Drei Mittel gegen die AfD

geschrieben von Thomas Willms

13. November 2014

Die offenen Flanken der Partei angehen

 

Das zur Zeit wirksamste Mittel gegen die AfD sind ihre eigenen Mitglieder. Der unglaublichen Entsolidarisierung in den eigenen Reihen widmete Bernd Lucke nach den großen Wahlerfolgen den größten Teil eines »Briefes an die Mitglieder und Förderer«. Er beklagt darin, dass Mitglieder »bewusst Falschinformationen verbreiten und damit neue, destruktive Gerüchte schüren«, dass sie »jedes skandalisierende Gerücht … bereitwillig glauben und an möglichst viele weiterverbreiten« und vieles mehr. Die anti-solidarische Ideologie der AfD wendet sich in der durch ihre Mitglieder verinnerlichten Form gegen sie selbst und ist ein beredtes Zeichen dafür. was einer Gesellschaft blüht, in der diese Prinzipien zur alleinigen Norm werden.

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Das egozentrische und oft naive Verhalten der Mitglieder und Funktionäre ist ein wichtiger Ansatzpunkt für Politik gegen die AfD, insbesondere da ihre überfallartigen Erfolge sie dazu zwingen, auf vielen Ebenen jetzt auch »zu liefern« wie das früher bei der FDP hieß. Es rächt sich auch bereits, dass die AfD fast ihre gesamte Führungsspitze ins Europaparlament im fernen Brüssel expediert hat, von wo aus z.B. nun im fernen Pasewalk Organisationsprobleme gelöst werden müssen.

Allerdings verändern die Erfolge der AfD auch die Bedingungen, unter denen man sie effektiv kritisieren kann. Sie sorgen dafür, dass chauvinistische Einstellungsmuster immer offener zum Ausdruck gebracht werden können. Die klassische Methode, mit der über längere Zeit rechtspopulistische Parteien und Gruppierungen in Deutschland weitgehend erfolgreich bekämpft werden konnten, war das Aufzeigen von Schnittmengen und Kooperationen mit neofaschistischen Strukturen. Insbesondere die Entwicklung der »Pro-Bewegung« stockte, weil wichtige Funktionäre als vormalige REP-Funktionäre erkennbar waren und weil die Ideologie und Propaganda die Partei als extrem rechts verortbar erscheinen ließen.

Der AfD-Führung ist es hingegen überwiegend gelungen, »präsentables« Personal zumindest für Landtagswahlen aufzustellen. Trotzdem ist es nach wie vor möglich und nötig, personelle Schnittmengen mit früheren extrem rechten Gruppierungen aufzuzeigen. Dies macht wenigstens deutlich, dass die AfD eben auch für diesen Personenkreis attraktiv ist, wenn nicht sogar, dass diese die AfD als erfolgversprechendstes Vehikel zur Durchsetzung ihrer Ziele sehen. Auf der kommunalen Ebene muss die AfD darüber hinaus in kürzester Zeit hunderte von Positionen besetzen. Dass sich hier in noch stärkerem Maße »belastete« Neufunktionäre tummeln, kann angenommen werden.

Die zweite gängige und nach wie vor notwendige Methode besteht darin, ideologische Schnittmengen mit NPD und anderen neofaschistischen Organisationen aufzuzeigen. Im Falle der offiziellen Aussagen der AfD ist eine genaue und intensive inhaltliche Kritik notwendig, da die Autoren der Wahlplattformen o.ä. viel Aufwand betreiben chauvinistische Positionen medienkonform zu verpacken. Ist »NPD« quasi ein Argument gegen sich selbst, gilt dies für die AfD (noch) nicht.

Die zahllosen halbprivaten oder privaten »social media«-Seiten von AfD-Funktionären und Mitgliedern durchzusehen ist eine zwar unerquickliche, aber ergiebige Herangehensweise. Bereits in vielen Fällen zeigte sich, dass diese dort oft kein Blatt vor den Mund nehmen und ihre rassistischen und verschwörungstheoretischen Überzeugungen verbreiten. Allerdings hat diese Methode, z.B. der »Rassismus-Nachweis«, seine Grenze an der Erwartungshaltung der potentiellen Wähler. Schließlich wählen viele die AfD gerade weil sie diese für eine – wie verklausuliert auch immer sich artikulierende – chauvinistische Plattform halten.

Der Königsweg der inhaltlichen Kritik, der dritten Methode, besteht darin, aufzuzeigen, dass die AfD eben nicht für eine »Alternative« eintritt, sondern vielmehr eine radikalisierte Version des Bestehenden fordert. Der radikalkapitalistische ökonomische Kern spielt allerdings in vielen ihrer Äußerungen nur eine mittelbare Rolle, ist anscheinend selbst einem Teil ihrer Mitgliedschaft nicht bewusst. Deshalb erscheint es erfolgversprechender, die zahlreichen offenen Flanken der AfD zu attackieren. In etwas naiver Selbstüberschätzung möchten AfD-Funktionäre gleich mehrere Kulturkriege gleichzeitig anzetteln und stellen sich gegen den – zumindest gegenwärtigen – Trend der Zeit. Dies sind insbesondere die Homosexuellen-Gleichstellung, der Wunsch nach Gleichbehandlung und gleichen Chancen im Schulwesen, der Wunsch nach gleichen Chancen und Rechten im Berufsleben für Frauen und die würdevolle Behandlung auf den Job- und Sozialämtern .

Auf wenigstens einem Gebiet ist die AfD tatsächlich sogar eine »Partei gegen die Realität«. Klimawandel-Leugner haben in der AfD einen guten Stand. In einer Art kindischem Trotz verkauft die AfD demonstrativ 10er Packs konventioneller 100-Watt-Blühbirnen, um gegen die Energiewende zu demonstrieren und stellt damit naturwissenschaftlich gesichertes Wissen in Frage. Diese letzten Punkte laden zu einer bissigen Kritik an der feisten Selbstgerechtigkeit der AfD ein.