Rechts-Hasardeure in der CSU

geschrieben von Cornelia Kerth

20. August 2018

Koalitionsfähig für die AfD?

Mit den »ANKER«-Zentren fing es an. Mit dem Versuch auf der rechten Welle zu reiten, indem sie sich an die Spitze der »Merkel-muss-weg«-Kampagne setzen, haben Seehofer und die CSU klargemacht, dass ihre politischen Ziele offenbar weit über die Bayern-Wahl hinaus reichen.

»Heimat«-Ministerium, Obergrenze und eben die Debatte über die »ANKER«-Zentren haben schon im Koalitionsvertrag eindeutige Duftmarken gesetzt, die stark an die frühen 1990er Jahre erinnern: nach dem Pogrom in Rostock wurden nicht etwa Landesregierung, Polizei und Bürgermeister dafür kritisiert, dass Nazis, angefeuert durch einen rassistischen Mob, tagelang Menschen in Angst und Schrecken versetzen und schließlich das Haus anzünden konnten, ohne dass die Polizei dem Einhalt geboten oder auch nur der Feuerwehr den Weg freigemacht hätte, sondern die Menschenfeinde konnten sich bestätigt fühlen.

Dazu gehörte die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl, dazu gehörte schon damals die Einrichtung riesige Lager, in denen Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen, während des langen und zermürbenden Asylverfahrens auf engstem Raum bleiben müssen. Ausländerbehörde, BAMF, Sozialabteilung und natürlich die Abschiebeabteilung der Polizei sind gleich mit auf dem Gelände. Unterstützer, die Geflüchteten zur Seite stehen, müssen draußen bleiben. So findet kaum jemand den Weg zu juristischem Beistand und von 80 Euro »Taschengeld« im Monat ist er ohnehin kaum bezahlbar. Das ist seit mehr als 20 Jahren bittere Realität, z.B. in der »Erstaufnahme« des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Horst, mitten im Wald zwischen Lauenburg und Boitzenburg.

Insofern hatte Seehofers Vorstoß deutlich propagandistischen Charakter, um sich mit Blick auf den bayrischen Wahlkampf auf Kosten der Schwächsten als »harter Hund« zu profilieren. Der Intelligenzbolzen Dobrindt musste dann noch mit der »Anti-Abschiebe-Industrie« seinen Senf dazugeben, und plötzlich stand die Forderung nach allgemeinen Grenzkontrollen und – mit Merkels Beharren auf einer »europäischen Lösung« – ihr Sturz im Raum.

Dabei geht es um nicht weniger als um die letzte »rote Linie« vor einer möglichen Regierungsbeteiligung der AfD, zunächst in Bayern und/oder womöglich 2019 in Sachsen. Danach könnte dann manches sehr schnell gehen, was jene, die diese qualitative politische Veränderung gering schätzen, sich nicht vorzustellen vermögen.

Sollte es Merkel gelungen sein, die Regierungskrise (vorläufig) beizulegen, dann um den Preis, dass sie selbst wieder einmal für die Verschiebung europäischer Standards nach Rechts gesorgt hat, während die SPD als politischer Akteur eigentlich gar nicht mehr vernehmbar war. Eine Ermutigung für Seehofer, das Spiel weiterzutreiben sobald die AfD die nächste Sau durch’s Dorf treibt.

Was da mit Sicherheit nicht hilft ist, dem Argument, Niedriglöhne, Wuchermieten und Altersarmut seien darauf zurückzuführen, dass »die Flüchtlinge« mit »der Bevölkerung« konkurrierten von links Realitätsgehalt zu attestieren.