Von Duisburg nach Spanien

geschrieben von Horst Günter Krusch

5. Mai 2016

Heinz Kiwitz – ein junger Künstler im Widerstand

 

Einer der bekanntesten, wenn nicht gar der bekannteste Duisburger Künstler, der gegen Nazi-Deutschland opponierte, war Heinz Kiwitz.

Geboren wurde er am 4. September 1910 in Ruhrort, das erst 1905 nach Duisburg eingemeindet wurde. Durch seinen Vater, der Buchdrucker war, hatte er bereits früh Zugang zur Grafik. So machte er dann auch konsequent eine grafische Ausbildung an der Folkwangschule in Essen bei Professor Karl Rössing.

Bei ihm lernte er die einfache klare Sprache des Holzschnitts. So begeisterte er sich zunächst für den Niederrhein und die Literatur. Nach seinen Bekundungen war es der Flame Felix Timmermans, der ihn mit dem Buch »Pallieter« inspirierte.

Foto fu¦êr Seite 19

1931 ging er mit seinem Freund Günther Strupp zunächst nach Köln und dann weiter nach Berlin. Zuvor war er mit Strupp der ASSO, einem sozialistischen Künstlerbund in Duisburg, beigetreten. Auch für die KPD arbeitete er, indem er Zeichnungen in der Betriebszeitung veröffentlichte und die Losung »Wer Hitler wählt, wählt den Krieg« an öffentlichen Gebäuden malte.

In Berlin also begann seine politische und gesellschaftskritische Kunstarbeit. Auch versuchte er, seine literarischen Talente in den Dienst der politischen Arbeit zu stellen.

Bereits im Februar 1933, kurz nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, verwüstete die SA sein Atelier in Berlin und zerstörte seine Arbeiten.

Verstört kehrte er zurück zu seinen Eltern nach Duisburg-Neudorf. Dort, in der Einschornsteinsiedlung, vernichtete er seine politisch-satirischen Blätter aus Furcht vor weiteren Repressalien selbst. Es nützte aber nicht viel. Am 23. September wurde er nach einer Hausdurchsuchung verhaftet und in das KZ Kemna in Wuppertal verschleppt. Auch sein Freund Strupp wurde dort inhaftiert. Als das Lager aufgelöst wurde, kam Kiwitz in das KZ Börgermoor. Dort entstand im August 1933 das »Lied der Moorsoldaten«.

Im März 1934 wurde Kiwitz nach Hause entlassen. Er arbeitete zunächst an unpolitischen Themen, orientierte sich aber auch nicht an der »neuen Linie« der Nazis. Ab 1935 arbeitete er mit dem Verleger Ernst Rowohlt in Berlin zusammen. Er entwarf Buchumschläge und illustrierte den Roman von Hans Fallada, das »Märchen vom Stadtschreiber, der übers Land flog«. Auch weitere Illustrationen entstanden zu Woyzeck, Leonce und Lena, Don Juan und Faust und andere.

Da er in Deutschland keine Perspektive für sich und seine politische Arbeit sah, emigrierte er mit Hilfe des Rowohlt-Verlages am 1. Januar 1937 nach Dänemark. Das gelang unter dem Vorwand, dort Studien für eine Romanillustration durchzuführen. Er ist dort wohl auch mit Bert Brecht zusammengetroffen, um über die Situation in Deutschland zu berichten. In Kopenhagen schrieb er sich in die Graphikklasse der Kunstakademie ein. Ihm muss wohl klar gewesen sein, dass es für ihn kein Zurück mehr in dieses Deutschland gab, denn er bemühte sich um Aufenthaltsverlängerung mit Unterstützung der Akademie, leider vergeblich. Ein Antrag auf Einreise nach Russland blieb unbeantwortet.

Im August reiste er also weiter nach Paris. Weil hier viele Deutsche aus politischen Gründen zusammenkamen, formierte sich hier auch der Widerstand gegen den Faschismus. Kiwitz knüpft an seine politischen Arbeiten an, arbeitet in dem 1938 gegründeten »Freien Künstlerbund« mit und beteiligt sich an der Ausstellung »Fünf Jahre Hitler-Diktatur«.

Obwohl auch seine literarischen Arbeiten weder thematisch noch stilistisch in die »Neue Linie« der NS-Vorstellung passte, versuchten die Nazis, ihn für ihre Zwecke zu vereinnahmen. Darauf hin schrieb er aus dem Exil in der Pariser Tageszeitung vom 27.8.1937 seine »Absage eines deutschen Künstlers an Hitler«.

Bereits seit Beginn des Spanischen Bürgerkriegs war bei ihm und Günther Strupp der Gedanke gereift, sich den Internationalen Brigaden anzuschließen. Nachdem Strupp von dem Plan abrückte, entschloss sich Kiwitz im März 1938, alleine zu gehen. Es ist wenig bekannt über seine dortigen Aktivitäten. Möglicherweise war er Berichterstatter oder Zeichner an der »Kulturfront«. Seine Spur verliert sich im Sommer 1938 in der Schlacht am Ebro.

Verdient hätte Heinz Kiwitz ein Denkmal in Duisburg, aber immerhin gibt es eine kleine nach ihm benannte Strasse in Huckingen. Seine zwölf Jahre jüngere Schwester, Trude Siepmann, kümmerte sich viele Jahren um seinen Nachlass. Das Lehmbruck-Museum erwarb von seinen erhaltenen Holzschnitten einen kompletten Satz. Der Duisburger Paul Bender erstellte 1963 ein mehr als 200 Werke umfassendes Verzeichnis und Manfred Tietz sammelte und veröffentlichte 2014 Texte von und über Heinz Kiwitz.