Budapest: »Tag der Ehre«

geschrieben von Vilmos Hanti/ Ulrich Schneider

3. Februar 2019

Im europäischen Veranstaltungsplan der Neonazis gibt es einige Überschneidungen. Eine davon betrifft die Veranstaltung der ungarischen Neonazis, den »Tag der Ehre«, der terminlich in Konkurrenz zum Bombenkriegsaufmarsch in Dresden und zum Lukov Marsch in Sofia steht. Trotzdem war Budapest zwischenzeitlich nach Dresden der zweitgrößte Nazi-Aufmarsch in Europa.

Der Demonstrationsanlass der Neonazis ist das Datum eines militärischen Ausbruchsversuchs von SS-Verbänden, Wehrmacht und ungarischem Militär im Februar 1945, während der Befreiung der Stadt durch die sowjetischen Streitkräfte. Es war ein letztes – blutiges – Auflehnen der faschistischen Militärs gegen die drohende Niederlage. Zur Erinnerung an dieses Ereignis finden seit Ende der 90er Jahre Kundgebungen und öffentliche Aufmärsche ungarischer und europäischer Neonazis statt. Zu den Besonderheiten dieser Aktion gehört seit einigen Jahren auch eine Wehrsportübung – der sogenannte »Ausbruchsmarsch« auf verschiedenen, bis zu 60 km langen Marschwegen.

Federführend ist bei der Organisation die »Bewegung für die Einheit der Heimat« unter Leitung der ungarischen Division des Neonazi-Netzwerks »Blood & Honour«. Obgleich die B&H-Gruppe seit 2004 auch in Ungarn verboten ist, steht der Durchführung wie auch dem regen Präsentieren von B&H-Insignien nichts im Wege. Um dem ungarischen Versammlungsrecht Genüge zu tun, meldet eine Privatperson die Veranstaltungen an. Dass diese selbst zu den führenden B&H-Aktivisten zählt und in dieser Funktion mehrere Fernseh-Interviews gab, spielt dabei keine Rolle. Die Teilnehmerzahlen liegen immer bei mehreren hundert, zum Teil auch über 1000 Personen.

Die anreisenden Neonazis kommen aus verschiedenen Teilen Europas. In einer neofaschistischen Selbstdarstellung wurden für 2018 als Teilnehmende aufgelistet: Sixty-Four Counties Youth Movement, Hammerskins, Skins 4 Skins, B&H/C18 Ungarn, Bulgarien, Italien und den Niederlanden, Vertreter des Nordic Resistance Movement aus Schweden sowie Nationalisten aus Polen und Russland.

Auch deutsche Neonazis sind regelmäßig mit größeren Abordnungen und prominenten Vertretern präsent. In den vergangenen Jahren konnte man auf den verschiedenen Nazi-Seiten Berichte und Bilder der Delegationen finden. 2007 trat Udo Voigt (NPD, MdEP) in Budapest auf und bescheinigte der Waffen-SS, einen »makellosen Heldenkampf« geführt zu haben. 2018 waren Nazis der Partei »Die Rechte«, vom III. Weg, der NPD, der Europäischen Aktion und freier Kameradschaften in Budapest.

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Versuche, Widerstand gegen die Aufmärsche zu organisieren. Die FIR-Organisation MEASZ, jüdische Studentengruppen, antifaschistische Initiativen und Vertreter der Zivilgesellschaft organisierten u.a. im Jahre 2010 eine größere antifaschistische Demonstration. Aber die Mehrheitsverhältnisse in Ungarn erschweren antifaschistische Aktionen stark, so dass es in den letzten Jahren zu keinen öffentlichen Protesten gegen den Aufmarsch mehr gekommen ist.

Als die Behörden 2018 versuchten, ein formelles Verbot der Aktionen auszusprechen, wurde es vom Gericht aufgehoben. Einzig die Nutzung des »Heldenplatzes« wurde den Neonazis verwehrt. Sie starteten ihre Aktion daraufhin von der westlichen Donauseite.

Schon jetzt kursieren Aufrufe zum »Tag der Ehre 2019« im Netz. Es steht zu erwarten, dass erneut mehrere hundert Neonazis aus ganz Europa die ungarischen Faschisten unterstützen werden. Eine antifaschistische Mobilisierung dagegen ist leider noch nicht erkennbar.