Einladung zum Morden
3. April 2020
»Einzeltäter« führen aus, was andere propagieren
Die krude Phantasie vom »großen Austausch« teilt die AfD mit Rechtsterroristen und Massenmördern, die regelmäßig Massaker unter denen anrichten, die sie als »Fremde« und »Invasoren« stigmatisieren. Ob Höcke, Gauland oder Weidel, sie sind die Stichwortgeber für die »einsamen Wölfe«, die sich dann – wie der Hanauer Attentäter – aufgefordert fühlen, jene »wohltemperierte Grausamkeiten« zu exekutieren, mit denen Höcke den Teil der Bevölkerung, der als »fremd« stigmatisiert wird, zur »Remigration« treiben will.
Auch wenn es den bei näherem Hinsehen meist durchaus vorhandenen direkten Kontakt zur organisierten Nazi-Szene nicht gäbe: seit Jahren gehört der »führerlose Widerstand« zur faschistischen Strategie und wird in Foren, Chats und sonstigen Mordaufrufen propagiert. Das darf inzwischen als allgemein bekannt vorausgesetzt werden. Wer heute noch von »Einzeltätern« spricht und die Ursache von Mord und Totschlag in psychischen Erkrankungen verortet, lenkt bewusst von dem Problem ab, das Rassismus heißt.
Allerdings ist das gesellschaftliche Klima, in dem Menschen, denen auch in der dritten vierten Generation noch immer amtlich ein »Migrationshintergrund« attestiert wird, seit Jahren mit dem Gefühl leben müssen, allein gelassen zu sein, keineswegs ausschließlich der AfD und anderen Faschisten anzulasten. Wenn der Innenminister von »Migration als Mutter aller Probleme« spricht, wenn ein deutscher Richter urteilt, »Migration tötet« beschreibe »nur eine Realität«, wenn wenige Tage nach dem Massaker von Hanau das Bundesverfassungsgericht urteilt, das Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen sei verfassungskonform, macht das auf erschreckende Weise deutlich, wie weit in unserer Gesellschaft die Tore nach rechts geöffnet sind.
Bei einer Kundgebung, zu der der Erste Bürgermeister in Hamburg am Tag nach den Morden von Hanau eingeladen hatte, wurden sämtliche anwesenden Politiker und Politikerinnen namentlich begrüßt. Die Toten, um die es gehen sollte, blieben »10 Menschen mit Migrationshintergrund«. Eine Woche danach ist das Thema schon fast wieder vergessen. Zur Erinnerung: ein paar abgefackelte Autos während der G20-Tage in Hamburg machen bis heute Schlagzeilen, zumindest wenn die Polizei mehr als zwei Jahre danach zur Öffentlichkeitsfahndung mit Fotos bläst.
Für uns kann es keinen anderen Platz geben als den an der Seite der von Nazi-Gewalt täglich Betroffenen und Bedrohten. Gemeinsam können und müssen wir stärker werden, um dem Spuk ein Ende zu bereiten, damit die neue Welt des Friedens und der Freiheit eine Chance hat.
Selbstorganisationen von Migrantinnen wollen nun am 8. Mai laut und sichtbar werden und anklagen, dass auch 70 Jahre nach der Befreiung vom Nazi-Regime die Nazi-Ideologie immer mehr Opfer fordert. Wir sollten diese Initiativen vor Ort unterstützen. Sie bringen den Auftrag des Schwurs von Buchenwald mitten in die Gegenwart: Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln.