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18. März 2014

Gedenken an Leningrad

Als Gastredner in der Gedenkstunde des Bundestages am 27.Januar wies der 95jährige russische Schriftsteller Daniil Granin auf die dreijährige Belagerung Leningrads durch die Nazi-Wehrmacht hin, die über eine Million Menschenleben kostete. Granin selbst gehörte zu den Eingeschlossenen, die dem Hungertod und Erfrieren ausgesetzt wurden. Erst am 27. Januar 1944 gelang es sowjetischen Truppen, die Blockade zu beenden, die in der Bundesrepublik kaum ein Thema war. Bundestagspräsident Lammers wies auf den Zusammenhang von Auschwitz und Leningrad hin.

NSU-Folgedebatte

Einmütig forderte der Bundestag die Bundesregierung auf, die Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses zügig umzusetzen. Sie waren im Vorjahr ebenfalls einmütig erhoben worden. Es gab allerdings auch andere Forderungen. So auch in der jetzigen Debatte. Petra Pau (Die Linke) plädierte für die Auflösung des VS-Inlandgeheimdienstes. Grünen-Sprecherin Irene Mihalic forderte, auf jeden Fall den V-Leute-Einsatz zu beenden. SPD-Sprecherin Eva Högl brachte den Rassismus in den Sicherheitsbehörden zur Sprache, dem entgegenzutreten sei.

Gegen Kriegseinsätze

»Die Schnelligkeit und Vehemenz, mit der die Große Koalition gleich zu Beginn der Legislaturperiode die Bundeswehr in weitere Auslandseinsätze entsenden will«, sei »eine neue Qualität, die uns Sorge macht«», heißt es in einer Erklärung der Vereinigung »Aachener Friedenspreis«. Zumal dies ausgerechnet in der Zeit des 100. Jahrestages des Beginns des Zweiten Weltkrieges geschehe. Die Bundestagsabgeordneten werden aufgefordert, die Einsätze der Bundeswehr entschieden abzulehnen.

KZ-Wächter in U-Haft

In mehreren Bundesländern wurden die Wohnungen von ehemaligen KZ-Wächtern durchsucht und drei von ihnen in U-Haft genommen. Die Ermittlungen waren in Gang gekommen, nachdem sich die Justiz nach erneutem Druck aus dem Kreis von Opfern und Verfolgten entschlossen hatte, fast 70 Jahre nach dem Ende der Naziherrschaft neue Verfahren gegen Massenmord-Beteiligte in Gang zu bringen. Dagegen wurde vom Landgericht Hagen das Verfahren gegen einen früheren SS-Mann wegen der Ermordung eines niederländischen Widerstandskämpfers eingestellt, weil es »nicht mehr möglich« sei, Zeugen zu befragen und Mordmerkmale nachzuweisen.

Als Opfer anerkennen

Beim Bundestag ist eine Petition anhängig, in der »die Anerkennung des von sowjetischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg in deutscher Kriegsgefangenenschaft erlittenen großen Unrechts« gefordert wird. Den noch lebenden Opfern solle im Zuge der Anerkennung ein Betrag von 5.000 Euro für das erlittene Leid gezahlt werden.

Von der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, wurde darauf hingewiesen, dass Griechenland immer noch Ansprüche auf die Rückzahlung von Kriegsschulden habe. Das gehe aus einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages hervor.

Über 11.700 Straftaten

Im vergangenen Jahr wurden nach vorläufigen Angaben 11.761 rechtsmotivierte Straftaten behördlich registriert, darunter 574 Gewalttaten, bei denen 561 Menschen verletzt wurden. So die Antwort des Bundesinnenministeriums auf Anfragen der Linksfraktion. In der Regel erfolgen im Laufe des Folgejahres noch erhebliche Nachmeldungen. So stieg die Zahl der registrierten rechten Straftaten im Jahre 2012 nachträglich von 11.660 auf über 17.000.

Bewaffnet

Bei der Beantwortung der Anfrage, bei wie vielen rechtsmotivierten Straftaten Waffen zum Einsatz gekommen sind, bestätigte die Bundesregierung »eine hohe Affinität von Rechtsextremisten zu Waffen und Sprengstoff«. 2012 wurden vom Bundeskriminalamt 350 Fälle registriert, bei denen Waffen eingesetzt wurden. Bei Fahndungen und Durchsuchungen wurden 2009 und 2010 bei Rechtsextremisten mehr als 800 Waffen sichergestellt.

Immer wieder Anschläge

Auch in den beiden ersten Monaten dieses Jahres ist es an mehreren Orten zu neonazistischen Anschlägen und Überfällen gekommen. In Köln wurde ein Brandanschlag auf eine Moschee verübt. In Schwerin wurden während einer laufenden Veranstaltung Fensterscheiben eines Begegnungszentrums, in dem sich auch die Landesgeschäftsstelle der VVN-BdA befindet, zerstört. In Ballstädt/Thüringen wurden Teilnehmer einer Kirmesgesellschaft von Neonazis überfallen und niedergeschlagen. Zuvor war in Weimar ein alternatives Wohnprojekt überfallen worden.

»Auf Bewährung«

Während vom Landgericht Halle Neonazis, die 2012 eine syrische Familie auf einem Volksfest überfallen und schwer verletzt hatten, nunmehr wegen gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen von drei und vier Jahren verurteilt wurden (ein dritter Angeklagter erhielt eine zweijährige Jugendstrafe auf Bewährung), wurden in Hoyerswerda vom Amtsgericht acht gewalttätige Neonazis, die im Oktober 2012 ein Nazigegner-Paar massiv bedroht hatten, bis auf eine Ausnahme zu milden Strafen zwischen acht und zehneinhalb Monaten auf Bewährung, in zwei Fällen lediglich zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Bei einem Angeklagten, der bereits eine andere Strafe abbüßt, wurde diese um fünf Monate verlängert. Der Fall hatte seinerzeit bundesweit Aufsehen erregt, weil die Polizei nicht die Neonazis festnahm, sondern das bedrohte Paar »zur Sicherheit« außer Haus bringen ließ.

Vom Landgericht Köln wurden nach fünfmonatiger Verhandlung sechs Neonazis der Kameradschaft »Freundeskreis Rade« wegen mehrerer Gewalttaten, bei denen es auch Schwerverletzte gab, und der daraus resultierenden Einstufung als »kriminelle Vereinigung« zu Haftstrafen zwischen neun Monaten und zweieinhalb Jahren verurteilt, die jedoch bis auf eine Ausnahme alle »auf Bewährung« ausgesetzt wurden.

In Freiburg kam es sogar zu einem Freispruch: Der Neonazi Florian Stech, der mit seinem Auto in eine Gruppe von Nazigegnern hineingerast war und dabei einen Menschen lebensgefährlich verletzte, wurde »aus Mangel an Beweisen« freigesprochen; ihm sei nicht zu widerlegen gewesen, dass er sich bedroht gefühlt habe.

Neonazi »beleidigt«

Weil sie bei einer Auseinandersetzung im Stadtparlament einen NPD-Funktionär als »Nazi« bezeichnete, sollte in Leipzig eine Stadträtin der Linkspartei wegen »Beleidigung« eine Geldstrafe von 1.600 Euro entrichten. Nachdem sie Widerspruch einlegte, soll es nunmehr im April vor dem Amtsgericht zu einem Prozess wegen »Beleidigung« des Neonazis kommen.

Der Vater der angeklagten Stadträtin war ein von den Nazis verfolgter Widerstandskämpfer.

Zusammengestellt von P.C.Walther