Kandel – Stern am rechten Demohimmel?

geschrieben von Janka Kluge

17. Juli 2018

Nachdem im Dezember 2017 in der pfälzischen Kleinstadt Kandel ein junger Mann aus Afghanistan ein junges Mädchen erstochen hat, findet der Ort keine Ruhe mehr. Der Mord an der fünfzehnjährigen Mia wird seitdem von Rechten zum Anlass genommen, gegen Geflüchtete zu hetzen. Einträchtig demonstrieren dabei Hooligans und militante Neonazis mit sogenannten Wutbürgern und Anhängern der AfD. Die Unterstützer auf der rechten Seite wirken auf den ersten Blick breit aufgestellt, sind aber eng miteinander verzahnt. Einer der Hauptakteure ist Marco Kurz aus Mannheim. Er hat letztes Jahr versucht, mit einen »Marsch 2017«, die Regierung zu stürzen. Sein Ziel war, mit einer halben Million Gleichgesinnter nach Berlin zu marschieren und die Regierung abzusetzen. Da er dafür kaum Mitstreiter fand, begnügt sich Kurz jetzt mit kleineren Projekten. Er ist einer der Organisatoren von »Kandel ist überall«.

Inzwischen hat Christina Baum, Landtagsabgeordnete der AfD in Baden-Württemberg, die Organisation übernommen. Bis Ende des Jahres hat sie für jeden Monat eine Demo angemeldet. Auf entsprechenden Internetseiten wird immer für den ersten Samstag im Monat nach Kandel mobilisiert. Dazwischen ruft Marco Kurz all jene zur Demo, denen die AfD zu gemäßigt ist. So werden auf absehbare Zeit in Kandel jeden Monat ein oder zwei rechte Demonstrationen stattfinden. Die antifaschistische Mobilisierung lief am Anfang nur schleppend. Vielleicht 200 Antifaschistinnen standen über 1000 Rechten gegenüber. Bei der zweiten Demo kamen schon mehrere hundert Menschen zu den Protestaktionen. Die Zahl der Rechten hatte aber leider auch zugenommen.

Als Marco Kurz mehrere hundert Neonazis zu einer eigenen Demo nach Kandel brachte, wurde in ganz Süddeutschland gegen den Aufmarsch mobilisiert. Ein Zug aus Karlsruhe mit mehreren hundert Gegendemonstranten wurde jedoch auf dem Bahnhof Wörth gestoppt. Der kleine Bahnhof war von einem riesigen Polizeiaufgebot besetzt. Polizisten verhinderten die Weiterfahrt und versuchten, den Zug zu stürmen. Nach und nach wurden alle Reisenden aus dem Zug gezerrt und geprügelt, ihre Taschen durchsucht und die Personalien aufgenommen. An diesem Tag hat die Polizei wieder einmal bewiesen, dass sie bereit ist, antifaschistische Proteste mit allen Mitteln zu verhindern. Leider nicht zum ersten Mal in Baden-Württemberg.