Aufklärung gefordert

geschrieben von Claudia v. Gélieu

16. Oktober 2019

Rechter Terror in Berlin – Untersuchungsausschuss jetzt!

Seit Jahren überzieht eine Welle rechten Terrors den Berliner Bezirk Neukölln. Obwohl der potenzielle Täterkreis bekannt ist, gibt es bis heute keine Ermittlungserfolge. Warum das so ist, wollen die Betroffenen nun durch einen Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhaus untersuchen lassen. Dafür haben sie eine Unterschriftenaktion gestartet.

Immer, wenn rechte Gewalttaten bekannt werden, gibt es Betroffenheitserklärungen von Politikern. So war es 2011 beim NSU und zuletzt beim Mord an Lübcke in Hessen. Auch die Betroffenen rechter Anschläge in Berlin-Neukölln erleben das seit Jahren.

Und was passiert danach? Ändert sich der Umgang mit rechter Gewalt und Terror? Alles, was in Berlin bisher unternommen wurde, geschah auf öffentlichen Druck von Betroffenen, Initiativen und Bündnissen gegen Rechts, nach Recherchen und Veröffentlichung von Medien.

Das gilt auch für die jüngsten politischen Ankündigungen. Nachdem die Forderung nach dem Untersuchungsausschuss bekannt wurde und der Parteitag der Linken ihre Unterstützung beschlossen hat, will der Berliner Innensenator die Ermittlungsarbeit durch eine interne Sonderkommission und die Fraktion der Grünen die Polizei auf rechte Strukturen überprüfen lassen. Abgeordnete der rot-rot-grünen Regierungskoalition speisen die Betroffen des rechten Terrors mit angeblicher Arbeitsüberlastung ab.

2017 wurde das Auto der Autorin vor ihrem Wohnhaus angezündet. Auch die Galerie Olga Benario, in der sie aktiv ist, war von rechten Anschlägen betroffen.

2017 wurde das Auto der Autorin vor ihrem Wohnhaus angezündet. Auch die Galerie Olga Benario, in der sie aktiv ist, war von rechten Anschlägen betroffen.

Das ist ein politischer Skandal! Der rechte Terror bedroht Demokratie und zivilgesellschaftliches Engagement. Deshalb müssen die Versäumnisse der Behörden und die Vorkommnisse in den Behörden vom obersten demokratischen Organ, dem Parlament, aufgeklärt und politische Konsequenzen gezogen werden.

Die rechten Terrorangriffe in Berlin-Neukölln richten sich gegen politisch, gewerkschaftlich und antifaschistisch Engagierte. Seit Jahren sind sie Morddrohungen per Telefon und an ihren privaten Wohnadressen, Anschlägen auf Projekte und private PKWs ausgesetzt. 2012 wurde der 22-jährige Burak Bektas im Ortsteil Britz ermordet. Nur glückliche Umstände haben bisher weitere Personenschäden und Todesopfer verhindert. Auch die gewaltsame Entwendung von 16 Stolpersteinen in Neukölln-Britz, kurz vor dem 9. November 2017, gehört zu dieser Terrorserie. Hinweisen auf das Umfeld des NSU, wie im Fall der beiden Brandanschläge 2011 auf das Anton-Schmaus-Haus der Neuköllner Falken, sind die Ermittler bis heute ebenso wenig nachgegangen, wie den Verstrickungen Berliner V-Leute in den NSU-Komplex. Die Berliner VVN-BDA fordert deshalb schon seit längerem auch in Berlin einen Untersuchungsausschuss zum NSU.

Beim Mord an Burak Bektas ging die Polizei wie beim NSU von einem »milieubedingten« Mord aus und vernachlässigte andere Spuren und Hinweise. Diesen wurde auch in vielen anderen Fällen nur unzureichend nachgegangen. Polizeireviere reagieren immer noch unangemessen bei der Anzeige rechter Taten. Personen, die nach Kenntnis des Verfassungsschutzes von Nazis beschattet wurden, wurden über die ihnen drohende Gefahr nicht informiert. Von Morddrohungen sind auch Menschen betroffen, deren Daten im Melderegister gesperrt wurden.

Infos über rechte Vorfälle in der Berliner Polizei häufen sich. Ein Beamter hat Daten von Linken weitergeleitet, ein anderer Drohbriefe an linke Aktivist*innen verschickt, ein dritter E-Mails mit Nazi-Gruß unterschrieben. Ein weiterer traf sich in einer Kneipe mit einem der Tatverdächtigen aus der Neuköllner Brandanschlagsserie. Bei einer Protest-aktion Betroffener äußerte sich ein Polizeibeamter rassistisch. Die Behörden bestreiten diese Vorkommnisse, bzw. bagatellisieren sie als Einzelfälle.

Nur ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss mit seinen besonderen Rechten zur Akteneinsicht und zur Zeugenvernehmung kann Aufklärung schaffen, damit der rechte Terror in Berlin-Neukölln und in den übrigen Berliner Bezirken ein Ende findet.

Unterschriften für diese Forderung sind von überall her willkommen, nicht nur aus Berlin. Wir wissen, dass Nazis keine Einzeltäter sind, sondern aus einer gemeinsamen Ideologie heraus handeln und vernetzt miteinander sind. Wehren wir uns gemeinsam!

 

 

 

www.openpetition.de/petition/online/ rechter-terror-in-berlin-untersuchungsausschuss-jetzt

oder in Kurzform: openpetiton.de/!glvxc