Eine bruchlose Karriere

geschrieben von Hans George

5. September 2013

Hans Maria Globke – Hitlers Judenreferent und Adenauers
Staatssekretär

März-April 2010

Jürgen Bevers:

»Der Mann hinter Adenauer. Hans Globkes Aufstieg vom NS-Juristen zur Grauen Eminenz der Bonner Republik«, Christoph Links Verlag Berlin, 2009, 240 Seiten, 19,90 Euro

Erik Lommatzsch:

»Hans Globke. Beamter im Dritten Reich und Staatssekretär Adenauers«, Campus Verlag, Frankfurt/M. 2009, 445 Seiten, 39,39 Euro

Vor 1933 schon war er im preußischen Innenministerium mit der »Kenntlichmachung der blutmäßigen Zusammensetzung« bei Änderung von Familiennamen und einem dabei erforderlichen Nachweis der »arischen Abstammung« befasst. Im April 1934 wurde ihm bescheinigt, dass er »arisch in Sinne umstehender Gesetze« ist. Da war er schon auf dem Posten eines aus dem Amte gejagten »nicht arischen« Beamten gelandet und widmete sich nun auf höherer, gesetzgebender Ebene den ihm so widerlichen »Personen artfremden Blutes, insbesondere Juden und Zigeuner« und deren »Ausscheiden« aus dem »Volkskörper«. Denn, so formulierte er in einem Kommentar zum Paragraphen 6 des »Blutschutzgesetzes«: »Jedes Volk wird durch die Aufnahme artfremden Blutes in den Volkskörper in seiner Lebensfähigkeit gefährdet. Eine seiner Hauptsorgen sollte die Reinerhaltung seines Blutes sein.«

Dem Kommentator, Hans Maria Globke, attestierte der Reichsinnenminister des faschistischen Deutschland, Wilhelm Fricke, am 25. April 1938, dass er »unzweifelhaft zu den befähigsten und tüchtigsten Beamten« seines Ministeriums gehört, dass er es für »dringend erforderlich« hält, ihm wegen seiner, seit der »Machtergreifung durch die NSDAP bewiesenen Loyalität und steten Einsatzbereitschaft« nunmehr durch seine Beförderung zum Ministerialrat »eine Anerkennung für seine vorzüglichen Leistungen zuteil werden zu lassen«.

Knappe 18 Jahre später, 1956, erklärt der erste Kanzler der BRD, Konrad Adenauer: »Ich wüsste keinen, den ich an die Stelle Globkes setzen könnte. Er ist ein Beamter von ungewöhnlichem Pflichtgefühl.« Da war der »befähigste und tüchtigste Beamte« des faschistischen Reichsinnenministeriums, der Kommentator der Nürnberger Rassengesetze, der Mann, der die Juden durch die von ihm formulierte Bestimmung, im Ausweis zum Vornamen noch die jüdischen Namen Sarah oder Israel tragen zu müssen, für die Gestapo »markiert« hatte, zum Staatsekretär im Bundeskanzleramt avanciert. Da war er die »Graue Eminenz« in der Schaltzentrale der Bundesregierung, war er der »(un)heimliche Generalsekretär der CDU« und »Koordinator der bundesdeutschen Geheimdienste«, der »Mann hinter Adenauer«.

Den Aufstieg dieses Mannes vom »NS-Juristen zur Grauen Eminenz der Bonner Republik«, der sich nach 1945 als »Widerstandskämpfer« gebärdete, der nur mitgemacht hat, um Schlimmeres zu verhüten, hat Jürgen Bevers in »Der Mann hinter Adenauer« in einer umfangreichen Darstellung dieses Weges vorgelegt. Heutige Zeitgenossen werden fassungslos zur Kenntnis nehmen, wie hemmungslos die Regierenden jener Zeit in der »Globke-Republik« die blutbefleckten Schergen des faschistischen Regimes wieder in Dienst stellten. Das alle einigende Band war, wie Bevers belegt, der tiefverwurzelte Antikommunismus, der fast eins zu eins aus der Zeit übernommen worden war, da der Millionen Opfer fordernde Feldzug gegen den »jüdisch-bolschewistischen Untermenschen« geführt worden war.

»Der Mann hinter Adenauer« ist ein faktenreiches Sachbuch, ein Sittenbild der frühen Bundesrepublik, in der, so Bevers, »braune Flecken auf der angeblich weißen Weste« in Kauf genommen wurden, »denn der Westen sah jetzt rot«. Dadurch unterscheidet sich das Buch von Jürgen Bevers grundlegend von der fast gleichzeitig erschienenen Arbeit von Erik Lommatzsch »Hans Globke. Beamter im Dritten Reich und Staatssekretär Adenauers«, die als »neugierig machend« angepriesene Biographie, wurde mit einem Stipendium der CSU-nahen »Hans-Seidel-Stiftung« gefördert. Das erklärt die Bemühungen des Autoren, die Rolle Globkes sowohl im »Dritten Reich« als auch in der Bonner Republik herunter zu spielen. Ein »Mitläufer« sei er gewesen, nicht mehr als ein »loyaler Beamter«, der sich nicht »ohne Geschick an die Verhältnisse« angepasst habe. Das Buch fügt sich so, bei der unumgänglichen Benennung einiger dunkler Punkte, in die heutigen »Verhältnisse« ein, die die Gründerjahre der BRD fast makellos darstellen.