Maritime Militaria

geschrieben von Kristian Glaser

5. September 2013

Das »Internationale Maritime Museum Hamburg« des Peter
Tamm

Sept.-Okt. 2008

Zum Hintergrund ist folgende akribische und informative Streitschrift zu empfehlen:

Friedrich Möwe: TAMM-TAMM. Eine Anregung zur öffentlichen Diskussion über das Tamm-Museum, herausgegeben vom Informationskreis Rüstungsgeschäfte in Hamburg, aktualisierte Auflage 2008, 112 S. mit zahlreichen Fotos und DVD, 8,50 EUR

Peter Tamm hat stets ein Geschäft mit der Lüge gemacht; ein ertragreiches für seinen, wie er ihn nennt, »obersten Feldherrn« Axel Springer wie für sich selbst, der er durch die Verlagsleitung bei »Bild« und beim Springer-Konzern Multimillionär wurde. Auf seine Zeit bei der Hitlerjugend rückblickend, schwärmt er: »Wir waren Deutsche und hatten für Deutschland uns auch einzusetzen.« Wenn Hitler wenigstens den Krieg gewonnen hätte …

Er, der biedere Angestellte mit Brutalo-Aufsteigermentalität, personifiziert die typische deutsch-reaktionäre Einheit von Lüge, Militarismus, Nationalismus und Geld. Ganz in der Tradition von Hugenberg. Streng antidemokratisch (»Wir brauchen ’nen Kapitän, der sein Handwerk versteht. Einer entscheidet.«), kriegslüstern und sozialdarwinistisch (»Ohne Waffe wäre der Mensch nicht überlebensfähig.«). »Die Geschichte zeigt,«, meint Tamm, »daß nur der als Weltmacht eine Chance hat, der über Schiffe oder über Flotten verfügt. Die Voraussetzung zur Großmacht war immer die Seemacht.«

Es geht also um den ewigen Griff zur Weltmacht.

So läßt Tamm auch nach seinem Ausscheiden bei Springer 1991 weiter trommeln. Er besitzt eine Vielzahl rechter Verlage, die u. a. Marinepropaganda im »Landser«-Stil und sogenannte Sachbücher herausgeben. Peter Tamms neues Projekt ist das »Internationale Maritime Museum Hamburg«, das aus einer voluminösen Sammlung wild zusammengewürfelter Exponate über den Handel und den Krieg zur See besteht. Es zum zweitgrößten Museum Hamburgs vor der gediegenen Kunsthalle zu machen, strebte die CDU seit ihrem Regierungsantritt in der Hansestadt 2001 an, damals noch zusammen mit dem Rechtspopulisten Schill. Der Senat hat Tamms Militariasammlung einen schönen Kaispeicher in der altehrwürdigen Speicherstadt in zentraler Lage am Hafen auf 99 Jahre mietfrei zur Verfügung gestellt und noch 30 Millionen Euro für den Umbau dazugegeben. Über die Angelegenheiten des Museums entscheidet der Herr im Hause allein, politische »Einmischung« hat er sich verbeten. Im Juni wurde das Museum im Beisein des Bundespräsidenten mit Tschingderassabumm eröffnet – der Protest der Hamburger Friedens- und Antifabewegung beeinträchtigte das Abfeiern der Militärschau empfindlich, trotz massiven Aufgebots einer nervösen Polizei.

Der Besucher wird auf einer Ausstellungsfläche von 11.300 Quadratmetern, verteilt auf zehn Etagen, regelrecht erschlagen: Geschichte werde von großen Männern gemacht, und der See(handels)krieg sei der Vater aller Dinge, damit das klar ist. Zehntausende (Kriegs-)Schiffsmodelle, Waffen, Uniformen und Werkzeuge überfluten die Räume. Kanonen, Unterwasserminen, Torpedos und ein Kamikaze-Mini-U-Boot der Nazis sowie hakenkreuzbewehrte Admiralsstäbe, Orden und andere Insignien der Herrschaft werden zur Schau gestellt – reine Technikbegeisterung?

5.000 Gemälde und Zeichnungen strotzen vor romantisierendem Schwulst, blenden wollender Einfalt (Segelschiff im Wellengang wie weiland der röhrende Hirsch) und widerwärtiger Gewaltverherrlichung, u. a. gepinselt von Hitlers Lieblingsmaler.

Die Kernbotschaft lautet: Der Mensch ist ein Nichts, ausgeliefert den Naturgewalten (gleich Kapital), ein nichtiges Rädchen im Getriebe. Nur durch Huldigungen an die Nation und die Autoritäten kann der Einzelne in Größe und Stärke aufgehen. Eine museale Aura umweht das bloße technische Gerät. Als ob derjenige frei und mächtig wäre, der in fremdem Interesse das Werkzeug bewegt. Hier muss die aufklärerische Bewegung ansetzen.

Die Deutsche Bank darf natürlich nicht fehlen. Das Tamm-Museum unterstütze man, »weil es nicht nur Geschichte bewahrt, sondern zugleich dabei hilft, neue Horizonte zu gewinnen.« Solche von Kriegen?

Wenn wir die Forderung erheben, das Tamm-Museum zu schließen, um statt dessen ein Forum des Friedens und der Völkerverständigung zu eröffnen, das auch über die Verbrechen des Krieges und der Ausbeutung aufklärt, sollte das Geschäft der Deutschen Bank gebührend beachtet werden – um ihr das Handwerk zu legen. Das ist ein Horizont!