Meinungsfreiheit nutzen
28. April 2018
antifa-Gespräch mit Lisa Mangold, Pressesprecherin des Argument Verlags
antifa: Vor einigen Monaten hat sich die Initiative der »Verlage gegen Rechts« gegründet. Was war der Auslöser?
Lisa Mangold: Seit einiger Zeit beobachten wir, dass rechte Verlage die Messen in Leipzig und Frankfurt nutzen, um rechten Akteuren ein Podium zu bieten. Dabei ist uns aufgefallen, dass einige Verlagskollegen auf diese Entwicklung lediglich mit einem Schulterzucken reagieren und sich hinter einer unpolitischen Fassade verstecken. Dagegen wollen wir einwirken: Die Verlagsbranche muss wieder politischer werden. Und verstehen, dass es nicht darum geht, sich gegen ein paar rechte Verlage zu richten, sondern einer rechten Ideologieproduktion etwas entgegen zu halten.
antifa: Welche Verlage haben sich der Initiative angeschlossen?
Lisa Mangold: Mehr als 75 unabhängige Verlage haben einen Aufruf gegen rechte Hetze auf der Leipziger Buchmesse unterzeichnet und unterstützen die Initiative.
antifa: Es sind eher kleine Verlage, die sich oftmals schon durch ihr Programm politisch positioniert haben. Haben die großen Verlage Angst, Teile ihres Publikums zu verlieren?
Lisa Mangold: Da sprichst du einen wichtigen Punkt an, es sind die kleinen Verlage, die politische Programme haben. Große Verlage haben politische Titel, aber kein politisches Profil mehr. Sie berufen sich auf die Meinungsfreiheit und bedienen den Markt: Sie veröffentlichen teilweise rechtspopulistische Titel, fördern rechtskonservative Denker und verdienen an einer rassistischen Stimmung. Mir wäre es lieber, sie würden Meinungsfreiheit nutzen und mutige Autorinnen und Autoren und starke Inhalte fördern, anstatt an einem rechten Rollback zu verdienen.
antifa: Für die Buchmesse in Leipzig habt ihr einige Veranstaltungen geplant. Sie haben eine große Bandbreite. Was soll genau dort stattfinden?
Lisa Mangold: Wir planen zwölf inhaltlich starke Veranstaltungen und eine Kundgebung. Messebesucher- und besucherinnen sollen die Möglichkeit haben, sich zu informieren, zu diskutieren und sich eine eigene Meinung bilden. Wir fragen, ob über Literatur Vorurteile abgebaut werden können, unterhalten uns mit einer Autorin mit Fluchterfahrung über ihren Blick auf das Schreiben und mit Aktivistinnen über emanzipatorische Kämpfe. Wir werden darüber diskutieren, wie über Rechte geschrieben werden sollte, welche Funktion Antifeminismus in neurechten Bündnissen einnimmt und sprechen über Fluchtursachen und was wirklich hinter der sogenannten »Flüchtlingskrise« steckt. Die Kundgebung wird am 14. März vor der feierlichen Eröffnung der Buchmesse in der Innenstadt stattfinden. Gemeinsam mit Initiativen aus Halle und Leipzig rufen wir unter dem Motto »Meinungsfreiheit nutzen, Rechten widersprechen« zu Protest auf.
antifa: Zur Finanzierung von »Verlage gegen Rechts« habt ihr eine Crowdfunding-Initiative gestartet. Welche Reaktionen gab es darauf?
Lisa Mangold: Viele Personen haben uns finanziell unterstützt und für die Crowd-fundingkampagne geworben, nach einem Monat haben wir über 11.000 € eingenommen, die wir vor allem für Materialproduktion für die Leipziger Buchmesse nutzen. Manche werden sich fragen, wieso wir Spenden gesammelt haben, wo uns doch so viele Verlage unterstützen. Wichtig dabei ist zu wissen, unabhängige Verlage sind engagiert und politisch, leider aber meist finanziell schlecht ausgestattet. Selbst kleine Summen können oft nur schwer aufgebracht werden.
antifa: Ich habe gelesen, dass ihr dabei seid, eine Initiative »Buchhandlungen gegen Rechts« zu gründen. Gibt es dafür Rückhalt?
Lisa Mangold: Wir freuen uns, wenn sich Engagierte in der Buchbranche positionieren. Es hat sich bereits die Initiative »Buchkunst gegen Rechts« gegründet, die in ihrer Messehalle, der Halle 3, aktiv werden will. In Halle 3 werden auch viele der rechten Verlage ausstellen. Auf der Leipziger Buchmesse wird es außerdem eine Veranstaltung zu »Buchhandel gegen Rechts« geben, eingeladen sind der Berliner Buchhändler Jörg Braunsdorf (Tucholsky-Buchhandlung) und Thomas Krüger von der Bundeszentrale für politische Bildung. Es haben sich in verschiedenen Städten und Regionen bereits Buchhändler und Buchhändlerinnen zusammengefunden und engagieren sich gemeinsam gegen rechts. Es gibt zum Beispiel die Kampagne »Nicht zündeln!« die vom Buchhandel in Berlin und Brandenburg initiiert wurde. Wir planen keine Initiative »Buchhandlungen gegen Rechts«, freuen uns aber wenn es Bewegung im Buchhandel gibt.
antifa: Plant ihr auch über die Buchmesse in Leipzig hinaus?
Lisa Mangold: Wir wünschen uns, dass die Vernetzung über die Leipziger Buchmesse hinaus besteht. Wir haben ein klares Ziel: Politisierung der Branche und kein Raum für rechte Ideologieproduktion und rechtspopulistische Inszenierung auf Buchmessen. Das Ziel ist schaffbar, aber wir brauchen etwas mehr Zeit.
Mehr Infos finden sich auf der Seite www.verlagegegenrechts.com