Außergewöhnliche Juristen

geschrieben von P. C. Walther

5. September 2013

Sehenswerte Dokumentarfilm-Porträts von Fritz Bauer und Heinz
Düx

März-April 2011

»Fritz Bauer – Tod auf Raten«

Dokumentarfilm von Ilona Ziok

97 min., Digitalbeta, Farbe und s/w

eine CV Films Produktion in Koproduktion mit dem Saarländischen Rundfunk (2010)

»Der Einzelkämpfer – Richter Heinz Düx« Dokumentarfilm von Wilhelm Rösing, 79 min. hergestellt im Auftrag des Historischen Museums Frankfurt am Main/Bibliothek der Alten (2011);

ab April auch als DVD (zum Preis von 22.- Euro incl. Versand) erhältlich bei Dr. Wilhelm Rösing, Bremen, Tel./Fax: 0421-6659956.

Zwei jüngst produzierte Dokumentarfilme vermitteln interessante Einblicke in das Leben und Wirken zweier außergewöhnlicher Juristen: des früheren hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer und des ehemaligen Frankfurter Richters Dr. Heinz Düx. Beide Filme stellen Männer vor, deren antifaschistisch geprägte Haltungen und Taten für den bundesdeutschen Justizapparat untypisch waren. Doch gerade mit diesen Positionen haben sie Justizgeschichte geschrieben.

Es war sicher Zufall und dennoch ein Zeichen für ihren Zusammenhang, dass beide Filme im Februar an zwei aufeinander folgenden Tagen in Frankfurt am Main aufgeführt wurden: Beim Düx-Film war es die Premiere, der Bauer-Film, der bereits bei der Berlinale Premiere hatte, kam auf seiner Tour durch die Bundesrepublik in die Stadt,

Der Film »Fritz Bauer – Tod auf Raten« stellt auf eindrucksvolle Weise das Wirken von Fritz Bauer vor, der von 1956 bis zu seinem Tode 1968 Generalstaatsanwalt in Hessen war. Ein wesentlicher Teil des Films ist dem Auschwitzprozess (1963-65) gewidmet, den Bauer entscheidend herbeigeführt hat und der in der Bundesrepublik die bis dahin weitgehend unbeachtet gebliebenen Verbrechen und Massenmorde des Naziregimes einer großen Öffentlichkeit ins Bewusstsein brachte. Der Film arbeitet mit Zitaten eines Vortrages, den Fritz Bauer 1964 vor jungen Menschen gehalten hat. Sie dokumentieren Bauers Auffassungen und Grundsätze ebenso, wie sie dem Zuschauer seine Persönlichkeit nahe bringen. Das Ganze wird ergänzt und aufgelockert durch Berichte und Anmerkungen von Freunden, Angehörigen und Zeitzeugen – unter ihnen auch Heinz Düx.

Der Filmtitel »Tod auf Raten« soll wohl andeuten, dass der für die herrschenden Verhältnisse unbequeme Jurist von vielen Seiten angegriffen und nach und nach »fertiggemacht« wurde. Sein plötzlicher Tod ist für manche rätselhaft und unaufgeklärt geblieben.

Der Dokumentarfilm »Der Einzelkämpfer – Richter Heinz Düx« stellt einen für die bundesdeutschen Restaurationszeiten ebenfalls höchst ungewöhnlichen Richter vor: nämlich einen zuletzt am Oberlandesgericht Frankfurt am Main als Vorsitzender Richter tätigen Juristen, der widerständig und standhaft blieb: Gründungsmitglied der Vereinigung Demokratischer Juristen, engagiert gegen die Kommunisten und andere Linksstehende diskriminierenden Berufsverbote, Mitwirkender im Weltfriedensrat und als Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/ Bund der Antifaschisten mehrere Jahre Angehöriger ihres Präsidiums.

Das politische Engagement von Heinz Düx führte im Oktober 1975 zu einer von der CDU beantragten Debatte im Hessischen Landtag, die auf seine Amtsenthebung zielte. Dazu kam es dann aber doch nicht, weil der Justizminister nicht mitzog.

Fritz Bauer war es, der Heinz Düx veranlasste, Untersuchungsrichter bei der Vorbereitung des Auschwitzprozesses zu werden. Düx habe mit seinen Voruntersuchungen zum Auschwitzprozess »eine gigantische Arbeit geleistet«, ohne die der Prozess kaum möglich gewesen wäre, kommentierte Christian Raabe von der juristischen Vertretung der Nebenkläger sein Wirken. Die FAZ urteilte anlässlich der Filmpremiere: »Düx hat als Untersuchungsrichter im Auschwitzprozess Justizgeschichte geschrieben« (7.2.11).

Der Dokumentarfilm über Heinz Düx – neben den emphatischen Schilderungen seiner Tochter Sylvia kommen auch politische Freunde, Kollegen und Zeitgenossen zu Wort, bringt uns auch den »privaten«, in gutbürgerlichem Ambiente lebenden und doch so gar nicht herkömmlich denkenden Menschen Heinz Düx näher.

Eine der wichtigsten Aussagen beider Dokumentarfilme scheint mir zu sein, dass sie neben dem aufschlussreichen Blick auf die restaurativen Zustände in der Bundesrepublik besonders der 50er bis 70er Jahre gleichzeitig deutlich machen, dass es auch in dieser Zeit und unter diesen Verhältnissen Gegenkräfte gab. Menschen, die mutig und entschlossen gegen den Strom schwammen, Zeichen in eine andere Richtung setzten und mit ihrer ganzen Person für gesellschaftliche Veränderungen eintraten.

Beide Dokumentarfilme gehören vor ein breites Publikum; vor allem in Schulen und Bildungsstätten sollten sie gezeigt werden.