Das war kein »Bürgerkrieg«

geschrieben von Hans Canjé

27. Januar 2014

Vor 75 Jahren: Mit Hitlers und Mussolinis Hilfe siegt Franco in Spanien

 

Auftakt einer Reise auf den Spuren der Vergangenheit. Im Haus der Handels- und Industriegewerkschaft in Barcelona spricht an diesem Novemberabend des Jahres 2013 der französische Historiker der Universität in Dijon, Serge Wolikow, über die Ebroschlacht vom 25. Juli bis 16. November 1938. Mit Nachdruck betont er: »Was von 1936 bis 1939 in Spanien tobte, das war kein Bürgerkrieg sondern die erste bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Demokratie und Faschismus.«

Blick auf den Ebro 2013. Foto: H. Canjé

Blick auf den Ebro 2013. Foto: H. Canjé

Unter den zuhörenden Gästen aus Frankreich, Italien, Russland und Deutschland sitzen die Brüder Vincent (96) und Joseph Almudever (94) aus Frank-reich. Beide Spanienkämpfer. Joseph war Kämpfer in der spanischen republikanischen Armee, dann in der Internationalen Brigade. Er bekräftigt aus eigenem Erleben, die Erkenntnisse des Wissenschaftlers: Der durch Franco im Juli 1935 ausgelöste Putsch war kein Krieg zwischen Spaniern, sondern zwischen Antifaschisten und Faschisten. Und die Non-Interventions-Haltung in London und Paris war ein Verbrechen.

»Nichts ist vergessen und Niemand« singt Franz Josef Degenhardt. In der Tat. Dieses Verbrechen wurde von den Großmächten England und Frankreich wohlwollend beobachtet. Ging es doch auf der iberischen Halbinsel, unterstützt von Italien und Deutschland mit modernen Waffen und Soldaten, um den »Kampf gegen den Kommunismus«. Dieses Kapitel endete am 1.April 1939 mit dem Sieg Francos über die demokratisch gewählte Volksfrontregierung. Am 14. Januar 1939 waren seine Truppen in Taragosa eingezogen, am 26. in Barcelona, und am 4. Februar in Girona. Fünf Tage später war der letzte Widerstand in Katalonien gebrochen. Am 27. Februar wurde das Franco-Regime von England und Frankreich offiziell anerkannt Am 28. Februar fiel Madrid in Francos Hand.

Vincent Almudever ging gemeinsam mit anderen Interbrigadisten über die Pyrenäen zurück nach Frankreich und wurde im Lager Gurs interniert. Sein Bruder Joseph blieb in Spanien. Beide gehörten der französischen Gruppe an, die Ende Oktober, Anfang November nach Barcelona gereist war. In einer international zusammengesetzten Delegation unternahmen sie eine Erinnerungsreise an die Orte, an denen vom 25. Juli bis 16. November im unteren Ebrotal eine der blutigsten Schlachten in Nordkatalonien stattgefunden hat.

Eine Station war Campredó. Hier weihte der Bürgermeister zur Erinnerung an die Ereignisse vor 75 Jahren einen Gedenkstein ein. Vom alten Turm auf der kleinen Anhöhe bietet sich an diesem sonnigen Tag ein weiter Blick auf den Ebro, lässt fast vergessen, was vor 75 Jahren geschehen ist. 700 Angehörige des französischen Bataillons »Commune de Paris« kamen hier bei der Erfüllung des Auftrages ums Leben, bei Gandesa einen Entlastungsangriff zu unternehmen, der zur erfolgreichen Überschreitung des oberen Ebro beigetragen hat.

In mir kommt die Erinnerung an die Bundestagssitzung vom 29. September 2006 hoch, an den von der Linksfraktion aus Anlass des 70. Jahrestages der Gründung der Internationalen Brigaden in Spanien eingebrachten Antrag. Das Parlament, hieß es da, möge den Kampf der 5000 deutschen Freiwilligen an der Seite der Spanischen Republik für ein antifaschistisches und demokratisches Europa würdigen. Erinnert wurde daran, dass in Frankreich die republikanischen Freiwilligen den Résistance-Kämpfern gleichgestellt wurden und daran, dass Spanien 1996 allen noch lebenden ausländischen Kämpfern für die Spanische Republik die Ehrenstaatsbürgerschaft verliehen hat…

Während die Grünen moderate Zustimmung zum Anliegen der Linken bekundeten, schütteten CDU/CSU und FDP Hohn und Spott über die Linksfraktion aus und die SPD verzichtete gleich ganz auf ihr Rederecht. Der deutsche Spanienkämpfer Kurt Goldstein und der ehemalige Generalsekretär der Kommunistischen Partei Spaniens, Santiago Carrillo, auch er Teilnehmer am Kampf gegen Franco, wurden auf der Besuchertribüne Zeugen dieser schmählichen neudeutschen Geschichtsstunde. Bis heute steht die politische Würdigung der deutschen Spanienkämpfer aus.