Internationale Proteste gegen Ehrung der Waffen-SS in Riga

geschrieben von Thomas Willms

31. Mai 2017

Wie schon in den Jahren 2014 und 2016 demonstrierte eine Gruppe von Aktivisten der VVN-BdA am 15. März in Riga gegen den jährlichen Gedenkmarsch zur Ehrung der so genannten »Legionäre« der Waffen-SS.

Nach den Repressalien der lettischen Regierung gegen anreisende deutsche Antifaschistinnen und Antifaschisten im vergangenen Jahr kam es in diesem Jahr zu abgestimmten Protest-aktionen mehrerer in der FIR organisierten Verbände gegen die Ehrung von Angehörigen der Waffen-SS in der lettischen Hauptstadt und die Unterdrückung antifaschistischer Proteste in Lettland. Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der FIR, hatte bereits vorab gegenüber der lettischen Botschafterin in Deutschland, Frau Elita Kuzma, schärfsten Protest erhoben. In seinem Schreiben heißt es u.a.: »Seit über 25 Jahren veranstalten ehemalige SS-Kollaborateure, Angehörige und politische Anhänger einen Marsch und eine Kundgebung am Freiheitsdenkmal zu Ehren der lettischen Einheiten der Waffen-SS. Nachdem dies anfangs eher geduldet wurde, erlebt man in den letzten Jahren eine offene Unterstützung der Behörden. Wir können den regierungsoffiziellen Erklärungen zum Charakter der baltischen Waffen-SS-Einheiten nicht folgen. Zurecht hat der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg – als Gericht der Völker – in seinem Urteil die SS in allen ihren Untergliederungen – und damit auch die baltischen Waffen-SS Einheiten – als verbrecherische Organisation verurteilt.«
Vilmos Hanti, Präsident der FIR, leitete persönlich den Protest vor der lettischen Botschaft in Budapest. Es wurden, wie auch an allen anderen Orten, Fotodokumente gezeigt, die die Morde lettischer Kollaborateure an Jüdinnen und Juden Lettlands zeigen.

In Athen protestierten 100 Mitglieder von P.E.A.E.A. vor der lettischen Botschaft und überreichten eine Resolution an den Präsidenten der Republik Lettland.:

In Lissabon protestierte Marília Villaverde Cabral vom Verband URAP mit einem Schreiben an den Botschafter der Republik Lettland.In Rom führte der Verband A.N.P.I. einen Protest durch.

In Berlin sprachen vor 30 Demonstranten der Landesvorsitzende der VVN-BdA Dr. Hans Coppi, der Bundestagsabgeordnete Volker Beck, von Bündnis 90/Grüne und Rita Bock, deren Großmutter nach Riga deportiert und dort ermordet wurde.
In Bremen demonstrierten bereits am Vormittag 20 Antifaschisten und Antifaschistinnen aus Bremen und Niedersachsen. Der bremische Landesvorsitzende der VVN-BdA, Raimund Gaebelein, übergab ein Protestschreiben an Herrn Lutz Peper, den lettischen Honorarkonsul, in dem es u.a. heißt: »Da wir davon ausgehen, dass Sie wie wir eine Ehrung von Angehörigen der Waffen-SS egal in welchem Land verurteilen, möchten wir Sie in Ihrer Funktion als Honorarkonsul der Republik Lettland bitten, Ihren Einfluss und Ihre Kontakte in Lettland zu nutzen und sowohl gegen die Ehrung an sich als auch gegen die Behinderung der lettischen Antifaschisten und ihrer Gäste Stellung zu nehmen.«
In München protestierten ebenfalls 20 Antifaschisten, darunter Bernhard Grube, dessen Onkel und Tante nach Riga deportiert worden waren. Dr. Guido Hoyer, bayrischer Landesgeschäftsführer der VVN-BdA, übergab ein Protestschreiben an das Sekretariat des Konsulats.

In Frankfurt/M. eröffnete vor ca. 100 Demonstranten Peter Christian Walther, Landessprecher der VVN-BdA, den Protest mit folgenden Worten: »Wir stehen hier vor dem Konsulat der Republik Lettland und protestieren dagegen, dass in der Hauptstadt von Lettland alljährlich am 16.März, dem ›Tag der Legionäre‹, Einheiten und Angehörige der lettischen Waffen-SSmit einem ›Ehrenmarsch‹ geehrt und als ›Freiheitshelden‹ gefeiert werden. Wir stehen hier als deutsche und europäische Demokraten und Antifaschisten, weil wir eine solche Verherrlichung der SS und der damit verbundenen Leugnung ihrer Verbrechen nicht dulden. Den Aufruf zu diesem Protest haben über 125 Frankfurter Bürgerinnen und Bürger, darunter mehrere Mandatsträgerinnen und Mandatsträger sowie Vorsitzende von Frankfurter Gewerkschaften, Parteien und Organisationen unterzeichnet. Auch in ihrem Namen stehen wir hier. Wir stehen hier, weil die Regierung und die Behörden von Lettland den Aufmarsch der Veteranen und Anhänger der lettischen SS zwar dulden und akzeptieren, vor einigen Jahren sogar noch unterstützt haben, aber deutsche und europäische Antifaschisten daran hindern, an Ort und Stelle in Riga zu protestieren, um lettische Antifaschisten bei ihrem Protest zu unterstützen. So wurden im vergangenen Jahr deutsche Antifaschisten an der Einreise gehindert bzw. festgenommen und ausgewiesen. Deshalb stehen wir jetzt hier zum Protest vor den Vertretungen der Republik Lettland. Das geschieht heute auch in anderen Städten der Bundesrepublik und Europas. Die lettischen Sonderkommandos und Polizei-Einheiten, die zum Kern der lettischen Waffen-SS-Divisionen gehören, haben über 70.000 Juden, Frauen, Männer und Kinder, ermordet. Wir stehen hier zum Protest, weil wir das denOpfern dieser Verbrechen schuldig sind. Zu ihnen gehören auch die 992Frankfurter Juden, die am 22.November 1941 von Frankfurt nach Riga deportiert und dort umgebracht wurden. In Europa darf es keine Ehrung der Waffen-SS und, damit verbunden, deren Verbrechen geben. Mit der ›Ehrung‹ von SS-Einheiten und deren Angehörigen wird faschistischer Ideologie und faschistischen Praktiken der Weg geebnet. Das dürfen und das werden wir inEuropa nicht dulden.« Im weiteren sprachen Jürgen G. Richter, Vorsitzender des Landesausschusses der Jüdischen Gemeinde in Hessen und Ulli Nissen, Frankfurter Bundestagsabgeordnete der SPD, der Frankfurter DGB-Vorsitzende Philipp Jacks, die stellv. Landtagsfraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Martina Feldmayer, und die Landtagsabgeordnete der Linken, Gabi Faulhaber.

In Düsseldorf protestierten 20 Antifaschistinnen und Antifaschisten vor dem Honorarkonsulat, aus dem es keinerlei Reaktion gab. Vor dem lettischen Honorarkonsulat in Hamburg sprach Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende der VVN-BdA, und informierte zahlreiche Passanten über die skandalösen Vorgänge in Riga. Am 16. schließlich protestierte eine Gruppe der VVN-BdA vor dem Honorarkonsulat in Künzelsau (Baden-Württemberg).