Eine Ausstellung in Sobibor

geschrieben von Kamil Majchrzak

28. Januar 2019

Fortschritte im Kampf um die Erinnerung an die Opfer der »Aktion Reinhardt«

2018 jährte sich der 75. Jahrestag der »Aktion Reinhardt« bei der in den drei deutschen Vernichtungslagern Treblinka, Belzec und Sobibor mindestens 1,8 Millionen, vornehmlich polnische, Jüdinnen und Juden sowie Sinti und Roma ermordet wurden. Allein in Sobibor wurden dabei auf brutale Weise mittels Dieselmotoren mehr als 34 000 Kinder und erwachsene Juden und Roma aus den Niederlanden, 26 000 aus der Slowakei und 3 500 aus Frankreich vergast. Die »Aktion Reinhardt« stellt den eigentlichen Kern des Holocaust da.

Doch über die Vernichtungslager der »Aktion Reinhardt« und den jüdischen Widerstand in Treblinka und Sobibor wissen in Deutschland und Europa heute viel zu wenige. Seit Jahren fordert Die Linke im Deutschen Bundestag, die langfristige Erinnerungs- und Gedenkarbeit finanziell durch Maßnahmen zu gewährleisten, die Forschung, Gedenken und historische Vermittlung vereinen. Anlässlich des Tages der Erinnerung und Mahnung 2013 lancierte die Berliner VVN-BdA, gemeinsam mit dem Sobibor-Aufständischen Philip Bialowitz eine Kampagne, um die »Aktion Reinhardt« stärker in das öffentliche Bewusstsein zu rücken und die unermüdlichen Ini-tiativen von Einzelpersonen und Bildungseinrichtungen, wie das Bildungswerk Stanislaw Hantz, zu unterstützen.

Obwohl die Bundesregierung weder des Jahrestags des Warschauer Aufstandes (April 1943) oder der Aufstände in den deutschen Vernichtungslagern Treblinka (August 1943) bzw. Sobibor (Oktober 1943) gedacht hat, führte das beharrliche zivilgesellschaftliche Engagement und das beständige Erinnern an das Thema im Bundestag zu ersten Fortschritten. So wurde am 19. Dezember 2018 zwischen dem deutschen Botschafter in Warschau und dem Präsidenten der Auschwitz-Birkenau Foundation eine Vereinbarung über die Anweisung von einer Million Euro für die Gestaltung der neuen Dauerausstellung in der neuerrichteten Gedenkstätte Sobibor unterzeichnet. Die Weigerung der Bundesregierung, die seit 2015 bereits in den Bundeshaushalt eingestellten Mittel anzuweisen, verhinderte bislang die Durchführung einer Ausschreibung für die Ausstellungs-Gestaltung, die von der Gedenkstätte Majdanek geplant war.

Der Sobibor-Überlebende Bialowitz besuchte bereits im Oktober 2013 den Deutschen Bundestag und forderte in einem eindrücklichen Brief an den damaligen Bundestagspräsidenten Lammert die Bundesrepublik auf, mehr Verantwortung zu übernehmen, um die beispiellose Geschichte und das Vermächtnis des Holocaust, durch den drei Viertel der europäischen Juden vernichtet wurden, für zukünftige Generationen im Gedächtnis zu bewahren und für alle Zeiten daran zu erinnern. Die Große Koalition verhinderte bislang eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit bei dem Thema »Aktion Reinhardt«, obwohl seit 2015 ein umfassendes Konzept in Bezug auf die langfristige Gewährleistung der Erinnerungs-, Bildungs- und Forschungsarbeit zur sog. Aktion Reinhardt vorgelegt wurde. Grundlage dafür war ein Haushaltsantrag der rheinlandpfälzischen Abgeordneten Brigitte Freihold im Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (UAKB), aus deren heutigen Wahlkreis einst Menschen in die deutschen Todeslager Treblinka und Sobibor deportiert wurden. Freihold forderte in einem Änderungsantrag zum Bundeshaushalt, der in Rücksprache mit der Rabbiner-Kommission bei den Jüdischen Gemeinden in Polen, dem Jüdischen Historischen Institut Warschau (ŻIH), dem Deutschen Historischen Institut Warschau (DHI) und insbesondere dem Touro College Berlin erarbeitet wurde, die Mittel für Projektförderung zur Holocaust-Thematik auf insgesamt 362.000 € zu erhöhen und in einer 5-jährigen Förder-Periode zwischen 2019 bis 2023 357.500 € für Bildungsmaßnahmen zur »Aktion Reinhardt« einzustellen. Dadurch sollen in einem ganzheitlichen Ansatz so unterschiedliche Maßnahmen wie Lehrerbildung, Jugendbegegnung, Übersetzungen und die Sanierung der Infrastruktur der Gedenkstätte Treblinka sowie die Erschließung der ehemaligen Kommandantur Belzec, ermöglicht werden. Besonders gewürdigt wird darin auch die notwendige Förderung von Forschung, Erinnerung und historischer Vermittlung zu den im Rahmen der Aktion Reinhardt ermordeten Sinti und Roma.