Verfolgung schwuler Menschen

geschrieben von Janka Kluge

11. September 2013

Der Leiter der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora, Professor Volkhard Knigge, hat am 23. Juni in einer Gedenkstunde im Nationaltheater Weimar verfolgter homosexueller Männer im Faschismus gedacht. Anlass, für diese von Teilnehmern als sehr bewegend geschilderte Feier, war der hundertste Geburtstag des ehemaligen Buchenwaldhäftlings Rudolf Brazda.

Rudolf Brazda war am 8. April 1937 in Altenburg verhaftet worden. Ihm wurde, wie tausenden anderen Homosexuellen, »widernatürliche Unzucht« vorgeworfen. Nach der Verbüßung einer Haftstrafe wurde er in die Tschechoslowakei, deren Staatsbürger er war, abgeschoben. 1942 wurde Brazda in Karlsbad erneut verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Homosexuelle Häftlinge standen in der Hierarchie der KZ-Gesellschaft auf der untersten Stufe. Brazda überlebte bis zur Befreiung. Volkhard Knigge betonte in seiner Rede, dass das Schicksal Brazdas für das Schicksal tausender anderer Häftlinge steht. Auch dieser Opfer des NS-Regimes muss endlich gedacht werden.

»Wenn wir heute aus Anlass des 100. Geburtstags von Rudolf Brazda exemplarisch auf die Verächtlichmachung, die Verfolgung, die Verstümmelung durch pseudomedizinische Experimente und die Ermordung von Homosexuellen im »Dritten Reich« zurückschauen, dann tun wir dies im Sinne jener Haltung, die Michel de Montaigne in der Mitte des 16. Jahrhundert angesichts der unerhörten Grausamkeiten der Religionskriege seiner Zeit so beschrieb. »Ich weiß nicht, ob andere ähnlich veranlagt sind – ich jedenfalls lerne von Gegenbeispielen mehr als von Beispielen, und weniger durch Nachvollziehen als durch Fliehen. (…) Meine Abscheu vor Grausamkeit zieht mich stärker zur Barmherzigkeit hin, als es deren leuchtendste Vorbilder je bewirken könnten. Was sticht, berührt uns tiefer und macht uns wacher, als was uns streichelt.«