Rassismus in Bildern

geschrieben von Theresa Vollmer

5. September 2013

Ein Comic über den Alltag von Flüchtlingen in Deutschland

Nov.-Dez. 2012

Paula Bulling: Im Land der Frühaufsteher. Avant-Verlag, Berlin 2012, 125 Seiten, 17,95 Euro

Paula steht vor einem Problem. Sie hat das dringende Bedürfnis von der Situation der Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt zu berichten und weiß nicht, welches Medium sie wählen soll. Ein Freund kritisiert ihr Vorhaben mit den Worten: »In letzter Zeit treffe ich überall weiße Mädels, die Filme über die armen schwarzen Flüchtlinge machen« und meint zudem, dass sie eben auch nur die vorherrschenden Strukturen reproduziere, indem sie »weiße Bilder von schwarzen Menschen« mache. Aber Paula muss etwas tun und entscheidet sich, nicht einen Film zu machen, sondern bringt ihre Erfahrungen in einem Comic zum Ausdruck.

Zum Glück, denn bei Paula Bullings Erstlingswerk »Im Land der Frühaufsteher« handelt es sich um eine sehr bewegende, autobiographische Graphic Novel, die einen ganz eigenen Einblick in Flüchtlingsheime gibt und von einem Alltag erzählt, der von latenten und manifesten Rassismus geprägt ist. »Bedrückend. Ja! Wir leben hier in eine Knast, der seine Name nicht sagt«, so Aziz, der in einer Zast (Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende) auf den Ausgang seines Asylverfahrens wartet. Die Bewegungsfreiheit der Asylbewerberinnen ist durch Essens-, Kleidermarken und Residenzpflicht stark eingeschränkt. Die Zast befindet sich weit außerhalb der Stadt und die Heimbewohner müssen einen stundenlangen Fußmarsch auf sich nehmen, wenn sie etwas unternehmen wollen.

All das und Anderes »bezeichnete« die Autorin mit relativ einfach, in schwarz-weiß gehaltenen Tusche- und Filzstiftzeichnungen. Die »Erzählung« ist an keiner Stelle belehrend, polemisch oder plakativ, vielmehr wird ein nüchterner Einblick in den Alltag der Flüchtlinge gegeben. Die Autorin transportiert die bedrückende Stimmung sehr gut – dieses Werk berührt.

»Im Land der Frühaufsteher« war meine erste Graphic Novel. Es ist ein ausgezeichnetes Medium, um sich mit der Thematik Rassismus auseinanderzusetzen. Sie hat mich mehr bewegt als mancher Film oder so manches Buch. Ich kann jedem nur empfehlen, sich einmal eine Graphic Novel anzuschauen und »Im Land der Frühaufsteher« ist ein guter Einstieg.