Das Andenken bewahren

geschrieben von Manfred Hötzel

5. September 2013

Gedenkstättenbuch über Leipzig und Umgebung erschienen

Mai-Juni 2007

Stätten des Gedenkens für Verfolgte und Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und für antifaschistische Widerstandskämpfer in und um Leipzig, Hg. vom Bund der Antifaschisten e. V. (BdA), Sitz Leipzig, und vom Stadtverband Leipzig der Verfolgten des Naziregimes (VVN), Mitglieder im Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), GNN-Verlag Schkeuditz, Leipzig 2006, Br., 8°, 180 S., zahlr. Abb., ISBN 3-89819-234-2, 10 Euro

Nachdem schon in einigen anderen Städten und Kreisen neue Gedenkstättenbücher erschienen sind, haben kürzlich die Autoren Jens Braun, Dieter Chitralla und Volker Hölzer ein solches über Leipzig und Umgebung herausgebracht. Gebraucht wurde es schon länger. Frühere Übersichten aus der DDR waren nicht nur wegen des Wandels in der politischen Funktion der Gedenkstättenkultur überholt. Auch in Leipzig waren seit 1990 manche Tafeln beseitigt, andere Gedenkstätten neu errichtet worden. Dem Band ist ein bemerkenswertes Geleitwort des Leipziger Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD) vorangestellt. Dieser sieht eine Linie von der Gegnerschaft zum Nationalsozialismus über die „Friedliche Revolution“ von 1989 bis zur ständigen und aktuellen Aufgabe, an die Opfer und die Kämpfer gegen den Nationalsozialismus zu erinnern.

Der Band enthält eine vollständige Übersicht aller heute vorhandenen und zugänglichen Gedenkstätten in und um Leipzig. Er spiegelt sowohl die weltanschauliche und politische Breite des Widerstandes wie auch die Vielzahl der Opfergruppen wider. Es dokumentiert, dass Leipzig nicht nur ein Zentrum des antifaschistischen Widerstandes, sondern auch ein Hauptort der NS-Diktatur war.

Das Buch ist als Dokumentation und Nachschlagewerk gestaltet. Es gliedert die Gedenkstätten nach formalen Gesichtspunkten in drei Teile. Das 1. Kapitel ist Einzelpersonen (in alphabetischer Reihenfolge), das 2. Kapitel Gruppen von Opfern und Gegnern, das 3. Kapitel den jüdischen Opfern der NS-Diktatur gewidmet. Den Angaben zu den Gedenkstätten liegt folgendes Schema zugrunde: Name (bei Einzelpersonen mit Lebensdaten), Art der Gedenkstätte (Anlage, Tafel, Grab, Stein), Adresse, Inschrift(en). Bei den Einzelpersonen unterrichtet eine Kurzbiografie über das Wichtigste aus Leben und Wirken, bei den Gruppen wird deren Schicksal oder die Geschichte des Objektes (Friedhof, Gebäude) beschrieben, meist mit Foto.

Die Gestaltungsprinzipien sind nicht immer eingehalten, ohne dass dies im abweichenden Fall erläutert wird. So fehlen gelegentlich Adresse, Foto, Zeitpunkt der Einweihung (öfter). Bei der Grabstätte der 32 (S. 90) und der Gedenkstätte für im April 1945 ermordete Antifaschisten (S. 103/4) gibt es unnötige Dopplungen, die mittels Verweis vermieden worden wären. Das Goerdeler-Denkmal am Neuen Rathaus hätte eine genauere Darstellung verdient.

Zu bemängeln ist die schlechte Qualität der Fotos. Leider ist die Mehrzahl unscharf. Inschriften und grafische Gestaltung der Tafeln sind oft nicht zu erkennen. Immerhin wird deutlich, dass manches Mahnmal beschädigt ist oder sich in einem ungepflegten Zustand befindet.

Der Anhang 1 verzeichnet nach 1990 verschwundene Gedenkstätten und Ehrenmale, die Opfern des Faschismus und antifaschistischen Widerstandskämpfern gewidmet waren. Dazu zählen bedeutende Personen wie Hanns Eisler, Alfred Frank, Ernst Thälmann und Walter Ulbricht. Warum hier der Abriß eines Teils des Ehrenhains antifaschistischer Widerstandskämpfer und verdienter Sozialisten auf dem Leipziger Südfriedhof nicht direkt erwähnt wird, bleibt unklar.

Der Anhang 2 enthält ein Verzeichnis von Leipziger Straßen und Plätzen, die nach NS-Opfern und Antifaschisten benannt worden sind. Es umfaßt rund 190 Namen. Das ist eine beträchtliche Anzahl, wenn man bedenkt, dass nach 1990 nicht wenige Straßen, die Namen von DDR-Funktionären trugen, umbenannt bzw. rückbenannt wurden.

Eine Literaturauswahl nennt die wichtigsten älteren und neuen Titel zum Thema. Ein Namensregister oder zumindest mehr Verweise im Text würden die Arbeit mit dem Buch erleichtern. Trotz der genannten Mängel handelt es sich um ein notwendiges und informatives Buch. Es kann helfen, das Gedenken an Opfer und Widerstand wachzuhalten.