Auf Biegen und Brechen

geschrieben von Janka Kluge

8. Februar 2018

Der AfD gelingt es vorerst, eine weitere Spaltung zu verhindern

Eine der spannenden Fragen des Bundesparteitags der AfD in Hannover Anfang Dezember war, ob es den Strategen in der Partei gelingen wird, eine weitere Spaltung zu verhindern. Nachdem Frauke Petry nach der Bundestagswahl auf der Bundespressekonferenz angekündigt hatte, der AfD-Fraktion nicht angehören zu wollen, war überall in der Partei Nervosität spürbar. Petry war zwar schon seit Wochen ins Abseits gedrängt worden, weil sie sich gegen die offene völkische Positionen von Bernd Höcke und Alexander Gauland ausgesprochen hatte. Das heißt aber nicht, dass sie weniger rassistisch und nationalistisch ist als die beiden Herren. Sie möchte ihren Rassismus nur anders verpacken und verspricht sich, dadurch anschlussfähiger an konservative Kräfte in der CDU und der FDP zu sein. Höcke und Gauland interessiert so eine taktische Frage nur bedingt. Sie suchen eher den Anschluss an offen neonazistische Kräften, wie die Identitäre Bewegung, rechte Burschenschafter und Anhänger der NPD.

Im Vorfeld des Parteitags hatten die verschiedenen Gruppen der AfD stundenlange Treffen in Hinterzimmern von Gaststätten verbracht um über die richtige Vorgehensweise auf dem Parteitag zu beraten. Trotz diesen Absprachen im Vorfeld gelang es nicht, auf dem Parteitag Einigkeit zu demonstrieren.

Jörg Meuthen, bisheriger Vorsitzender der Partei und frisch ins Europaparlament gewechselt, weil ihm die Probleme der AfD in Baden-Württemberg über den Kopf gewachsen sind, wurde in seinem Amt bestätigt. Nachdem zwei weitere Bewerber, Matthias Vogler und Leyla Bilge, ihre Kandidatur zurückgezogen hatten, war Jörg Meuthen der einzige Kandidat für den ersten Vorsitzenden der Partei. Obwohl er also allein zur Wahl stand, bekam er nur etwas mehr als 70 % der Stimmen.

Als zweiter Vorsitzender hatte sich der Vorsitzende der AfD Berlin, Georg Pazderski, beworben. Für viele Beobachter unerwartet hat gegen ihn die fast unbekannte Doris von Sayn-Wittgenstein kandidiert. Pazderski gehört zu dem Teil der AfD, der am liebsten schon jetzt in Koalitionsverhandlungen mit der CDU gehen würden. Sayn-Wittgenstein wurde erst im Frühjahr 2016, nach dem Ausscheiden von Bernd Lucke, Mitglied der AfD. Immer wieder erscheint ihr Name in Verbindung mit der Bewegung der Reichsbürger. Da es beiden weder im ersten, noch im zweiten Wahlgang gelang, mehr als 50 % der Stimmen zu bekommen, wurde die Kandidatenliste wieder geöffnet und Alexander Gauland trat nun doch an. Erst da zogen Pazderski und Sayn-Wittgenstein ihre Kandidatur zurück. Sayn-Wittgensteins Aufgabe, die Wahl von Pazderski zum zweiten Vorsitzenden zu verhindern, war erfüllt.

Sowohl das Taktieren, als auch die Wahlergebnisse zeigen, wie tief zerstritten die AfD weiter ist. Obwohl Gauland sich als der Retter präsentierte, der die »beiden Füße der Partei nicht abhacken wolle« wurde auch er nur von 58 % der Abgeordneten gewählt.

Die darauf folgenden Wahlen zu den stellvertretenden Vorstandsmitgliedern gerieten nach diesem Tauziehen um die Richtung der AfD eher zur Nebensache. Der rechte »Flügel« um Bernd Höcke konnte mit Andreas Kalbitz einen Mann platzieren. Der in München geborene Kalbitz ist Vorsitzender der Landtagsfraktion in Brandenburg. Er machte Schlagzeilen, weil er Mitglied mehrerer offen neonazistischer Organisationen, wie dem Wittikobund und dem Verein »Kultur und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit« war. Der Verein wurde 1985 von dem rechten Verleger Waldemar Schütz gegründet. Der war SS-Hauptsturmführer und später Mitglied der NPD. Das erklärte Ziel des Vereins war die »Sicherung eines wahren deutschen Geschichtsbilds« und die »Übermittlung der wirklichen deutschen Verhältnisse in den letzten 75 Jahren«. Hinter solchen Formulierungen versteckt sich eine Verherrlichung des Faschismus und die Leugnung der begangenen Verbrechen. Andreas Kalbitz war sogar zeitweise Vorsitzender dieses Vereins.

Auffallend an den Wahlen zum Bundesvorstand der AfD sind zwei Dinge: Zum einen wurden nur zwei Frauen in den Vorstand gewählt. Alice Weidel, die mit Alexander Gauland die Doppelspitze bei der Bundestagswahl gebildet hatte und Beatrice von Storch.

Zum anderen gehören alle Mitglieder des Bundesvorstands einem Parlament an. Ein Beleg dafür, dass die Personaldecke der AfD recht dünn ist.

Auf dem Parteitag in Hannover stand kurzfristig, wie ein Journalist es formuliert hat, die Spaltung der Partei im Saal. Sie ist zwar verhindert worden, eine Liebesbeziehung ist trotzdem nicht daraus erwachsen.

Die nächsten innerparteilichen Auseinandersetzungen stehen bereits an. Im Januar muss noch über den Antrag, Bernd Höcke aus der Partei auszuschließen, entschieden werden. Nach dem Parteitag ist Ausschluss aber noch unwahrscheinlicher geworden.

Wirklich glücklich über das Ergebnis dürften weder die nationalistisch-völkischen noch die konservativen Kräfte sein. Der Machtkampf in der Parteiwurde nicht entschieden, sondern nur vertagt.