Stammtischkämpfer*innen gefragt

14. Dezember 2018

antifa-Gespräch mit Christian Schneider, der ihre Ausbildung koordiniert

antifa: Du bist seit einem halben Jahr bei »Aufstehen gegen Rassismus« als Koordinator für die Stamm-tischkämpfer*innenausbildung tätig. Was genau machst Du da?

Christian Schneider: Vom Büro in Berlin aus versuche ich, alle Seminaranfragen, die an das Bündnis gestellt werden zu realisieren. Die Stammtischkämpfer*innen-Ausbildung ist ein Rhetorikseminar gegen Alltagsrassismus, in dem die Teilnehmenden befähigt werden, Alltagsrassismus aktiv zu begegnen, gängige rechte Parolen zu analysieren und sich dagegen zu positionieren. Diese Seminare werden bundesweit von verschiedenen Organisationen und Einzelpersonen angefragt. Meine Aufgabe ist es, Seminarleiter und Seminarleiterinnen für die Termine zu finden. Dazu kann ich mich auf ein Netzwerk von über 450 ehrenamtlichen Teamern verlassen. Das sind engagierte Menschen mit langjähriger Erfahrung in der Bildungsarbeit, die neben der Arbeit, dem Studium oder im Ruhestand diese Initiative erst möglich machen. Die Erfahrung aus der Bildung ist wichtig, um bei den vielen Seminaren auch eine hohe Qualität sicherzustellen.

antifa: In den zwei Jahren seit Beginn der Ausbildung haben 8744 Menschen bundesweit an den Seminaren teilgenommen und das Interesse nimmt eher noch zu. Wie schafft man das mit ehrenamtlichen Strukturen?

Christian Schneider: Das geht nur mit einer engagierten und motivierten Basis und weiteren Unterstützern. Die Teamerinnen machen eine fantastische Arbeit, die gar nicht genug gewürdigt werden kann. Außerdem bekommen wir Unterstützung aus Parteien, Gewerkschaften, Verbänden und anderen Organisationen, die uns z.B. kostenlos Räume und Materialien zur Verfügung stellen. Allerdings finden die Seminare nicht nur in solcher Umgebung statt. Vermehrt fragen auch Festivals, Konferenzen und ähnlichen Veranstaltungen an. Aufgrund des wachsenden Interesses bilden wir auch weiterhin Menschen fort, die dann selbst Seminare übernehmen. Gerade bereiten wir wieder eine Fortbildung für 20 neue Teamer in Essen vor. Darüber hinaus gibt es fortlaufend immer wieder die Möglichkeit. Auf unserer Webseite können sich Interessierte darüber informieren.

antifa: Neu ist die große Nachfrage von Schulen und Jugendeinrichtungen. Werden die Themen und Formate dafür angepasst oder laufen die Seminare immer gleich ab?

Christian Schneider: Es ist toll, dass mehr und mehr Schulen das Angebot wahrnehmen und die Kinder und Jugendlichen bereit sind, sich mit diesem Komplex auseinanderzusetzen. Meist kommen die Anfragen aus Klassen mit entsprechenden Fächern, wie Ethik-, Werte- und Politikunterricht. Aber auch Klassen, die während einer Auslandsreise schlechte Erfahrungen gemacht haben, wenden sich an uns. Die Ziele der Seminare bleiben dabei die gleichen. Nur das Format wird leicht geändert, damit es auch für jüngere Jahrgänge zugänglich ist. Z.B. lassen wir meist die Präsentationen weg. Die Inhalte werden vermittelt, aber Frontalunterricht wollen beide Seiten nicht. Für die Anpassung des Formats hat sich eine Arbeitsgruppe aus Teamerinnen zusammengefunden, die viel Erfahrung in der Kinder- und Jugendbildung haben.

antifa: International wächst die Zusammenarbeit demokratischer Kräfte gegen die Rechtsentwicklung in Europa. Konntet Ihr die Erfahrungen der Stammtischkämpfer*innen schon in internationalen Foren wie »Stand up to Racism« einbringen?

Christian Schneider: Als zentraler Kampagnenbaustein von Aufstehen gegen Rassismus sind die Seminare natürlich immer wieder Thema in Gesprächen und Diskussionen auch in internationalen Foren. Derzeit arbeiten wir daran, das Konzept auch außerhalb Deutschlands zu realisieren. Mit »Stand up to Racism« in England stehen wir in engem Kontakt. Es gibt aber auch Bestrebungen in Belgien. Von dort haben wir in letzter Zeit häufiger Anfragen bekommen. Es wird natürlich noch etwas dauern, bis wir Teamer fortgebildet haben, die die Seminare dann in ihren Muttersprachen geben können. Am Format wird sich aber voraussichtlich nicht viel ändern, da sich rechtspopulistische Rhetorik in anderen Ländern nicht wirklich unterscheidet.

antifa: Die Strukturen von AgR sind regional unterschiedlich stark verankert. Wie kann ich das Projekt unterstützen, wenn es in meiner Gegend noch keine Stammtischkämpfer*innenausbildung gibt?

Christian Schneider: Dann lässt sich ganz leicht eins organisieren. Dazu braucht es nur einen Raum für 10 bis 20 Leute und einen Beamer. Zur Not geht’s auch ohne Beamer und im Sommer auch draußen. Wenn es eine bestehende Gruppe gibt, die ein Seminar durchführen möchte, wäre das perfekt. Ansonsten helfen wir auch gern bei der Bewerbung, um das Seminar voll zu kriegen. In jedem Fall geht der erste Schritt über das Büro in Berlin. Entweder du füllst das Formular auf unserer Webseite aus oder du schreibst mir eine Email an stammtisch@aufstehen-gegen-rassimus.de.

 

Webseite von Aufstehen gegen Rassismus: www.aufstehen-gegen-rassismus.de