Alte Kameraden, neue Fronten

7. Januar 2015

Militaristische Zeitschriften in der BRD vor 1989

Schon wenige Jahre nach der Befreiung von Hitler-Faschismus und Krieg erschienen im Westen Deutschlands wieder militaristische Zeitungen und Zeitschriften. 1951 kam die »Deutsche Soldaten-Zeitung« (DSZ) im Münchner Schild-Verlag heraus. Zu den Gründern des Blattes gehörten Helmut Damerau, einst NSDAP-Kreisleiter, dann Landrat in Ostpreußen, und Joachim Ruoff, früher Oberst der Waffen-SS. Zeitweiliger Chefredakteur der DSZ war der ehemalige SS-Hauptsturmführer Erich Kernmayr. Die DSZ glorifizierte den Eroberungskrieg der Nazis, beschimpfte den militärischen Widerstand gegen Hitler und trat schon früh für einen antikommunistischen Verteidigungsbeitrag ein. $(KGrHqIOKi4E6RlppZYTBO)IGC60Uw~~60_57 1958 gründete Dr. Gerhard Frey, später Vorsitzender der »Deutschen Volksunion«, die »Deutsche Soldaten-Zeitung Verlag GmbH«, an der der Schild-Verlag mit einem Kapitalanteil beteiligt war. 1960 erhielt das Blatt den Titel »Deutsche Soldaten-Zeitung und National-Zeitung«. Ab 1957 erschien im Rastatter Pabel-Verlag, damals der größte »Groschenheft«-Verlag, die Kriegsroman-Serie »Der Landser«. Die Redaktion übernahm zunächst Hans-Joachim Korten, früher Fallschirmjäger-Major und Ritterkreuzträger. Der Münchner Moewig-Verlag, der schon zuvor Kriegsromane verlegt hatte, zog nach und brachte nun ebenfalls Kriegsromanreihen wie »Soldatengeschichten«, »Fliegergeschichten« und »SOS – Schicksale deutscher Schiffe« heraus und überschwemmte damit Kioske, Zeitschriftenhandel und Kaufhäuser. Zugleich erschien, nicht selten in einschlägig rechten Verlagen, Kriegsliteratur in großer Zahl. Auch die Filmindustrie stellte sich auf den neuen Trend ein. 1960 nahmen die Proteste gegen die Flut militaristischer Propaganda zu. Nach einem Gutachten einer Gruppe von Bremer Pädagogen und Juristen über den kriegsverherrlichenden Charakter der »Landser«-Hefte forderten Jugendverbände, Wissenschaftler und Künstler konsequente Maßnahmen. Eine Reihe »Landser«-Hefte wurden in der Folge von der »Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften« indiziert. Der Verlag modifizierte das äußerliche Erscheinungsbild seiner »Landser«-Reihe. An den Inhalten änderte sich nichts. Seit Mitte der 1950er Jahre gab der Münchner Klinger-Verlag die Zeitschrift »Wehr und Heimat« heraus. Diese berichtete – nach eigenen Angaben – über »Fragen der Bundeswehr, der Wehrpolitik, des zivilen Bevölkerungsschutzes, der kommunistischen Infiltration und der staatbürgerlichen Bildung«. Herausgeber der mit staatlichen Mitteln finanzierten Zeitschrift war Dr. Herbert Fleissner. Dieser gehörte der Sudetendeutschen Landsmannschaft und dem Witiko-Bund an und war Mitbegründer des Grenzlandausschusses der Deutschen Burschenschaften. Im Umfeld der Bundeswehr, die selbst diverse Publikationen für die Öffentlichkeit herausgab, erschienen ab Mitte der 1950er Jahre die Zeitschrift »Soldat und Technik« und ab den 1960er Jahren die Zeitschrift »Wehrtechnik«. Die »Gesellschaft für Wehrkunde«, 1952 von ehemaligen Offizieren der Wehrmacht gegründet, gab zudem die Zeitschrift »Europäische Wehrkunde« heraus.

Militärische Traditionsverbände und ihre Publikationen

Das »Deutsche Soldatenjahrbuch« verzeichnete für das Jahr 1960 rund 600 Anschriften militärischer Traditionsverbände mit rund 800 000 Mitgliedern. Zahlreiche dieser Verbände gaben eigene Publikationen heraus und beeinflussten damit die öffentliche Meinung. Bereits seit 1951 gab der »Verband Deutscher Soldaten«, ein Zusammenschluss von 50 Vertretern verschiedener Soldatenverbände, sein Organ »Soldat im Volk« heraus. Ein weiterer großer militärischer Traditionsverband, die »Arbeitsgemeinschaft für Kameradenwerke und Traditionsverbände e.V.« verlegte die Zeitschrift »Alte Kameraden«. Seit 1955 erscheint die Zeitschrift »Der Freiwillige« als Organ der »Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS« (HIAG). Der »Kyffhäuserbund«, während des NS-Regimes der »Nationalsozialistische Reichskriegerbund«, gab unter dem Vorsitz von Wilhelm Reinhard, früher SS-Obergruppenführer und Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP, die Zeitschrift »Kyffhäuser« heraus, der »Stahlhelm – Kampfbund für Europa« die Zeitschrift »Der Frontsoldat«, die »Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger« das Verbandsorgan »Das Ritterkreuz«, der »Kameradenkreis der Gebirgstruppe« die Zeitschrift »Die Gebirgstruppe« u.a.m.. Gemeinsam leisten sie ihren Beitrag zur Remilitarisierung im Westen Deutschlands und zu einer neuen Förderung der »Wehrbereitschaft«. Die Rehabilitierung der Wehrmacht und besonders ihrer Generalität war notwendig für den von Kanzler Adenauer betriebenen Aufbau der Bundeswehr. Dabei wurde die Legende vom untadeligen Wehrmachtssoldaten gehegt und gepflegt. Indessen unterschlug man die historische Tatsache, dass Wehrmacht und NS-Staat zwei Seiten einer Medaille gewesen und zur Durchführung des Angriffskrieges und der planmäßig durchgeführten Massenmorde eng aufeinander angewiesen waren.             Hartmut-Meyer-Archiv der VVN-BdA