Die Identitären

geschrieben von Janka Kluge

11. September 2013

Wie eine neue Gruppe rechte Ideen scheinbar unpolitisch verpackt

 

Rechte Strategen sind ständig auf der Suche nach neuen Verpackungen für ihre immer gleiche Hetze. Eine solche neue Gruppe sind die »Identitären«, die seit einigen Monaten im Internet für Furore sorgen. Gemeinsames Zeichen der Gruppen ist der Buchstabe Lambda aus dem griechischen Alphabet. Mit diesem Buchstaben nutzen die Identitären ein Symbol aus einem Comic von Frank Miller (siehe S. 30) über den Kampf von 300 spartanischen Kriegern gegen eine übermächtige Streitmacht aus Persien. Diese 300, so will es der von ihnen verbreitete Mythos, haben einst den Sieg des Islams in Europa verhindert. Genau das sehen die Identitären heute als ihre selbst auferlegte Aufgabe an.

Wenn man auf die Anfänge dieser Bewegung schaut, kommt man auf Frankreich. Am 20. Oktober 2012 besetzten fast 100 Mitglieder des Jugendverbandes der Génération Indentitaire in der französischen Stadt Poitiers das Dach einer im Bau befindlichen Moschee. Dieser demonstrative Akt ging in Frankreich durch alle Medien. Auch wenn sich die Besetzer aus Frankreich anders gaben als die bekannten Nazis, eint sie eine gemeinsame Auffassung: Der Islam gehört nicht nach Europa und die in Frankreich Zugewanderten und die vielen Flüchtlinge zerstören die französische Identität.

Mit ihrem Ansatz versuchen die Identitären, unpolitische Jugendliche und Studenten anzusprechen. Dafür nutzen sie den Slogan »100% identitär, 0% rassistisch«. Diese Selbstdarstellung wird allerdings ins rechte Licht gerückt, wenn man sich die Mühe macht, auf der Internetseite der Identitären in Deutschland den Artikel über ihr Selbstverständnis zu lesen.

»Unsere Geschichte, unsere Heimat und unsere Kultur geben uns, was ihr uns genommen habt. Wir wollen nicht Bürger der Welt sein, denn wir sind mit unserer eigenen Heimat glücklicher. Wir wollen kein Ende der Geschichte, denn unsere Geschichte gibt uns keinen Grund, sie zu beklagen. Wir wollen keine multikulturelle Gesellschaft, denn in ihr geht unsere eigene Kultur unter. Wir sind anspruchsloser als ihr, und doch wollen wir soviel mehr!«

Mit diesen Sätzen belegen sie eindeutig, was sich hinter ihrem vermeintlich »unpolitischen« Auftreten verbirgt. Ähnlich wie in Frankreich versuchen sich die deutschen Ableger der Identitären durch mediengerechte Aktionen in Szene zu setzen.

Die erste öffentliche Aktion in Deutschland war am 30. Oktober 2012 die Störung der Eröffnung der »Interkulturellen Woche« in Frankfurt.

Enge Verbindungen halten Aktive der Identitären zur German Defence League, zur Partei Pro Deutschland, zur Konservativen Aktion und zum Internetportal »PI-News«. Einer ihrer strategischen Köpfe ist Götz Kubitschek. (siehe S. 24). Er ist seit vielen Jahren politisch aktiv. Im Jahr 2000 gründete er das »Institut für Staatspolitik«. In diesem Institut wird versucht, neurechte Ideologien, wie den Ethnopluralismus, hoffähig zu machen. Zum Umfeld des Instituts gehören die Internetzeitung  »Blaue Narzisse« und der Verlag Edition Antaios. In diesem Geflecht von neurechten Organisationen wird die Identitäre Bewegung gehegt und gepflegt. Götz Kubitschek reiste extra nach Frankreich, um sich mit den dortigen Anführern der Identitären auszutauschen.

Die Idee des Ethnopluralismus entstand ebenfalls in den siebziger Jahren in Frankreich. Der Theoretiker der neuen Rechten, Alain de Benoist, vertrat die These, dass es keine biologische Höherwertigkeit von Rassen gibt, sondern sie sich durch ihre Kultur unterscheiden. Diese wird geprägt durch Umwelt und Vererbung. Mit diesem Ansatz hat die »Neue Rechte« versucht, sich vom nationalsozialistischen Denken abzugrenzen. Gemeint haben sie allerdings das Selbe, sie änderten lediglich die Verpackung.

Die neu-rechte Wochenzeitung hat einen »Jungautorenwettbewerb« mit ausdrücklichem Bezug zur Identitären Bewegung ausgelobt: »Nicht erst seit dem Auftreten einer ›Identitären Bewegung‹ in mehreren Ländern Europas steht das Thema ›Identität‹ wieder auf der Agenda. Doch von welcher Identität sprechen wir eigentlich? Von einer regionalen, einer nationalen oder gar einer christlich-abendländischen, die ganz Europa einschließt?« Die Zeitung fordert Autoren bis zum Alter von 30 Jahren auf, sich an der Ausschreibung zu beteiligen.

Ein weiterer Ansatz, sich unpolitisch zu geben, zeigt sich bei der Sportvereinigung »Sektion Jahn«, die im Internet mit den Identitären verlinkt ist. Bei dieser »Sektion« sollen durch Sport- und Ernährungstips Freizeitsportler angesprochen werden. Im Untertitel wird das Ziel deutlich: »Zur Förderung und Erhaltung unserer traditionellen Sport- und Kulturgemeinschaften«

Für antifaschistische Beobachter ist im Moment noch nicht genau auszumachen, wie sich die Identitäre Bewegung weiterentwickelt. Sie ist zwar hauptsächlich im Internet aktiv, kann aber bereits über eine stattliche Anzahl von Ortsgruppen verfügen. Wie attraktiv der Ansatz für organisierte Nazis ist zeigt, dass die JN in Flugblättern neuerdings ebenfalls den Begriff »Identitär« benutzt und dass es enge Kontakte zu verschiedenen Kameradschaften gibt.