Weiße Busse der Hoffnung

geschrieben von Helga Niet

9. Juli 2014

KZ-Häftlinge in letzter Minute gerettet

 

Die Rettung von Häftlingen aus den Konzentrationslagern im Jahre 1945 durch das Schwedische, Dänische und Internationale Rote Kreuz ist in der Gegenwart kaum noch bekannt. Ein schwedischer Journalist stellte 1998 in der Schweriner Volkszeitung die Frage nach zwei Ärzten – Dr. Zehrer und Lubinski. Ende April 1945 retteten sie einem schwedischen Leutnant in einem Schweriner Reservelazarett das Leben. Daraus ergaben sich viele Nachforschungen in Deutschland, Schweden und Norwegen.

In Schweden waren Informationen zur »Endlösung der KZ« bekannt geworden und damit für Verhandlungen Eile geboten. Die Aktion »Weiße Busse« war das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Vertretern der schwedischen Regierung und Himmler. Den Schweden ging es um die Rettung norwegischer und dänischer Häftlinge aus den KZ, Himmler versprach sich Kontakte mit den Westmächten. In den letzten Kriegsmonaten des Jahres 1945 gestattete Himmler Schweden, vertreten durch den Vize-Präsidenten des Schwedischen Roten Kreuzes, Graf Folke Bernadotte, Norweger und Dänen aus deutschen KZ nach Schweden »ausreisen« zu lassen. Himmler erweiterte seine Zusage später auf Gefangene anderer Nationen wie Niederländer, Polen und Franzosen. Endlich konnte am 12./13. März mit der schwedischen Hilfsaktion begonnen werden. Sammelpunkt war Neuengamme bis zur Weiterfahrt nach Schweden. Am 15. März fuhr die erste Kolonne nach Sachsenhausen, der bis zum 29./30. April noch viele in alle Konzentrationslager, wo immer sich skandinavische oder die erwähnten anderen Gefangenen befanden, folgten.

Die Fahrzeugkolonnen bestanden aus Bussen, Lastkraftwagen und Transportfahrzeugen, versehen in nächtlichen Aktionen mit einem weißen Anstrich, dem »Roten Kreuz« in einem schwarzen Kreis und der schwedischen Flagge. Ziele waren KZ u.a. in Dachau, Auschwitz, Theresienstadt, Buchenwald, Natzweiler, Ravensbrück, Oranienburg und das Zuchthaus Bützow. In weiteren Verhandlungen am 20./21. April 1945 gibt Himmler die Zusage für das Freikommen von 1000 jüdischen Frauen. Überliefert ist, dass Bernadotte weibliche Gefangenen, gleich welcher Nationalität, aus Ravensbrück abholen und nach Schweden mitnehmen konnte. Damit begann eine der größten Hilfsaktionen des Schwedischen, Dänischen und Internationalen Roten Kreuzes. In allerletzter Minute gelang es, für Frauen aus Ravensbrück einem Zug der Reichsbahn mit 50 Güterwagen, je Wagen ca. 60 bis 80 Personen zu beschaffen. Insgesamt waren es 3989 Frauen, die nach vier Tagen abenteuerlicher Fahrt am 29. April 1945 im Bahnhof von Lübeck ankamen. Mit dem »Geisterzug« – wie er genannt wurde, ging es weiter nach Dänemark, von dort mit Personenwagen weiter in die Freiheit. Am 27. April wurde das KZ Ravensbrück geräumt. Die noch verbliebenen KZ-Häftlinge – etwa 18 bis 30.000 – mussten auf den Todesmarsch.

Die Fahrten fanden unter großen Schwierigkeiten und absoluter Geheimhaltung statt. In den wenigen vorliegenden Fahrtprotokollen der Busfahrer ist von Orten wie Ludwigslust, Perleberg, Havelberg, Belzig , Ziesar, Berlin, Dresden, Wismar , Sternberg, Neustrelitz die Rede. Es gab bei den Fahrten Tote und Verletzte, u.a. in der Nähe von Schwerin und nach Wismar. Von den vier Toten und zehn Schwerverletzten fehlt bis heute jeder Nachweis.

Deutsche Armeefahrzeuge waren weiß gekennzeichnet, mischten sich unter die Buskolonnen, um von Tieffliegern verschont zu werden.

Am Holocaustgedenktag am 27. Januar 2014 in Malmö berichtete Stefan Zablocki über seinen Weg nach Auschwitz, Braunschweig und Wöbbelin und seine dortige Befreiung durch die Amerikaner. Erinnerungen an diese Zeit würden für weitere Recherchen hilfreich sein. Nichts darf dem Vergessen anheim fallen, damit die Zukunft für alle eine gute ist und wird.