlebenshelfer
7. April 2019
Erinnerung an den Buchenwald-»Lagerätesten« Hans Eiden
In Darstellungen zur Selbstbefreiung des KZ Buchenwald wird immer wieder die Ansprache des LA I ,Hans Eiden, vom 11. April 1945 zitiert: »Kameraden wir sind frei!« Aber wer sich in der Literatur über seine Biographie informieren will, findet wenig.
Wer war dieser kommunistische Buchenwald-Häftling, dem aufgrund seiner Funktion als Lagerältester (LA) im KZ Buchenwald viele Häftlinge ihr Überleben verdankten?
Hans Eiden wurde am 24. November 1901 in -Trier geboren. Als Sohn eines Reichsbahnarbeiters konnte er dort Dreher lernen und bekam eine Anstellung bei der Deutschen Reichsbahn. Er wurde Mitglied der Gewerkschaft und interessierte sich politisch. Als er 1929 entlassen wurde, schloss er sich der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an und arbeitete im Erwerbslosenausschuss mit. Aufgrund seiner Erfahrung mit dem Aufstieg der NSDAP engagierte er sich 1932 im »Kampfbund gegen den Faschismus« als Stützpunktleiter in Trier-Nord.
Nachdem er im Februar 1933 in Luxemburg bei einer antifaschistischen Kundgebung beobachtet wurde, wurde er am 1. März 1933 von den Nazis für gut 10 Wochen in »Schutzhaft« genommen. Aus der Haft entlassen, nahm er wieder Kontakt zu seinen Genossen auf und organisierte Solidarität mit den Familien der politisch Verfolgten. Im April 1936 erneut verhaftet, wurde er in einem Prozess vor dem OLG Hamm im Dezember 1936 wegen »Hochverrat« zu drei Jahren Zuchthaus-Haft verurteilt, die er bis Mai 1939 im Zuchthaus Siegburg verbüßte.
Seine Freilassung konnte er nur kurz genießen. Drei Monate später, im Zusammenhang mit dem Überfall auf Polen, wurde er wieder in »Schutzhaft« genommen und am 16. September 1939 in das KZ Buchenwald eingeliefert (Häftlingsnummer 6222). Fünfeinhalb Jahre war er dort inhaftiert.
Mit Hilfe der Genossen kam er in das Kommando »Häftlingsbekleidungskammer«, wo er für die illegale Widerstandsorganisation arbeitete. Im Zuge der Auseinandersetzung zwischen den grünen und roten Winkelträgern um die Häftlingsfunktionsstellen, wurde er im März 1942 denunziert und kam in eine Strafkompanie. Er überstand sie und wurde im Juni 1943 zum LA II ernannt. In dieser Funktion war er für den Lagerschutz zuständig – für das illegale Lagerkomitee war er damit verantwortlich für den Schutz vor Verrätern und Spitzeln.
In dieser Aufgabe hat er ein solch hohes Ansehen erworben, dass das ILK ihn in die Funktion des LA I bringen konnte, die er von November 1944 bis zum Tag der Selbstbefreiung ausfüllte. Hier trat er für die Verbesserung der Lebensumstände der Häftlinge ein. Viele Häftlinge verdankten seinem mutigen Einsatz ihr Leben. Unter Einsatz seines eigenen Lebens behinderte er mehrfach die geplanten Todesmärsche.
In den Überlieferungen zum 11. April 1945 wird berichtet, dass er bei dem Sturmtrupp war, der das Haupttor geöffnet hat und allen Häftlingen verkünden konnte: »Kameraden, wir sind frei!« Das Internationale Lagerkomitee ernannte ihn zum Lagerkommandanten. Eine seiner ersten Anordnungen war es, persönliche Rache an den gefangengenommenen KZ-Aufsehern mit den Worten »diese Verbrecher gehören vor ein Gericht der Völker« zu verhindern.
Ende Mai 1945 kehrte er nach Trier zurück. Obwohl er durch die Haftzeit schwer gezeichnet war, gab es für ihn keine Pause. Zurückgekehrt engagiert er sich für den antifaschistisch-demokratischen Neubeginn. Als Repräsentant der KPD stellte er sich bei allen anstehenden Wahlen zur Verfügung. Der Grund war sicherlich auch seine große Popularität, die er im Sinne der KPD einsetzte. So erzielte er ein Mandat für das Trierer Gemeindeparlament und im Mai 1947 für den ersten rheinland-pfälzischen Landtag. Er leitete dort bis zur Niederlegung seines Mandats aus gesundheitlichen Gründen im Juni 1948 den Petitionsausschuss.
Sein zentrales Anliegen aber war die politische Arbeit im Sinne der Verfolgten. So gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der »Vereinigung der politischen Opfer des Faschismus«, aus der 1947 die VVN hervorging. Mehrfach sprach er in dieser Funktion bei Gedenkveranstaltungen. Für die Erinnerungsarbeit leistete er im Herbst 1946 einen wichtigen Beitrag mit dem Tatsachenbericht »Das war Buchenwald«. Auch wenn ihm keine historischen Dokumente zur Verfügung standen, liefert dieser Band bereits eine substanzielle Aufklärung über den Lageralltag, aber auch den Überlebenswillen, der in der Selbstbefreiung am 11. April 1945 mündete. Es war einer der ersten Tatsachenberichte über das KZ Buchenwald in den Westzonen. Im September 1948 sprach er noch einmal auf der Gedenkfeier der VVN in Trier. Es war sein letzter großer Auftritt vor seinem Tod am 6. Dezember 1950.